Geschichte des Gutes Kadyny – Cadinen
Der Landmeister des Ordens, Landmeister Dietrich von Grüningen, teilte dem Heilig-Geist-Spital 1255 vierzig Hufen Land in der Gegend von Cadinen zu, wo die Spitalsbrüder einen Hof für die eigene Versorgung einrichteten. Die Urkunde erwähnte dabei die „terra Cadinensis“, was sich ableitet von dem altprußischen Wort Kudas = mager, elend.[3] Der Name des Ortes leitet sich ab von“Cadina”, der Tochter des Stammesfürsten Tolko, einem der 13 Söhne von Fürst Widowut, und war schon gebräuchlich, bevor der Orden sich 1237 in Elbing niederließ.
Nach der Schlacht bei Tannenberg 1410 übersiedelte der Waldmeister der Komturei Elbing von Mlynary – Mühlhausen nach Cadinen. Der Hof wurde 1431 wegen der finanziellen Engpässe des Ordens an die Familie Baysen verpfändet, aus der wenig später die bekannten Führer des Preußischen Bundes hervorgingen. Aus dem Pfand wurde ein Rittergut, das bis 1503 im Vermögen der Familie verblieb. Danach gehörte das Gut bis zum 17. Jh. in häufig wechselnder Folge dem Frauenburger Domkapitel, dem Deutschen Orden, anderen Mitgliedern der Familie Baysen sowie Elbinger Bürgern. Bemerkenswerte Besitzer im 17. und 18. Jh. waren dann für längere Zeit Mitglieder der Familie von Schlieben, die ein Gutshaus bauen ließen, dass den Kern des heutigen Gutshauses ausmacht und die den Fries über dem Haupteingang mit ihren Wappen ausschmücken ließen.[1] Am 1. 12. 1787 erwarb der preußische General Wilhelm Friedrich Karl Graf von Schwerin Gut Cadinen für 27.200 Taler. Er war ein lebenslustiger, auch eigenwilliger Mensch, der nach Cadinen nur auf dem Seeweg anreiste und Wert darauf legte, mit einem Fackelzug und Kanonendonner auf seinem Gut empfangen und ebenso verabschiedet zu werden. Dabei tat er viel für die Renovierung des Gutshauses und die Anlage eines schönen Parks. Das überstieg aber wohl seine finanziellen Möglichkeiten. Bei einem Schuldenstand von 50.250 Talern musste er sich 1794 schon wieder von seinem Cadiner Besitz trennen.
Nach weiteren Besitzern, u. a. dem Elbinger Bankier Struensee, der 1804 die Häuser des Dorfes aufkaufte und abbrechen ließ, erwarb der Kaufmann Daniel Birkner aus Elbing den Besitz, der in seiner Familie verblieb, bis 1898 Kaiser Wilhelm II. als neuer Eigentümer in Erscheinung trat. Das Gut war in dieser Zeit offenbar hoch verschuldet, so dass Kaiser Wilhelm den Besitz mit allen Schulden als Schenkung übernahm und dem Braunsberger Landrat Arthur Birkner eine jährliche Leibrente aussetzte. Während der Birkner-Zeit entstanden die Orangerie und das Palmenhaus. Das Gutshaus wurde 1883 modernisiert, zuvor 1878 die Hauskapelle errichtet, im übrigen der Park vergrößert und durch diverse Aussichtspunkte und Ruheplätze interessant gestaltet. Die Hauskapelle oberhalb des Gutshauses diente als Mausoleum für die sterblichen Überreste von Mitgliedern der Familie Birkner. Im Unterbau der Kapelle befinden sich noch Reste ihrer Särge.
Kaiser Wilhelm machte Gut Cadinen zu seiner Sommerresidenz. Aus dem Agrarbereich entwickelte sich ein landwirtschaftlicher Musterbetrieb mit intensiver Pferdezucht, und diese wird bis heute hier betrieben. Zum Gut gehörte auch eine Handstrichziegelei, die der Kaiser zum Ausgangspunkt für die Majolika-Fabrikation machte, die prächtige Töpferwaren herstellte und einige Berühmtheit erlangte.
Als gläubiger Christ ließ Kaiser Wilhelm 1913 – 1917 vom Berliner Baumeister Kickton eine repräsentative Kirche bauen, die auf dem heutigen Feld vor dem Gestüt in Richtung Haff stand. Sie wurde durch die Kriegshandlungen 1945 offenbar beschädigt und verfiel. 1958 hat man sie abgebrochen. Nichts deutet mehr auf sie hin. Aber ihr Altar, ebenfalls von Wilhelm II. gestiftet, befindet sich heute in der Nikolaikirche in Elbing.
Nachdem Wilhelm II. abgedankt hatte, versank das Herrenhaus in eine Ruhephase, bis 1941 der Enkel Prinz Louis Ferdinand mit der Verwaltung des Gutes beauftragt wurde und mit seiner Familie einzog. Hier wurden am 28. 5. 1942 die Tochter Marie Cécile und am 27. 6. 1943 die Tochter Kira geboren. Das Anwesen blieb bis zum Ende des 2. Weltkriegs im Besitz der Hohenzollern und Prinz Louis Ferdinand flüchtete am 25. Januar 1945 mit Pferdeschlitten über das Eis des Frischen Haffs, wohl eine halbe Stunde bevor die sowjetischen Truppen den Ort erreichten. Prinz Louis Ferdinand stand der Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten sehr nahe und traf in diesem Zusammenhang 1942 in Cadinen mit Carl Friedrich Goerdeler zusammen.
In der polnischen Zeit nach dem 2. Weltkrieg nutzte zunächst die örtliche Landwirtschaftsgenossenschaft die unteren Räume des Gutshauses für die Repräsentationsaufgaben des Direktors, die oberen Räume wurden Hotel. Nach der Wende kaufte 1990 ein Amerikaner den Gutskomplex. Er weidete jedoch im Wesentlichen nur das Innere des Gutshauses aus, ließ die wertvollen Kamine ausbauen und verlagern, und gab nach 2 Jahren den Besitz wieder auf. Ein nachfolgender englischer Besitzer ging mit dem ins Leben gerufenen Hotelbetrieb in Konkurs. Jetzt – 2014 – gehören die Gutsgebäude mit dem Gestüt dem Vernehmen nach zum Hotel “Kadyny Folwark Hotel & Spa“.[2]
Umfangreiche und kompetente Darstellungen von Kaiserlich Cadinen finden sich bei Christa Mühleisen, Ulrich Feldhahn und Heimatkreise Elbing-Stadt und Elbing-Land unter http://www.aefl.de/ordld/AK-Cadinen071204/cadinen.index.htm
http://www.elbing-land-familienforschung.de/seite130.html
Siehe auch die Dokumentation auf MyHeimat: http://www.myheimat.de/rinteln/kultur/cadinen-kaiserschloss-edle-pferde-und-keramik-d2654643.html
Wer aktuelle Informationen über den Ort, seine Geschichte und die Sehenswürdigkeiten sowie Unterkunftsmöglichkeiten erfahren möchte, mag sich an die Cadiner Fremdendführerin Aneta Budzyska, Tel.: 0048 510 735 388
[1] Ulrich Feldhahn gibt an, dass das Wappen das der Familie Schwerin ist, die die nachfolgenden Eigentümer waren
[2] https://www.kadyny.com.pl /anetakadynyfolwark@gmail.com, 19. 6. 2014
[3] Wolfgang Reith, Der Landsitz des Kaisers, PAZ Nr. 50/2023 (15. Dezember), S. 11