Als das Große Moskauer Konzil 1666/67 unter der Leitung des Moskauer Patriarchen Nicon eine veränderte Liturgie und Änderungen an der altslavischen Bibel beschloß, war dies der letzte Anstoß für eine Gruppe von Gläubigen, sich von der etablierten griechisch-orthodoxen Glaubensrichtung abzuspalten. Die Sektierer wollten an der bisherigen, ihrer Meinung nach unverfälschten Bibelübersetzung festhalten und sich die von alters her verwendeten Gebets- und Gesangsbücher nicht nehmen lassen.
Auch andere kirchliche Gebräuche und Institutionen lehnten sie ab. So akzeptierten sie keinen Popen, weil sie die Priesterweihe ablehnten. Statt dessen versah bei ihnen der Staryk, ein gewählter Ältester, den Gottesdienst, indem er aus dem Evangelium vorlas, vorbetete und Psalmen sang. Als Sakramente gab es nur Taufe und Beichte, >, es gab keine Einsegnungen, keine Trauungen , kein Abendmahl, keine Eidesleistung Kein Theater, Tabak, Kaffee, Medizin und der Militärdienst sowie ein Gebet für den Zaren wurden verweigert.[1]
Ein junger Mann durfte erst nach Vollendung des 20. Lebensjahrs einen Hausstand gründen, wobei die Lebensgefährtin den Vornamen des Mannes annahm – einen Familiennamen gab es nicht. Die Frau hatte sich dem Haushaltungsvorstand bedingungslos unterzuordnen, durfte gezüchtigt werden, besaß kein Erbrecht und konnte verstoßen werden, wann immer es ihrem hohen Herrn gefiel.
Da ihnen das Althergebrachte, Unverfälschte so sehr am Herzen lag, nannte man sie die “staroweczi” oder “Altgläubigen”. Sie selbst bezeichneten sich als “Philipponen”, abgeleitet vom Namen ihres ersten Oberhaupts Philip Pustoswiat. Als Sekte mit sehr extremen Grundsätzen wurden sie in den Jahrhunderten streng verfolgt – eigenartigerweise jedoch nicht während des Zeitabschnitts der Sowjetunion, denn Philipponen gibt es auch noch in unserer Zeit.
Einige der im 18. Jh. in Rußland Verfolgten wanderten nach Polen aus. Mit der dritten Teilung Polens kamen sie jedoch wieder unter russische Herrschaft. Um sich erneuten Verfolgungen zu entziehen, entschlossen sich die Altgläubigen der Gemeinde Glebkirów im Bezirk Augustów unter Staryk Jasim Borissow, nach Preußen zu übersiedeln, wo man ihnen mit Toleranz begegnete. Sie kamen um 1824 auch aus dem Gebiet von Suwalki und Sejny, später aus dem fernen Rußland und sie lebten zunächst als geschätzte Waldarbeiter in der Johannisburger Heide. Die endgültige Erlaubnis zur Ansiedlung erhielten sie 1825 unter der Bedingung, dass sie nur unkultiviertes Land erwerben durften. Der Forstmeister Eckert, der sie betreute, betrieb ab 1829 ihre Ansiedlung im Gebiet der Krutinna.
Allerdings war die Eingliederung der in dieser Zeit rd. 500 Sektenmitglieder doch nicht völlig unproblematisch. Die Philipponen verweigerten aufgrund ihres Bekenntnisses die Annahme eines Familiennamens, den Militärdienst und die Eidesleistung und sie ließen ihre Mädchen nicht beschulen. Das wollten viele Preußen nicht hinnehmen. Es gab heftige Konflikte, und in Folge zunächst mangelhafter Integration betrank sich so mancher Altgläubige und randalierte, suchte Händel mit den Nachbarn, stahl Fische und Holz. Mit der Zeit aber fand man Kompromisse für das gesellschaftliche Zusammenleben mit den Philipponen. Sie assimilierten sich Schritt für Schritt und 1945 mußten auch sie fliehen.
[1] Marianne Kopp, Die Philipponen im Werk von Fritz Skowronnek, Masurische Storchenpost, Juli 2013, S. 12