Erinnerung an den Architekten und Stadtplaner Bruno Taut aus Königsberg
04.05.2020
Bruno Taut (4. 5. 1880 – 24. 12. 1938) wurde als Sohn eines Kaufmanns in Königsberg geboren. Er besuchte dort das Kneiphöfische Gymnasium, wo er 1897 die Abiturprüfung ablegte. Er ließ sich dann an der Baugewerkschule weiter ausbilden und arbeitete in den Sommermonaten als Maurerlehrling auf dem Bau. Wie früher die Handwerksgesellen zog er durch Deutschland, nach Hamburg und Wiesbaden. 1903 bekam er die Gelegenheit, im Büro des Architekten Bruno Möhring zu arbeiten und sich mit dem aufkommenden Jugendstil und den modernsten Baumethoden vertraut zu machen. Von 1904 – 1908 arbeitete er im Büro von Theodor Fischer in Stuttgart, wo er viel über Stadtplanung lernte.
1909 eröffnete er zusammen mit Franz Hoffmann ein Büro in der Berliner Lutherstraße, später in der Potsdamer Straße, in das dann auch Bruder Max Taut einzog. Die Brüder wurden 1918 Mitglieder der Novembergruppe, einer 1918 gegründeten radikalen Künstlervereinigung, und setzten sich intensiv für das „Neue Bauen“ ein. Von 1921 – 1924 war Bruno Taut als Stadtbaurat in Magdeburg tätig. Ab 1924 arbeitete er wieder in Berlin an verschiedenen Aufträgen für die Errichtung von Wohnsiedlungen. Dabei profilierte er sich als Avantgardist einer progressiven Architektur, die aber nicht nur Befürworter fand. So dichteten die Berliner zum Tautschen Architekturstil:
Schaut, schaut, was wird denn da gebaut,
ist denn keiner, der sich’s traut
und dem Taut den Pinsel klaut?
Neben seiner Tätigkeit als Baumeister war Bruno Taut auch Innenarchitekt. Er entwarf Möbel, Lampen, Türgriffe und Zimmeruhren und malte zauberhafte Pastelle.
1930 erhielt er die Berufung als Honorarprofessor für Siedlungs- und Wohnungswesen an die TH Berlin, ab 1931 war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. 1932 hielt er sich auf Einladung des Moskauer Stadtrats in Moskau auf, kehrte jedoch enttäuscht von dem dortigen Architekturstil und den mangelhaften technischen Möglichkeiten nach Berlin zurück. 1933 floh er vor den Nazis, die ihn als Kulturbolschewisten schmähten, ihn aus der Akademie entfernten und die Professur entzogen. Er ging zunächst in die Schweiz und von dort nach Japan.
Bereits in jungen Jahren war Taut von Japan fasziniert und reiste voller Erwartungen dorthin. Zu Architekturaufträgen kam es hier weniger, aber Taut gestaltete Alltagsgegenstände wie Lampen, Teetischchen, Servierwagen, Kommoden, Schirmgriffe. Wesentlicher war seine Autorenschaft in dieser Zeit. Er schrieb drei Bücher: „Nippon mit europäischen Augen gesehen“, erschienen 1934 in japanischer Sprache, später als Schulbuch empfohlen; „Japans Kunst mit europäischen Augen gesehen“ (1936), „Houses and People of Japan“ (1937) (1998 in Deutsch erschienen unter dem Titel „Das japanische Haus und sein Leben“). Auch heute noch wird Taut in Japan sehr geschätzt.
1936 bekam Taut einen Ruf als Professor für Architektur an die Akademie der Künste in Istanbul und wurde Leiter des Architekturbüros des türkischen Unterrichtsministeriums. In der Türkei suchte man damals nach ausländischen Architekten für die Modernisierung des Landes. Neben seiner Lehrtätigkeit konnte er sich auch wieder als Architekt betätigen. So schuf er Pläne für den Bau der Universität in Ankara sowie für viele Schulen seines Arbeitgebers. Nach Atatürks Tod am 10. 11. 1938 wurde er mit der Gestaltung von dessen Katafalk betraut. Am 24. 12. 1938 starb er dort selbst. Er fand als bislang einziger Ausländer und Nicht-Muslim auf dem Ehrenfriedhof des türkischen Staates in Istanbul seine letzte Ruhe.
Einige Werke: Gartenstadt „Reform“ in Magdeburg, Ausstellungshalle „Stadt und Land“ in Magdeburg, „Carl-Legien-Siedlung“ in Prenzlauer Berg in Berlin, „Hufeisen-Siedlung“ in Berlin-Britz zusammen mit dem damaligen, ebenfalls in Königsberg geborenen Stadtbaurat Martin Wagner (1885 – 1957), Gartenstadt „Onkel-Toms-Hütte“ in der Argentinischen Allee in Berlin-Zehlendorf (Papageien-Siedlung), „Gartenstadt Falkenberg“ in Berlin Grünau (Tuschkastensiedlung, 1999 weitgehend restauriert), Siedlung „Freie Scholle“ in Berlin-Tegel, Gewerkschaftshaus am Engelbecken in Berlin, Entwürfe für das Rundhaus „Käseglocke“ in Worpswede, das der Schriftsteller Edwin Koenemann (1883 – 1960) 1926 errichten ließ. Glashaus für die Ausstellung des Deutschen Werkbunds (Mai 1914, 1922 abgeräumt) als Reklamepavillon („Spargelkopt“). 1928 errichtete Bruno Taut einen Versuchspavillon für die „Aufbauschule Neukölln“ am Dammweg, die jetzt vor dem Verfall gerettet werden konnte und heute zur Carl-Legien-Oberschule gehört, die es als Klassenzimmer nutzt.