Die Konvention von Bischof Moritz Ferber vom 22. September 1526, nach der Nichtkatholiken sich nur vorübergehend, d. h. weniger als 1 Jahr, im Ermland aufhalten durften, traf nicht nur auf Protestanten, sondern in besonderem Maß auch auf Juden zu. Bis ins 18. Jh. hinein gab es allenfalls Schutzjuden, deren Aufenthalt durch besondere Vereinbarungen mit dem Herzog, dem Fürstbischof oder dem Domkapitel und entsprechenden Geldzahlungen ausdrücklich genehmigt war. Das waren nur vereinzelte Juden.

In Allenstein entstand schon früh eine größere jüdische Gemeinde. Aber erst im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen erreichten die Juden durch das Edikt vom 11. März 1812 schrittweise die Gleichstellung mit den christlichen Mitbürgern. 1826 lebten 56 Juden in der Stadt. Allenstein war ab 1840 die größte jüdische Gemeinde des Ermlands.1835 baute die jüdische Gemeinde an der EckeSchanzenstrasse/Krummstrasse ihre erste Synagoge. Als diese zu kleine wurde, errichtete man 1877 nach einem Entwrf des Architekten Ludwig Förster eine neue Synagoge für 356 Personen in der Liebstädter Strasse. Sie war die größte des Ermlands Daneben entstanden 1906/07 das jüdische Altersheim und ein jüdisches Gemeindehaus. Im Jahr 1895 hatte sie eine Mitgliedszahl von 588 und machte somit 2,7 % der Gesamteinwohnerschaft aus. In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge mit dem Altersheim abgebrannt, in der Ruine später ein Splitterschutz gegen Luftangriffe eingerichtet. Die Ruine wurde beseitigt. Später wurde an dieser Stelle ein Mehrfamilienhaus errichtet. Auf den Fundamenten des benachbarten Altersheims entstand eine Sporthalle. Der einstige Aufgang zur Synagoge und deren Stützmauer sind noch vorhanden und wurden 2017 renoviert.[3]




Die Nationalsozialisten sammelten die ostpreußischen Juden aus Allenstein und Südostpreußen in einem Ghetto in der Liebstädter Straße (ul. Grunwaldzka) in Allenstein. In 3 Transporten wurden sämtliche verbliebenen ostpreußischen Juden von Allenstein aus abtransportiert, und zwar am 24. Juni, am 2. August und am 24. August 1942. Ihr Verbleib ist meist ungeklärt. Die meisten dürften in den Vernichtungslagern umgekommen sein. Für Einzelheiten siehe: Aloys Sommerfeld “Juden im Ermland-ihr Schicksal nach 1933”, erschienen 1991 im Beiheft 10 der “Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands”.

Für die im Jahr 1932 etwa 500 jüdischen Einwohner gab es eine Synagoge in der Liebstädter Straße südlich der Altstadt jenseits der Alle (yna). Der jüdische Friedhof befand sich unweit westlich in der Seestraße (ul. Zyndrama z Maszkowic). Er wurde bereits 1818 angelegt. Hier errichtete man nach Plänen von Erich Mendelsohn 1911-1913 dessen erstes architektonisches Werk, die Jüdische Leichenhalle (Bet tahara – Haus der Reinigung) von Allenstein.

Der jüdische Friedhof in Allenstein neben der Mendelsohnschen Leichenhalle hatte erstaunlicherweise die Nazi-Ära überlebt, auch wenn er bereits am 2. Februar 1936 geschändet worden war. Noch in den 1960er Jahren gab es viele stattliche Grabsteine, Grabgewölbe und Mausoleen.[1] Zu Beginn der 1970er Jahre wurden die vielen eindrucksvollen Monumente nach und nach für andere Zwecke verwendet, für andere Grabstellen umgearbeitet und als Baumaterial zur Befestigung der Böschung im Park unterhalb der Burg eingesetzt. Der Friedhof wurde letztlich eingeebnet. Heute befindet sich hier eine Grünfläche. Allerdings gibt es Überlegungen, den jüdischen Friedhof wieder in eine würdige Stätte zu verwandeln. Hilfreich ist dabei das Engagement der Kulurgemeinschaft „Borussia“,die unterhalb der Burg aufgefundenen Grabsteine und Fragmente zu sichten und so aufzuarbeiten, dass sie in einem Lapidarium auf dem alten jüdischen Friedhof besichtigt werden können.

Überlebt hat die nach dem ersten Weltkrieg am damaligen Moltkeplatz, heute ul. Kajki Ecke ul. Kopernika, errichtete Loge der jüdischen Gemeinde Allensteins. Architekt war der Allensteiner Architekt August Feddersen. Das Logengebäude wurde 1934 von den Nazis enteignet.[2] Es wird heute von diversen Büros genutzt, u. a. auch vom Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren.



[1] tw, Mendelsohn-Haus wirdZentrum für interkulturellen Dialog, Masurische Storchenpost, April 2013, S. 10
[2] Otto Tuschinski, Die jüdische Gemeinde in Allenstein, Allensteiner Nachrichten, 24. 1. 2017, S. 5
[3] David Kazanski, Wo einst die jüdische Synagoge stand …,Allensteiner Nachrichten 24. 10. 2019, S. 3