Pjatidoroshnoje – Bladiau
Der Ort wurde 1337 gegründet und feierte 1987 in Burgdorf sein 650jähriges Bestehen. Als Kirchdorf wurde der Ort erstmals 1399 erwähnt. Von den Geistlichen, die bis 1860 in Bladiau gewirkt haben, sind 17 bekannt. Darunter befindet sich für die Zeit 1853 – 1859 Pfarrer Volkmann, der ein Enkel des Erzbischofs Borowski war. [4]
Durch Artilleriebeschuss während der schweren Abwehrkämpfe der 4. Deutschen Armee in diesem Raum brannten 1945 viele Gebäude im Dorf ab und die Kirche, insbesondere deren Turm, wurde schwer beschädigt. Der russische Name des einstigen Bladiau leitet sich ab von den fünf Strassen, die hier zusammentreffen.
Die mittelalterliche Pfarrkirche, die wahrscheinlich bereits 1337 vorhanden war und schon einmal 1735 abbrannte, existiert nicht mehr. Sie war von den Besitzern der umliegenden Güter im Laufe der Jahrhunderte reich ausgestattet worden, besaß eine bemalte Holzdecke von 1700, schöne Beichtstühle, Gutsgestühle und eine Gutsempore. Bei den Endkämpfen des 2. Weltkriegs wurde sie stark beschädigt. Die Mauerreste erlebten noch die 1970er Jahre. Nach 1975 sprengte man Turm und Wände und beseitigte die Trümmer. Nur die Kirchmauer mit dem Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs blieb stehen – Inschrift einst: „Die Heimat den Helden 1914 – 1918“. Im Rahmen eines Studenteneinsatzes errichtete eine Gruppe von deutschen und russischen Studenten unter Leitung von Ernst von Glasow, der in Bladiau noch zur Schule gegangen war, 1994 ein Holzkreuz auf dem Platz der ehemaligen Kirche. Als dieses Schäden zeigte, wurde es von ehemaligen Einwohnern Bladiaus durch ein neues Eichenkreuz in den vorherigen Dimensionen ersetzt.
Herr Olaf Distler hatte an der studentischen Kreuzaktion teilgenommen und schrieb uns dazu folgendes:
Ich bin seither noch mal 3-mal durch Bladiau gefahren und freue mich immer wieder, dass es noch steht. Ich kann mich sehr gut an die Diskussionen erinnern, die wir damals innerhalb der Studentengruppe führten. Und ich erinnere mich an eine Begebenheit: Einige Stunden, nachdem das Kreuz errichtet war, ging ich noch mal dorthin, weil ich Fotos machen wollte. Plötzlich sah ich drei alte Frauen in Richtung Kreuz kommen. Da ich etwas abseits an der Kirchenmauer stand, sahen sie mich nicht. Sie gingen zum Kreuz und standen einigen Minuten stumm und gedankenversunken vor dem Kreuz. Welche Gedanken mögen diesen Frauen damals durch den Kopf gegangen sein? Jedenfalls machte ich ein Foto mit diesen Frauen, die sich plötzlich etwas erschrocken zu mir umdrehten. Wie würden sie wohl jetzt reagieren? Doch ein Lächeln war auf ihren Lippen erkennbar – und sie baten mich, noch ein Foto von ihnen und dem Kreuz zu machen. Eine Begebenheit, an die ich oft noch denken muss. Wir haben dort in Bladiau den Bach, der das Dorf durchzieht, von Müll und Schlamm befreit. Was da nicht alles zutage kam…Selbst alte Grabsteine… Es war sehr bewegend – und alle waren mit großem Ehrgeiz dabei. Die Dorfbevölkerung sah diesem Treiben aus Entfernung und mit Skepsis zu. Statt zu helfen wurden die russischen Studenten gefragt, was sie denn hier tun würden. Als sie ihnen sagten, sie würden hier zusammen mit den deutschen Studenten ein ökologischen Projekt durchführen, wurden sie gefragt, was die Deutschen denn bezahlen würden… Als sie erfuhren, dass dies ein freiwilliger und kostenloser Einsatz der deutschen und russischen Studenten sei, sagten sie kopfschüttelnd zu den russischen Studenten: Was seid ihr dumm, arbeitet für die Deutschen und lasst es euch nicht bezahlen… Und während wir diesen Bach versuchten zu säubern, war eine russische Baubrigade damit beschäftigt, ein großes Abflussrohr vom “Dom Kulturoi” direkt in diesen Bach zu legen, ohne Rücksicht auf Verluste… Naja, so war es damals…”[5]
Von der Kirche überlebten 2 Glocken auf dem Hamburger Glockenfriedhof. Eine von ihnen soll heute in einer Kirche in Stockheim, die andere in einer Kirche in Geestemünde läuten. Der Taufstein der Kirche hat auch überlebt: er befindet sich jetzt im privaten Museum von Valentin in Pogranitschnoje – Hermsdorf.
Eine Apotheke gab es in Bladiau seit 1867.
Ansonsten hat der Ort die Zeiten relativ gut überstanden. Es gibt noch das ehemalige Gemeindehaus der evangelischen Kirche. 1997 wurde dazu aufgerufen, für die Renovierung des Gebäudes, die 210.000,- DM kosten soll, zu spenden: Tel.: Ernst von Glasow 030 825 73 04. Die alte Schule von Bladiau wurde mit Hilfe alter Bladiauer im Einvernehmen mit der Schulleitung renoviert.[1]
Der Friedrichshof überstand die Kämpfe des Weltkriegs und hat dem sowjetischen Ortskommandanten noch als Wohnung gedient. Das Gehöft war seit 1735 durch Urkunden in den Kirchenbüchern von Bladiau nachgewiesen. Der Hof wurde seit über 200 Jahren bis zur Vertreibung 1945 immer in der männlichen Linie der Familie Wiechert vom Vater auf den Sohn vererbt. In http://www.wichert.de/beitraege/willy_wiechert.htm berichtet der letzte Eigentümer des Friedrichshofs, Willy Wiechert, anschaulich über das Leben und vor allem auch Wirtschaften auf dem Friedrichshof und dann über die Flucht. Er war Mitglied der Ostpreußischen Herdbuch-Gesellschaft, der lokalen Molkereigenossenschaft, der Ostpreußischen Kaltblutzüchtervereinigung und dem ostpreußischen Warmblutzuchtverband an. Darüber hinaus wurde auf Basis des Deutschen Edelschweins Ferkelaufzucht und Schweinemast sowie Hühnerzucht betrieben.[2]
Ein schönes Haus, das erst 1940 gebaut wurde und in der einstigen Wolittnicker Strasse zu finden ist, hat überlebt und präsentiert sich in einem ordentlichen Zustand. Das Dach ist neu, ebenso ein Teil der Fenster. Es gehörte der Familie Schlenger, die seit 1633 als Bauern im Dorf ansässig waren. Heute wird es von mehreren Familien bewohnt.[3]
[1] Heimatblatt des Kreises Heiligenbeil, Mai 2012, S. 161
[2] Willy Wiechert, Bladiau-Friedrichshof, in: Ostpreußens Rinder und ihre Zuchtstätten von Dr. Hans Bloech, S. 786
[3] Viola Reyentanz, geb. Schlenger, Heimatblatt des Kreises Heiligenbeil, Mai 2016, S. 90
[4] Konrad Wien, Kirchspielvertreter, Heimatblatt des Kreises Heiligenbeil, Mai 2009, S. 109
[5] Kontaktformular 14.11.2008