Entwicklung der masurischen Sprache in Ostpreußen

Gleich zu Beginn der Reformation wurde die Lutherische Lehre in Ostpreußen zur Staatsreligion, während das angrenzende Polen katholisch blieb. Das führte zu einer gewissen Abkapselung beider Länder, der Zustrom von Polen versiegte. Zwischen dem evangelischen Herzogtum und dem katholischen Königreich Polen als herausragendem Vertreter der Gegenreformation türmte sich zunehmend eine geistige Mauer auf. Die reduzierte Verbindung wirkte sich auch auf die Sprache der Bewohner aus.

Der Anteil der polnischen Masowier betrug zu Beginn der Reformation in der Gegend von Ortelsburg etwa 30 % (40 % Prußen, 30 % Deutsche)[1]. Durch die deutliche religiöse Abgrenzung löste sich die vor allem auf dem Lande verbreitete Sprache der Masowier vom Hochpolnischen und entwickelte sich kontinuierlich durch Aufnahme von deutschen und prußischen Sprachelementen hin zu der masurischen Sprache, wie sie im südöstlichen Ostpreußen bis 1945 weit verbreitet war.

Das Masurische war dabei ein bäuerlich-polnischer Dialekt, wie er um 1500 in Masowien gesprochen wurde. Die Aussprache war härter als im Polnischen, der Wortschatz vor allem im technisch-wirtschaftlichen Bereich mit vielen Germanismen durchsetzt: brutkan = Bräutigam; felor = Fehler; frystyk = Frühstück; jegier = Jäger; reissowac= reisen; unterok = Unterrock. Das Masurische war zudem als Schriftsprache nicht genormt, so dass sich unterschiedliche Schreibweisen finden. Als
bäuerliche Unterschichtensprache hätte dieses Idiom neben dem Hochpolnischen auch keine Überlebenschancen gehabt. Wer in polnischer Umgebung ‘masurisch’ sprach, wurde als “dummer Bauer” wahrgenommen. Der Dialekt verschwand daher auch und erst recht in der polnischen Zeit nach 1945 bei den verbliebenen Masuren, die, nunmehr aus anderen Gründen, ohnehin mehr zu Polnisch als neuer Muttersprache neigten.



[1] Joachim K. H. Linke, Ortelsburger Mosaik, herausgegeben von der Kreisgemeinschaft Ortelsburg 1983, S. 16

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