Am 9. April vor 75 Jahren wurde Königsberg von der Roten Armee eingenommen

Am 9. April vor 75 Jahren wurde Königsberg von der Roten Armee eingenommen

09.04.2020

Am 13. Januar 1945 begann der russische Großangriff auf Ostpreußen und das Reich. Jetzt ließ Hitler die Stadt Königsberg zur Festung erklären und am 27. 1. 1945 wurde General Otto Lasch (25. 6. 1893 – 29. 4. 1971) zum Festungskommandanten ernannt. Am 22. Januar verließ der letzte Zug Königsberg in Richtung Berlin, am 31. Januar schloss die sowjetische Armee einen Ring um die „Festung Königsberg“, konnte sich aber noch nicht zur Eroberung entschließen, weil sie großen Respekt vor der deutschen Verteidigungsfähigkeit hatten.

Am 6. April begann der Sturm der Roten Armee auf Königsberg. Ausbruchsversuche der Einwohner mißlangen und die Stadt wurde sturmreif geschossen. Am 9. April kapitulierte General Otto Lasch in seinem Befehlsbunker unterhalb des Paradeplatzes neben der Universität, weil die Lage aussichtslos geworden war. Hitler verurteilte den General sofort wegen Feigheit vor dem Feind standrechtlich zum Tode und nahm seine Familie in Berlin fest. Er selbst ging in Gefangenschaft und kam erst 1955 wieder frei.

Die sowjetischen Soldaten plünderten ausgiebig, vergewaltigten viel und mordeten. Der Arzt Hans Graf Lehndorff, der damals die Ereignisse in Königsberg hautnah miterlebte, schilderte die Schrecken dieser Tage in seinem „Ostpreußischen Tagebuch“. Der Zeitzeuge Dr. ing. Erich B., der noch 3 1/2 Jahre unter den Sowjets in Königsberg lebte, führte in einem Schreiben vom 13. 1. 1950 an das Amtsgericht Hannover wegen einer Todeserklärung aus, das sich von den 350.000 Einwohnern Königsbergs am 9. April 1945 noch 90.000 Zivilisten (ohne die etwa 40.000 Militärpersonen) in der Stadt aufhielten. Diese Zahl war ihm wenige Tage vor dem Einmarsch der Sowjets vom Leiter des Ernährungsamtes aufgrund der Anzahl der zuletzt ausgegebenen Lebensmittelkarten genannt worden. Er schätzte weiterhin, dass etwa 50.000 Königsberger umkamen, hauptsächlich verhungerten oder grassierenden Krankheiten wie Typhus oder Seuchen erlagen. Viele Menschen wurden in die sibirischen Gulags deportiert. Die Russen sprechen von 42.000 Toten und 92.000 Gefangenen.

Ein besonders trauriges Kapitel bilden die Wolfskinder, also die Kinder und Jugendlichen, die ihre Angehörigen, meist ihre Mütter, durch Tod oder Deportation verloren hatten oder die im Chaos der Flucht abhanden gekommen waren. Diese Waisen waren vollständig auf sich selbst gestellt, flohen in die umliegenden Wälder oder schlugen sich nach Litauen durch, um als Arbeitskräfte bei Bauern zu überleben. Sie machten S chreckliches durch: Sterbende Geschwister, die im Straßengraben zurückgelassen werden mussten, dauerhafte Hungersnot, Vergewaltigungen, Grausamkeiten aller Art, Verschleppungen und Vertreibungen. Sehr intensiv haben sich mit diesem Thema auseinandergesetzt: Dr. Christopher Spatz „Nur der Himmel blieb derselbe. Ostpreußens Hungerkinder erzählen vom Überleben“, Sonya Winterberg „Wir sind die Wolfskinder. Verlassen in Ostpreußen“.