Geschichte von Dylewo – Döhlau
Die Siedlung Döhlau wurde erstmals 1349 erwähnt, als den Brüdern Eberhard und Nickel von der Diehl die Handfeste ausgestellt wurde. Aus Diehl, Döll, Delau wurde im Laufe der Zeit Döhlau. Zu den nachfolgenden Besitzern gehörten die v. Werther und die v. Kalckstein. Das Dorf und die Kirche aus dem 14. Jh. verwüsteten die Tataren bei ihrem Einfall in Ostpreußen 1657. Beides wurde aber zum Ende des 17. und am Anfang des 18. Jhs. wieder aufgebaut.
Um 1635 lag das ganze Gut Döhlau wüst, die Gebäude waren verfallen. Der „reiche Schäfer“ Ernst Finck von Finckenstein (1633 – 1717) reihte u. a. auch Döhlau in seine Besitzungen ein und so gehörte das Gut zur reichsgräflich v. Finckensteinschen Güteradministration[1] bis zu deren Zwangsversteigerung 1830 – 1832. Gut Döhlau kaufte aus der Konkursmasse 1831 der Land- und Stadtgerichts-Direktor Johann Heinrich Kern aus Löbau für 11.050 Rthlr.
Der Architekt und Maurermeister Ludwig Rose (28. 4. 1819 – 15. 11. 1886) aus der westmecklenburgischen Kleinstadt Grabow entstammte der alteingesessenen Familie des Brenners, Brauers und Gastwirts Christian Rose und seiner Frau Dorothea Margaretha, geb. Brügge. Er besuchte das Gymnasium in Parchim und studierte ab 1842, vermutlich ohne die Abiturprüfung abgelegt zu haben, Architektur an der Akademie der Bildenden Künste in München. In Schwerin, Mecklenburg, wohnend beschlossen er und seine Frau Doris, die aus der reichen Unternehmerfamilie Heckmann in Berlin stammte und irgendwie mit der Familie Finckenstein verwandt war, in die Landwirtschaft zu wechseln. Sie erwarben mit dem Kapital von Doris Rose 1860 das große Besitztum im Kreis Osterode, weil dort viel Wald vorhanden war. An den Grundstückskauf erinnert noch heute der „Ludwigstein“, ein bemooster Findling aus rotem Granit, ursprünglich der Grundstein des Gutes Döhlau, rechts der Straße von Gietlewo – Güntlau nach Miejska Wola – Steinfließ mit der Inschrift „L.Rose 1860“. Mit Hilfe von Oberjäger Oesterreich brachte Ludwig Rose den verwüsteten Wald wieder in einen ordentlichen Zustand und bestimmte das Gut zu einem Fideikommiß, um die planlose Abholzung der Wälder zu verhindern. Diese sind heute ein Bestandteil des Landschaftsparks Kernsdorfer Höhen. Ein anderer großer Findling mit der Inschrift „C.v.Rose 1918“ am Franzosensee erinnert vermutlich an die Besitzerweiterung um einen mit Buchen bestandenen Hang nordöstlich des Franzosensees durch Ludwigs Sohn Carl.[2]
Der Sohn Franz (30. 4. 1854 – 25. 9. 1912) war dadurch bekannt, dass er junge Künstler wie Adolfo Wildt (1868 – 1931), den er 1894 in Mailand kennen gelernt hatte, und Albert Welti (1862 – 1912) förderte. Allein Adolfo Wildt schuf für Döhlau 40 Parkskulpturen aus Marmor – griechische und römische Götterfiguren und Sphinxe.[3] Die Marmorbüste des Franz Rose von Adolfo Wildt im Vorraum der Kirche stammt auch aus dieser Zeit. Der Enkel Botho von Rose stellte 1936 im Park vor dem Gutshaus die über 2 Meter hohe Bronzefigur des „Poseidon vom Kap Artemision“, auch als Zeusfigur interpretiert, auf. Diese Skulptur befindet sich heute zusammen mit der Sphinx vom Pleasure Ground und der Marmorskulptur „Brunnen“ aus der Grotte im Nationalmuseum von Warschau. Die Bronzebüste „Alter Bauer“ von Adolfo Wildt, die einst in einem Rondell der Auffahrt zum Gutshaus stand, befindet sich heute im Ermland-Masuren-Museum in der Burg von Allenstein.
