Der Köngsberger Johann Jacoby – Arzt und Radikaldemokrat
01.05.2020
Johann Jacoby (1. 5. 1805 – 6. 3. 1877), wurde in Königsberg als Sohn des Kaufmanns Gerson Jacoby als jüngstes von fünf Kindern geboren und starb auch in der Pregelmetropole.. Er studierte Medizin ab 1823 an der Albertina, die in jener Zeit noch stark von den Lehren Immanuel Kants geprägt war und schrieb eine Dissertation über das Delirium Tremens. 1828 machte er sein Staatsexamen und betägtigte sich als Arzt.
Im Zuge der Julirevolution 1830 und des polnischen Aufstands engagierte er sich in der Politik und kämpfte zunächst für die Emanzipation der Juden in Preußen. Im Vormärz beteiligte er sich eifrig an einem Diskussionsclub in Königsberg und forderte im Februar 1841 in seiner Schrift „Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen“ eine konstitutionelle Verfassung und die „gesetzliche Teilnahme der selbständigen Bürger an den Angelegenheiten des Staates“. In Deutschland erregte Jacobys Schrift ein ungeheures Aufsehen, der Autor war mit einem Schlag berühmt. In erster Instanz wurde er dafür am 5. April 1842 zu zweieinhalb Jahren Festungshaft wegen Majestätsbeleidigung, Tadel und Verspottung der Landesgesetze und Erregung von Missvergnügen verurteilt. Jacoby legte Berufung ein und in zweiter Instanz wurde er vom Vereinigten Senat des Berliner Kammergerichts in allen Anklagepunkten frei gesprochen. Die misslungene Strafverfolgung erhöhte die Popularität Jacobys erheblich. Der König verweigerte dem Streitbaren eine Ausfertigung der Urteilsbegründung und Jacoby veröffentlichte daraufhin die Broschüre“Über das Recht des Freigesprochenen, eine Ausfertigung des wider ihn ergangenen Erkenntnisses zu verlangen“, was wiederum großen Nachhall im Publikum fand. 1846 wurde er erneut wegen Majestätsbeleidigung angeklagt, in erster Instanz wieder zu Festungshaft verurteilt und in zweiter Instanz frei gesprochen. In dieser Zeit wurde Königsberg zum Hauptort der kritischen Presse in Deutschland.
Nach der Märzrevolution 1848 wurde Jacoby Mitglied im Vorparlament und dann zunächst als Abgeordneter Königsbergs in die Frankfurter Nationalversammlung und dann in einem Berliner Wahlkreis in die Preußische Nationalversammlung gewählt, Hier profilierte er sich mit fortschrittlichen Debattenbeiträgen auf dem linken Spektrum. Als 25 Abgeordnete aller Parteien, darunter Jacoby, König Friedrich Wilhelm IV. ein Schreiben überreichten, in dem sie um ein volksnäheres Kabinett ersuchten, und der König eine Anhörung der Abgeordneten verweigerte, machte Jacoby den berühmten Ausspruch: „Das ist das Unglück der Könige, dass sie die Wahrheit nicht hören wollten“.
Nach Auflösung der Preußischen und der Frankfurter Nationalversammlung floh Jacoby in die Schweiz, kehrte aber nach Königsberg zuück, als man ihn wegen seiner Teilnahme am Stuttgarter Rumpfparlament des Hochverrats angeklagt hatte und stellte sich dem Gericht. Die siebenwöchige Untersuchungshaft endete mit einem Freispruch.
Jacoby praktizierte nun erneut als Arzt in Königsberg. 1861 trat er der Fortschrittspartei bei, die er jedoch 1868 wieder verließ, um sich der in Süddeutschland gegründeten Deutschen Volkspartei anzuschließen. Er engagierte sich in der Arbeiterbewegung und fungierte als Vorstandsmitglied des Handwerkervereins, als welches er erneuten Repressalien ausgesetzt war. So wurde er im Anschluß an eine Rede im Berliner Kolosseum 1863 zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Königsberg absaß. Im selben Jahr wurde er Stadtverordneter auf Lebenszeit.
Zwischen 1863 und 1870 vertrat er den 2. Berliner Wahlbezirk in der zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses. Dort gehörte er der äußersten Linken innerhalb der Fortschrittspartei an. Im Preußischen Verfassungskonflikt um die Erweiterung des Heeres stand er natürlich im heftigen Gegensatz zu Bismarck, woraus sich sechs Monate Kerkerhaft ergaben. Die kleindeutsche Lösung der Reichsgründung lehnte er ebenfalls ab. Er war gegen den Krieg. Die Ablehnung der Annexion von Elsaß-Lothringen brachten ihm sechs Monate Inhaftierung in der Feste Boyen bei Lötzen ein, bis er – auch durch Fürsprache Bismarcks – frei gelassen wurde.
1872 trat Jacoby der Sozialdemokratischen Partei bei, wurde von dieser 1874 als Kandidat für die Wahl zum Reichstag nominiert und gewählt, trat das Mandat aber nicht an, weil – wie er später äußerte – er nicht daran glaubte, dass man einen Militärstaat auf parlamentarischem Weg zu einem Volksstaat verändern kann.
Jacoby starb an den Folgen einer Blasensteinoperation und wurde auf dem jüdioschen Friedhof von Königtsberg beigesetzt. Fast 10.000 Menschen folgten dem Trauerzug. Eine Büste dieses linken Liberalen wurde 1920 im Junkerhof des kneiphnöfischen Rathauses aufgestellt, wo man sie allerdings 1933 wieder entfernte