Geschichte der Tannenbergschlacht von 1914

Zwei russische Armeen fielen Mitte August 1914 in Ostpreußen ein, und zwar im nördlichen Bereich die Njemen-Armee unter dem Befehl von General Rennenkampff, die Königsberg erobern sollte, und die Narew-Armee unter dem Kommando von General Samsonow, die zwischen Szczytno – Ortelsburg und Mlawa auf die Weichsel zu marschierte, um Ostpreußen vom übrigen Reich abzuschneiden. Die Njemen-Armee bestand aus 20 Divisionen mit 199.000 Soldaten und die Narew-Armee aus 17 Divisionen mit 196.000 Soldaten. Dem standen mit der 8. deutschen Armee 175.000 Soldaten gegenüber. Am 15. 8. 1914 überschritten die Russen bei Eydtkuhnen die Grenze zu Ostpreußen.[1] Die russischen Streitkräfte waren den deutschen an Personal und Feuerkraft zwei- bis dreifach überlegen.

Die leitenden Militärs auf deutscher Seite waren zunächst General von Prittwitz  mit seinem Generalstabschef Graf Waldersee. Diese beiden Militärs wollten nach der verlorenen Schlacht von Gumbinnen alle Truppen hinter die Weichsel zurücknehmen und Ostpreußen den vorwärtsdrängenden Russen preisgeben. Der in diesem Zusammenhang erteile Befehl, die Erntevorräte und Viehbestände hinter die Weichsel zurück zu nehmen, löste eine panikartige Fluchtbewegung der Landbevölkerung aus. Den Plan von General von Prittwitz akzeptierte die zentrale Kriegsleitung nicht. Sie befürchtete die Aufgabe eines wichtigen landwirtschaftlichen Gebiets, einen hohen Prestigeverlust und die Gefahr des weiterführenden Vormarschs auf Berlin.

Deshalb wurden diese Armeeführer vom Großen Hauptquartier in Koblenz am 20. 8. 1914 abgesetzt und durch General Paul v. Hindenburg (1847 – 1934), der schon längst seinen Abschied genommen hatte, und „den Helden von Lüttich“ General Erich Ludendorff (1865 – 1937) als sein Generalstabschef  ersetzt, wobei der in sich ruhende Hindenburg den impulsiven und teils unleidlichen Ludendorff im Zaum halten sollte, was auch weitgehend gelang. Das ging alles sehr schnell. Am 22. August willigte Hindenburg in seine Reaktivierung ein, am 23. August fuhr er mit Ludendorff zusammen im Sonderzug an die Front und am 25. August abends war der deutsche Aufmarsch nach Ludendorffs Plan weitgehend abgeschlossen.[2]

Die neuen Führer konzentrierten sich zunächst auf die Narew-Armee, denn die unterlegenen deutschen Kräfte hatten nur eine Chance, wenn sie die Russen getrennt und nacheinander schlagen konnten. In einer 5-tägigen Kesselschlacht vom 26. – 30. August 1914 schlugen die deutschen Truppen ihren südlichen russischen Gegner vernichtend, wobei ihnen zu Hilfe kam, dass der deutsche Geheimdienst die Funkbefehle von General Samsonow entschlüsselte und damit dessen taktische Planung bekannt machte. Außerdem hatten die Deutschen das Glück, dass die andere russische Armee unter General Rennenkampff untätig in der Gegend von Gumbinnen, wo sie gerade eine Schlacht gewonnen hatte, verharrte und nicht in die Kämpfe eingriff.

Die Einkesselung der Narew-Armee erfolgte im Gebiet Neidenburg – Mühlen – Hohenstein – Allenstein – Passenheim – Ortelsburg – Willenberg – Muschaken. Zu Beginn der Schlacht standen 150.000 Deutsche den 196.000 Russen der Samsonow-Armee gegenüber. 90.000 Russen ergaben sich und kamen in die Gefangenschaft. Es war die größte Schlacht des 1. Weltkriegs und eine der größten Schlachten überhaupt.[3] Auf Vorschlag von Oberstleutnant Max Hoffmann, 1. Generalstabsoffizier der 8. Armee, benannte man die Schlacht in Anlehnung an die Schlacht von 1410 nach dem eher am Rand des Geschehens liegenden Dorf Tannenberg[4] Nach seiner Niederlage beging General Samsonow in der Gegend von Ortelsburg Selbstmord.

[1] Lorenz Grimoni, Die Kämpfe in Ostpreußen 1914/1915, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2014, S. 21

[2] Jürgen Ehmann, Das Tannenberg-Denkmal, KG Osterode 2022, S. 10 f

[3] Hans Graf zu Dohna, Waldburg-Capustigall, S. 35

[4] Lorenz Grimoni, Die Kämpfe in Ostpreußen 1914/1915, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2014, S. 22