Erinnerung an die Bildhauerin Annemarie Suckow von Heydendorff
21.03.2018
Annemarie von Heydendorff (21. 3. 1912 – 21. 4. 2007) wurde im siebenbürgischen Mediasch als Tochter des in Bukarest lebenden Unternehmers Karl Conrad von Heydendorff geboren. Sie studierte ab 1932 an der Bukarester Kunstakademie bei Prof. Oscar Han und erwarb 1935 das Diplom als Akademische Bildhauerin. Kurz danach heiratete sie den Rechtsanwalt Dr. Hermann Suckow und folgte ihm in dessen Heimatstadt Allenstein.
In der Folgezeit entstanden zahlreiche Porträts und figurale Plastiken, u. a. eine Madonna für die Kapelle des katholischen Fürsorgevereins zu Königsberg. Für den Entwurf des Märchenbrunnens am Allensteiner Fischmarkt wurde sie mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Die Flucht mit ihren drei kleinen Kindern aus Ostpreußen verschlug sie nach Neumünster in Schleswig-Holstein. Die Zeit war sehr entbehrungsreich, bis ihr Mann 1948 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, nun die Familie wieder zusammenführte und in Bonn eine Rechtsanwaltskanzlei eröffnete. Jetzt konnte Annemarie Suckow von Heydendorff wieder künstlerisch aktiv werden. Sie schuf etliche Porträtplastiken, so die von Bundesministerin Dr. Elisabeth Schwarzhaupt, von dem Ersten Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Staatssekretär Dr. Ottomar Schreiber, von dem Bonner Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Daniels, von Professoren und Künstlerkollegen, das Ehrenmal für die in der Schlacht von Hürtgenwald Gefallenen der 116. Panzerdivision (1966).
Doch dann traf sie ein harter Schicksalsschlag. Eine Augenoperation, bei der dem behandelnden Arzt ein schwerwiegender Fehler unterlief, führte zur Erblindung – gerade, als ihr Werk den Höhepunkt erreicht hatte. Ihre bildhauerische Arbeit war damit beendet, doch ihre Werke wurden in ganz Deutschland und im Ausland (Frankreich, Spanien, Österreich, Belgien), in Rumänien, Ostpreußen und im Rheinland ausgestellt. Sie befinden sich nicht nur in Privatbesitz, sondern auch in Museen und Kulturinstituten. 1973 wurde sie mit dem Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen ausgezeichnet, drei Jahre danach folgte der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis.
In einer Würdigung der Siebenbürgischen Zeitung heißt es: die Bonner Bildhauerin aus Siebenbürgen und Ostpreußen gilt als Künstlerin der Jugend. Doch auch Krieg, Flucht, Entbehrung und Abschied haben ihr Schaffen inspiriert. Da gibt es neben jugendlichen Figuren in Bronze (dem „Kind mit Hut“, der „Zehnjährigen“, dem „Sich kämmenden Mädchen“, dem „Sitzenden Knaben“, den „Freundinnen“ und zahlreichen Kinderporträts) auch die „Flüchtlingsmutter“ (1950, Terracotta, Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg), „An der Mauer“ (1962, Bronze, Bundesministerium des Inneren, Bonn), „Die Ausgewiesenen“ (1965, Terracotta, Gabe zum Jahr der Menschenrechte), „Abschied“ (1975, Bronze, Privatbesitz), „Flüchtende“ (1959, Bronze, Stadt Delmenhorst) u. a. 1966 entstand des Ehrenmal für die Gefallenen der 16. Panzerdivision Vossenack/Hürtgenwald. Anders als „Kriegerdenkmale“, die die Frontsoldaten als Helden darstellen, verstand die Bonner Künstlerin ihr Denkmal als eines der Kameradschaft. Sie gestaltete Werke der Menschlichkeit, der Versöhnung, der Trauer, bar aggressiver und revanchistischer Gefühle. (aus Siebenbürgische Zeitung, 25. 3. 2007)