Marzipan hat einen Stammplatz in deutschen Weihnachtsstuben

Marzipan hat einen Stammplatz in deutschen Weihnachtsstuben

15.12.2013

Die Idee einer Süßigkeit aus Mandeln kam mit den Kreuzzügen nach Europa – vermutlich über Venedig, denn das „Marci panis“, das Brot des Markus, war dem Schutzheiligen der Lagunenstadt gewidmet. Marzipan wird seit gut 500 Jahren in Deutschland hergestellt. Lübecker Zunftrollen erwähnen „Martzapaen“ bereits 1530, zu jener Zeit war es jedoch so kostbar, dass es ausschließlich dem Adel und Klerus vorbehalten war.

Ursprünglich verwendete man für das als Haremskonfekt beliebte Marzipan Bittermandeln und Honig. Die Europäer nahmen Rohrzucker anstelle des Honigs, doch der war sehr kostbar und teuer. Erst als der Chemiker Franz Carl Achard Anfang des 19. Jahrhunderts ein Verfahren entwickelte, Zucker aus Zuckerrüben zu gewinnen, wurde das Marzipan zur Volksnascherei. Hauptbestandteile der Rezeptur sind aber die Mandeln. Als beste Ware gelten die aus dem Mittelmeerraum, doch längst sind die kalifornischen mit 70 Prozent Marktanteil dominant.

Ganz besonders die Schweizer nahmen sich im Laufe der europäischen Produktentwicklung der orientalischen Süßigkeit an. Graubündner Zuckerbäcker errangen dabei einen besonders herausragenden Ruf. Im 18. Jahrhundert gelangte es auch nach Königsberg Im Jahr 1735 siedelte sich der Bündner Konditor Demeng Bina in Gumbinnen an, am Anfang des 19. Jahrhunderts kam der Konditor Wilhelm Pomatti nach Königsberg und eröffnete hier die spätere Hofkonditorei. Weitere Schweizer wurden zu bekannten Königsberger Konditoren und ihre Art der Marzipanherstellung wird auch in der Bundesrepublik weiter geführt, beispielsweise von Schwermer und Gehlhaar. Der besondere Qualitätsbegriff des Königsberger Marzipans wurde um 1820 geprägt: bei Verwendung von Mittelmeermandeln, Rosenwasser und wenig Zucker wurden aus der so gewonnenen Masse liebevolle Figuren geformt und diese auf der Oberfläche mit Eigelb überstrichen und geflämmt. So entstand die besonders feine und typische echt Königsberger Geschmacksnote. Rosenwasser verwendet man heute nicht mehr bei der Herstellung. Dieses war ohnehin nicht als Geschmackskomponente gedacht, sondern sollte vornehmlich die erforderliche Feuchtigkeit für die Rohmasse liefern.

So eröffnete der Königsberger Helmut Gehlhaar, der noch in seiner Heimatstadt die Herstellung von Marzipan erlernt hatte, 1957 in Wiesbaden eine kleine Konditorei und hatte mit dem hier produzierten Marzipan über die Landesgrenzen hinaus bis heute Erfolg.

Aber auch am Ursprungsort des Königsberger Marzipans gibt es eine Wiederbelebung: Alexandra Toropova stellte sich erfolgreich der Aufgabe, das in Kaliningrad längst vergessene Königsbergr Marzipan zu neuem Leben zu erwecken. Ihr Vater, ein Künstler und professioneller Industriedesigner, übernahm die Gestaltung der Marzipantaler mit Schlangen, Drachen und Nixen. Die Kaliningrader finden zunehmend Gefallen an der Produktidee, obwohl die Produktionsmengen noch recht niedrig sind.

(Weser-Kurier, 12. 12. 2012)