Biala Piska – Bialla/Gehlenburg
Nicht weit von einer Prußenfestung entfernt entstand 1428 am Biallaflüßchen ein Zins- und Scharwerksdorf, das zunächst Gayten oder Gehlen, später Bialla hieß. Dieser Name leitete sich aus dem masurisch-polnischen bialy = weiß ab.
Unter Zusicherung der Baufreiheit und bei Lieferung von Baumaterial gewährte Friedrich Wilhelm I. 1722 die Stadtrechte Schon im 17. Jh. war Bialla ein bekannter Platz für Wochenmärkte, die auf seinem viereckigen Marktplatz stattfanden. Im Jahr 2022 feiert man das 300. Jubiläum der Stadtrechtverleihung.
Das alte Rathaus auf dem Marktplatz aus dem 18. Jh. wurde 1907 abgerissen und durch einen neobarocken Neubau mit Turm und welscher Haube ersetzt.
Die Kirche ist ein Bau von 1756 – 1763 und ersetzte ein älteres Holzgebäude, das abgerissen werden musste. Der Turm mit Zeltdach wurde 1832 nach Plänen der Oberbaudeputation in Berlin, der damals Schinkel vorstand, hinzugefügt. Der Innenraum wird von einem Tonnengewölbe aus Holz überdeckt, die Decken der Seitenschiffe sind flach. Die alte Innenausstattung ging bis auf ein Kruzifix aus der Zeit um 1700 verloren. Die Fassade des Gebäudes wurde 2006 renoviert.
Auch heute noch verehrt man in der evangelischen Gemeinde den Pfarrer Karl Heinrich Heldt, der von 1929 bis 1945 für die seelsorgerische Betreuung in der Gemeinde Bialla zuständig war. Er wurde am 13. 2. 1887 in Paprotken bei Lötzen geboren und studierte Theologie in Königsberg. Zunächst wurde er Pfarrer in Bialuta bei Soldau und in Narzym, ebenfalls Diözese Soldau. Nach dem 1. Weltkrieg wechselte er nach Kobulten und wurde letztlich 1929 der 30. Pfarrer in Bialla. Seine Gottesdienste hielt er sowohl in deutscher als auch in masurischer Sprache ab. Er war ein profilierter Gegner des Nationalsozialismus und schloss sich folgerichtig der von Dietrich Bonhoeffer gegründeten Bekennenden Kirche an. Als er zum Kreispfarrer Johannisburg der Bekennenden Kirche gewählt wurde, war die Toleranzschwelle der Nazis überschritten. Pfarrer Heldt kam ins Gefängnis, wurde aber nach einiger Zeit wieder entlassen, während man seinen Vikar Pfarrer Paul Pissowotzki umgehend an die Ostfront nach Stalingrad schickte. Pfarrer Heldt konnte seine Gemeinde bis zum Einmarsch der Roten Armee im Januar 1945 betreuen. Dann verliert sich seine Spur in den Wirren des Krieges, ebenfalls die seiner Frau. Auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof von Bialla erinnert eine Tafel an ihn und am 15. 10. 2006 wurde der Versammlungsraum in der kleinen evangelischen Pfarrei in Bialla, den man 2005 an die Kirche angebaut hatte, nach Karl Heinrich Heldt benannt.
Das Heinrich-Heldt-Haus und die Kapelle können besichtigt werden. Klaus Kipnik im Nebenhaus führt Gäste, die sich bitte bei ihm anmelden: Klaus Kipnik, ul. Plac Mickiewiewiza 23/2, PL 12-230 Biala Piska, Tel.: 0048 50 253 90 65 oder 0048 87 423 92 50. Die ev. Kapelle ist vom Hof des Rathauises und von der Straße zugänglich. Kontakt in Deutschland: Frau Hildegard Schmolke, Tel.: 040 513 288 47[1]
Der einstige evangelische Friedhof, zu dem Gräber der 1915 im Raum Bialla gefallenen Soldaten gehören, wurde von den heutigen Einwohnern des Städtchens restauriert.[2]
In Biala Piska geboren ist die Professorin für Linguistik Alicja Nagórko (*7. 7. 1947), ehemalige Lehrbeauftragte der Humboldt-Universität in Berlin, die sich u. a. mit dem Buch “Berührungslinien. Polnischer Literatur und Sprache aus der Perspektive des deutsch-polnischen kulturellen Austauschs” (2006) bekannt gemacht hat. Promotion 1977, Habilitation 1986, 1996 Berufung an die Humboldt-Universität Berlin, 2006 – 2008 Direktorin des Instituts für Slawistik der HU.[3]