Bereits unter Johann Heinrich Kern wurde um 1850 ein Gutshaus errichtet und ein Park angelegt. Den späteren Park gestaltete 1879 – 1893 der Gartenarchitekt Johann Larass (1820 – 1893), dessen Werk von seinem Sohn fortgesetzt wurde, nach dem Vorbild englischer Landschaftsparks. Blickpunkt im südlichen Teil des Parks war eine große Grotte aus Feldsteinen, die „Grotte der Liebe“, über der sich ein Aussichtshügel mit einem gußeisernen Tempelchen erhob. Westlich jenseits der Straße nach Plonchau setzte sich der Park mit einer Teich- und Sumpflandschaft fort. Dazu gehörten auch Inseln in einem Teich, von denen die größte nur mit einem Boot erreichbar war. Dekorative Brücken unterschiedlicher Bauweise – aus Ziegeln, Gußeisen, Feldsteinen und Holzbohlen – sowie ein Springbrunnen belebten den optischen Eindruck. Der Schöpfer der Anlagen, Johann Laraß, wurde 1905 im Auftrag von Franz Rose auf einer der Inseln durch ein Monument von Adolfo Wildt, das „Medaillon von Larassa“, geehrt, das den Kopf des Gartenkünstlers überlebensgroß zeigte, versehen mit der Inschrift „DEM MEISTER DER GARTENBAUKUNST DOEHLAU OSTPR: 1879 – 1893)“. Das Marmordenkmal wurde 2001 von Unbekannten gestohlen und ist seitdem verschollen.[4]
Erben des Besitzes von Franz Rose waren sein jüngerer Bruder Dr. Carl von Rose und dessen Sohn Dr. Botho von Rose. Die letzte Eigentümerin von Döhlau bis 1945 war Ursula von Rose.[5] Das Gut umfasste seinerzeit 3.000 ha Land mit einem Anteil von 40 % Wald (1.145 ha), 5 Vorwerke, dazu 2 Brennereien, Molkerei, Mühle, Sägewerk, Ziegelei, und der Wirtschaftstrakt zählte zu den modernsten Einrichtungen seiner Zeit. Ein Neffe Franz Roses war der Kunsthistoriker und Hochschullehrer Hans Rose (1888–1945), der 1938 nach § 175 RStGB vom Landgericht Weimar zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt wurde. Er saß die Strafe in den Gefängnissen in Berlin-Tegel und Wittstock ab.
Carl von Rose kam dem Vernehmen nach auf der Flucht Anfang 1945 ums Leben. Vom schlossartigen Gutshaus blieben nur die beiden Seitentrakte, die als Schule und als Verwaltungsgebäude fungieren. Der mittlere Teil des Gutshauses ist bis in den Kellerbereich abgetragen. Der Park mit seinen prächtigen Bergrüstern, Bergahornen und Platanen ist verwildert. Nach dem Krieg übernahm eine landwirtschaftliche Genossenschaft den Besitz. Das Anwesen befindet sich heute in Gemeindebesitz.
Ein großer Teil der verloren geglaubten Kunstschätze wurde kürzlich wiederentdeckt. Ein Archäologenteam unter Leitung von Prof. Tomasz Mikocki fand 2002 im Schutt des Schlosses Döhlau 85 Denkmäler aus Marmor, dazu Bronzeskulpturen, Reliefs, Porzellane, Objekte aus Keramik, Terrakotta, Metall und Glas, zwei Medaillons aus Bronze und solche mit dem Bildnis historischer Persönlichkeiten, einige Münzen und zwei alte Pistolen. Sie kamen in den Bestand der Akademie der Schönen Künste in Warschau und werden dort auch restauriert.
[2] Sibylle Friedberg geb. Krull–von Rose, Zur Geschichte des Döhlauer Parks in Osteroder Zeitung, Mai 2017, S. 45 ff
[3] Leszek Chaburski, Neues Interesse an Gut Döhlau, Oprbl. Nr. 10/2016 (11. März), S. 13
[4] Sibylle Friedberg geb. Krull–von Rose, Zur Geschichte des Döhlauer Parks in Osteroder Zeitung, Mai 2017, S. 49
[5] Sybille Friedberg, (Tochter von Ursula von Rose), 18. 1. 2015 – skfmuc@googlemail.com