Glaubitten

Glowbity – Glaubitten

Der Ort Glaubitten wurde 1362 gegründet, als Hochmeister Winrich von Kniprode einem Prußen hier 8 Hufen Land nach Kulmischem Recht verlieh. Genannt witd auch Hans Blasenberg, aber dieser Name klingt nicht sehr prußisch.[1]

Im Jahr 1830 übernahm Johann Leopold Boehm aus Königsberg das Gut. Der schwere Boden wurde kultiviert und darauf Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben angepflanzt. Daneben legte der Betrieb seinen Schwerpunkt auf Pferde- und Rinderzucht.

Nachfolger Otto Boehm (12.10.1817 in Metgethen – 16. 2. 1897 in Königsberg), war ein sehr fortschrittlicher Mensch. Seiner Weitsicht hatte es Korschen zu verdanken, dass hier ein bedeutender Eisenbahnknotenpunkt entstand, denn er stellte als Mitbegründer der Ostpreußischen Südbahngesellschaft der im Bau befindlichen Eisenbahn, die von Pillau nach Königsberg und von dort weiter über Lyck nach Prostken führen sollte, das in dieser Gegend dringend benötigte Bauland zur Verfügung, das die Schippenbeiler den Bahnkonzessionären verweigert hatten. Er war auch der Bauherr des neogotischen Herrenhauses von 1853, das im Januar 1945 in den Kriegshandlungen abbrannte.

Der eine Sohn von Otto Boehm war Julius Boehm, der das Gut 1896 übernahm. In dessen Zeit trafen sich in Glaubitten erlauchte Gäste, um an den seinerzeit berühmten Jagden des Gutsherrn teilzunehmen, den man wegen seiner Passion auch „Fasanenboehm“ nannte. Der andere Sohn Otto (14. 5. 1855 – 1. 4. 1921) erhielt zu seiner Hochzeit mit Elisabet Steppuhn, der späteren Begründerin des Landfrauenverbandes, das Gut Lamgarben geschenkt. Im Unterschied zu seinem Bruder Julius nannte man ihn den “Hasen-Boehm“.

Julius Boehm ließ auf dem gesamten Gutsland die Drainagen anlegen, baute ein Sägewerk und eine eigene elektrische Kraftanlage und richtete ein Anschlußgleis an den 3 km entfernten Bahnhof Korschen ein. Im Eichenhauer Wald legte er stilgerecht eine „Fasanerie“ an.

Der letzte deutsche Besitzer, Jochen Boehm, wurde 1945 zum Volkssturm eingezogen und fiel am 29. 1. 1945. 1939 war das Gut 1.267 ha groß. Davon entfielen auf das Ackerland 806 ha, auf Wald 176 ha, auf Wiesen und Weiden 235 ha. Es wurden vielfach Zuckerrüben und Raps angebaut. In den Ställen standen 223 Pferde und 286 Rinder. Beschäftigt wurden 189 Personen.

Eine Tochter von Otto Boehm war die spätere Frauenrechtlerin Hanna Elmire Flora, verheiratete Bieber-Boehm (6. 2. 1851 – 15. 4. 1910). Sie ließ sich in Berlin, Paris und München zur Malerin ausbilden, reiste ausgiebig durch Italien, Frankreich und sogar den Orient, um sich dann in Berlin niederzulassen. Hier lernte sie den sieben Jahre jüngeren Jurastudenten Richard Bieber kennen und lieben. Da der Pfarrer der Berliner Marienkirche sich weigerte, die beiden wegen der jüdischen Abstammung des Ehemanns zu trauen, heiratete man nur standesamtlich, was damals noch als recht unkonventionell galt. Bald wandte sie sich den sozialen Problemen zu, die mit der aufstrebenden Metropole Berlin einher gingen und gründete 1889 zusammen mit ihrem Mann den „Sittlichkeitsverein Jugendschutz“, der Heime betrieb, in denen (“gefallene”) junge Mädchen und „verführter Männer“ Unterkunft, Verpflegung und Haushaltsunterricht erhielten und engagierten sich gegen die staatliche Regulierung der Prostitution [2]


[1] Der Kreis Rastenburg in der Vergangenheit, Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, 2018, S. 21
[2] Zur familiären Konstellation siehe Gerhard Boehm, 23. 12. 2010 – gerboe@t-online.de, Wikipedia


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