Geschichte von Selenogradsk – Cranz
Ausgangspunkt für die Entwicklung einer prußischen oder kurischen Siedlung am Meer zum deutschen Fischerdorf, das bis in die Mitte des 19. Jhs. hinein „Krantzkuhren“ hieß, war ein 1282 vom Orden angelegtes Wirtshaus am Beginn der großen Heerstraße über die Kurische Nehrung, der Crantzkrug”. Dieses Jahr gilt als Gründungsdatum von Cranz.[1] Der Name leitete sich ab vom prußischen „krantas“, was etwa „abgebrochener Ufertrand“ bedeutete, und bezog sich auf eine prußische Siedlung, die hier bereits seit einigen Jahrhunderten vor der Eroberung durch den Orden bestand.[2]. Bis ins 14. Jh. hinein wurde Cranz des Öfteren von den Litauern angegriffen und verwüstet. Der Crantzkrug existierte unter dem Namen „Krug zum grünen Kranz“ bis ins 20. Jh. Der Cranzkrug wurde ein köllmisches Gut mit zwei Feuerstellen.[5]
Krantzkuhren wurde von lettischen Fischern begründet und im Lauf der Jahrhunderte lebten hier fast ausschließlich Fischer. Aus dem unspektakulären Ablauf der Cranzer Geschichte in den nächsten Jahrhunderten ragen die Jahre 1709 – 1711 heraus, als auch in Krantzkuhren die Große Pest wütete und ihre Opfer fand. Im Jahr 1729 wurde der Ort zum Sitz des Wildbereiters, d. h. des obersten Forstbeamten, für die Nehrung bis in den Raum von Nidden.
Schon zum Ende des 18. Jhs. gab es Badegäste und 1793 wurde in der Königsberger Zeitschrift „Preußisches Archiv“ auf die besondere Eignung Krantzkuhrens als Bad hingewiesen. 1813 fand die wiederholte Anregung König Friedrich Wilhelms III. Resonanz, hier ein Seebad zu errichten, und 1816 folgte auf Empfehlung des Königsberger Arztes und Regierungsmedizinalrats Dr. Friedrich Christian Kessel, der mögliche Badeorte zwischen hier und Palmnicken begutachtet hatte, an diesem Platz dessen Gründung als „Königliches Seebad“. Ein Jahr später wurde das erste Warmbadehaus gebaut und mit der Anlage der Plantage im Nehrungswald begonnen. 1821 nahm das Große Logierhaus am Strand seinen Betrieb auf. Allerdings brannte es bereits 1835 ab, denn es bestand vornehmlich aus Holz. Darauf hin errichtete man weiter landeinwärts am Corso einen größeren Neubau, das „Konversations- u. Logierhaus“.
Im ersten Cranzer Kurhaus konnte man am 9. Juli 1843 König Friedrich Wilhelm IV. als Gast begrüßen. Vielleicht auch daraufhin wurde Cranz zunehmend vom ostpreußischen Adel frequentiert, während die Bürgerlichen zunächst die Orte Rauschen und Neukuhren bevorzugten.
Erst als ab 1852 eine ordentliche Straße die Möglichkeit bot, innerhalb von 3 Stunden von Königsberg nach Cranz zu fahren, änderte sich die bürgerliche Vorliebe. Aus dem beschaulich-exklusiven Ostseeort wurde die Sommerfrische aller Königsberger mit 1,4 km langer Strandpromenade und schönem, flachem Sandstrand. Im Jahr 1884 gab es 200 Privathäuser, 2 Hotels, 8 Gasthöfe und etliche Pensionen. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz durch die Cranzer Eisenbahngesellschaft am 31. Dezember 1885 verstärkte diesen Aufschwung noch. Aber nicht nur die verkehrsgünstige Anbindung von Cranz an die ostpreußische Hauptstadt machte den Badeort so beliebt, sondern man sagte der hiesigen Gegend die größte Heilwirkung von allen Badeorten nach und die Ostseewellen waren hier gemeinhin am höchsten.
Sturmfluten zerstörten einige Male die Kuranlagen und Fischerhäuser, am schlimmsten im Jahr 1899. Da das Cranzer Ufer den Wellen in besonderem Maße ausgesetzt ist, spielt die Instandhaltung des Ufers eine große Rolle. Das machte man zunächst mit Befestigungswerken durch Pfahlwände, was sich nicht bewährte, dann durch Pfahlbuhnen. Auch das funktionierte nur begrenzt. Letztlich baute man Steinbuhnen, die die Wellen erfolgreich brachen. Nach 1945 vernachlässigte die Russen diesen Uferschutz mit dem Ergebnis, dass ein großer Teil des Sandstrandes fortgespült wurde.
Als erste Badeanstalt im Samland wurde 1907 das Familienbad eröffnet. Beliebt wurde auch das Moorbad, versorgt mit Material vom Cranzer Hochmoor. Als man ab 1930 vom Königsberger Nordbahnhof in einer halben Stunde nach Cranz gelangen konnte, entwickelte sich Cranz zum größten Seebad in Ostpreußen.
Trotz Kriegsbeginn und Verdunkelungsgebot gingen Bade- und Kurbetrieb weiter. Nach dem Frankreichfeldzug 1940 quartierte man eine „Propagandakompanie“ im Strandhotel ein. Die Kegelbahn des Ostseehotels wurde zur Unterkunft für belgische Kriegsgefangene umfunktioniert. Doch am 4. 2. 1945 wurde Cranz kampflos der Roten Armee überlassen.
Die Sowjets führten das Bad als Kurort weiter und gaben ihm den Namen Selenogradsk, was „grüne Stadt“ bedeutet. Die Stadt wird heute von doppelt so vielen Einwohnern bevölkert wie 1939. Große Teile der alten deutschen Bebauung blieben erhalten und wurden restauriert oder wenigstens renoviert.
Bekannt waren einst die Cranzer Flundern, die auf Tannenzapfenfeuern, sog. Schischken, geräuchert wurden. In der Gemarkung von Cranz stieß man 2014 bei Feldarbeiten auf einen Münzschatz aus römischer Zeit. Die Spezialisten des Gebietsmuseums, dem der Schatz übergeben wurde, halten ihn für den ersten bedeutenden Fund dieser Art im nördlichen Ostpreußen seit über 100 Jahren. Unter den 190 Münzen sind die ältesten Expemplare Bronzesesterzen aus der Zeit von Kaiser Trajan (98 – 117). Die meisten Münzen wurden unter der Regentschaft von Kaiser Marc Aurel (161 – 180 n. Chr.) geprägt. Wahrscheinlich wurde der Schatz von durchziehenden Händlern Ende des 2. und Anfang des 3. Jhs. dort vergraben. Es könnte sich aber auch um Gaben an die örtlichen Götter gehandelt haben. Sein Wert zu römischer Zeit betrug etwa ein Drittel vom Jahreseinkommens eines Legionärs. Wenn die Münzen gereinigt und restauriert sind, sollen sie in einer großen Ausstellung präsentiert werden.[3]
Einen anderen bedeutenden Fund in der Nähe von Cranz machte man an der Stelle der geplanten Weiterführung des „Ostseerings“. Archäologen der Akademie der Wissenshaften Russlands stießen hier auf ein großes altes Gräberfeld, das 2.000 Gräber umfassen könnte und die größte Fundstelle aus der Zeit der Völkerwanderung vom 4. – 7. Jahrhundert darstellen würde. Ein interdisziplinäres Forscherteam führt umfangreiche untersuchungen durch und es gibt Pläne, deren Ergebnisse in einem speziellen Museum zu präsentieren.[6]
Volker Lechtenbrink, Schauspieler aus Leidenschaft, dazu Regisseur und Schlagersänger, Texter, Synchronsprecher und Regisseur, wurde am 18. August 1944 in Cranz geboren. 1951 siedelten seine Eltern mit ihm nach Hamburg über. Bernhard Wicki engagierte ihn 1959 für seinen Film „Die Brücke“, was den jungen Mann darin bestärkte, Schauspieler zu werden. Nach der Schauspielschule in Hamburg folgten zahlreiche Rollen am Theater und im Fernsehen. Debüt in Hannover 1963, weitere Engagements in deutschen Städten. 1969 Berufung an das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg und daneben Schauspieler und Regisseur im Ensemble von Friedrich Schütters Ernst-Deutsch-Theater.1976 nahm Lechtenbrink seine erste Schallplatte („Der Macher“) auf. Weitere Alben folgten. Als Regisseur arbeitete Lechtenbrink vorwiegend am Ernst-Deutsch-Theater, dessen Intendant er von 2004 bis 2006 war. Seit 1995 Intendant der Bad Hersfelder Festspiele Er hat drei Kinder: Saskia (1967), Robbie (1967), und Sophie (1992). Volker Lechtenbrink lebt heute mit seiner vierten Frau, der Schauspielerin Jeannette Arndt, im Hamburger Stadtteil Winterhude. Am Ernst-Deutsch-Theater hatten sich Arndt und Lechtenbrink 1994 bei Proben zu „Des Teufels General“ kennengelernt. Siehe auch das Buch von Volker Lechtenbrink „Gib die Dinge der Jugend mit Grazie auf! Mein Leben“, Hoffmann & Campe 2010.
Sophie Lechtenbrink, am 11. Mai 1992 geboren, besuchte das Helene-Lange-Gymnasium in Hamburg. Ihre Hobbys sind Einkaufen, Tennis, Reisen und die Schauspielerei. Erste Bühnenerfahrungen sammelte sie auf der Bühne der Schulaula im Weihnachtsstück „Christmas Carol“ von Charles Dickens. Gemeinsam standen Sophie und Volker Lechtenbrink ab dem 16. November 2006 in der Komödie „Dr. med. Hiob Prätorius“ von Curt Götz auf der Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters und das Nachwuchstalent erhielt durchaus freundliche Kritiken.[4]
[1] Jurij Tschernyschew, Cranz feiert sein 727-jähriges Bestehen, Oprbl. Nr. 37/09 (12. 9.), S. 13
[2] Horst Dietrich, Leserzuschrift an die PAZ, Nr. 41/09 (10. 10.), S. 12
[3] J.T., Römische Münzen im Bezirk Cranz, Oprbl. Nr. 25/2014 (21. Juni), S. 13
[4] Welt online, 14. 11. 2008
[5] Oskar Schlicht, Das westliche Samland, Band II, 1922, S. 29 ff
[6] Funde aus Zeiten der Völkerwanderung, Bericht des Königsberger Express vom 8. 11. 2021, widergegeben im Preußisch Eylauer Kreisblatt vom 27. 11. 2021, S. 38 f