Dobrocin – Groß Bestendorf Gutsgeschichte
Der nachfolgende Text wurde von Hubertus Frhr. von der Goltz-Domhardt, Potsdam, begutachtet und ergänzt.
Ein Dorf existierte bereits 1265. Das Gut gehörte ab dem 15. Jh. der Familie v. Wilmsdorf, in polnischer Diktion v. Wilamowski. 1753 kaufte Friedrich Ludwig I. Graf Truchseß zu Waldburg aus Capustigall den Besitz Bestendorf. Sein Sohn Karl, Generalmajor, erbte Bestendorf und veräußerte das Gut 1792 an Ludwig Friedrich Frhr. von Domhardt (um 1742 – 1814) mit den Vorwerken Nasewitt, Gallinden und Klein Wilmsdorf. 1796 kaufte er das Gut Groß Samrodt mit den Vorwerken Klein Samrodt, Wackelsdorf, Mahrau, Rehberg, und Pfahlsdorf dazu.und nannte es Gross Bestendorf. Sein Vater Johann Friedrich von Domhardt (1712 – 1781, 1771 nobilitiert), Oberpräsident von Ostpreußen, war das bekannteste Mitglied der Familie und zählte zu den bedeutendsten Verwaltungsbeamten des friderizianischen Preußen.1836 wurde der ganze Besitz von Otto Heinrich Friedrich v. Domhardt (1756-1835) dem jüngsten Bruder von Ludwig F.v.D., zum Fideikommiß gestiftet.
Alfred Friedrich Gustav von Domhardt (1792 in Worienen/Pr.-Eylau – 1856 in Gr. Bestendorf), Leutnant der Reserve, hat in der Zeit von 1811-13 u. 1817-19 an der Albertina in Königsberg studiert und dort seinen Abschluß mit der Prüfung zum Gerichtsreferendar (Auscultator) gemacht. In der Zeit von 1813-1817 diente er im Zuge der Befreiungskriege beim Militär.
Sein ältester Sohn Alfred von Domhardt (18472 – 1862) und Nachfolger als Gutsherr verunglückte als Jura-Student in Heidelberg bei der Besteigung des Glockenturms des Klosters in Allerheiligen bei Oberkirch, Baden-Württemberg tödlich. Deshalb folgte ihm sein Bruder Gebhardt von Domhardt (1848 – 1896) als Majoratsherr, der aber auch in recht jungen Jahren starb.[1] Zur Erinnerung an Alfred von Domhardt errichtete man wesentlich später einen Gedenkstein in Form eines Kreuzes oberhalb des Glockenturms, den man 2008 nach einer Geländebereinigung überraschend wieder entdeckte.[2]
Um 1870 heiratete die Schwester von Alfred und Gebhardt einen Freiherrn Karl von der Goltz. Aus dieser Ehe stammen 3 Kinder, wovon der Jüngste Siegfried (1870-1945) war. Da es keinen männlichen Erben der Domhardt-Linie mehr gab, erbte deren Sohn Siegfried Frhr. v. d. Goltz 1896 den Besitz von seinem Urur-Großvater und nannte sich seitdem „von der Goltz-Domhardt“.
Das eindrucksvolle Herrenhaus mit halbrunden Fenstern im Erdgeschoß, zwei Türmen und Nebengebäuden hat den 2. Weltkrieg und die Zeit danach überlebt. Seit 1946 war hier eine Landwirtschaftsschule untergebracht. Die zog mit der Errichtung eines Schulneubaus in den 1970er Jahren aus, pflegte die Anlagen aber noch weiter und heizte die Räume bis 1993. Danach trat Verfall ein, doch im Jahr 2001 kaufte eine Privatperson den Herrensitz.
Ein Erstbau stand hier bereits 1530. Das jetzige Gebäudeensemble aus dem 1. Viertel des 18. Jhs. wurde in den vierziger Jahren des 19. Jhs. und im 20. Jh. im Stil der Zeit verändert. Das heutige Aussehen stammt wesentlich aus den 1840er Jahren. Im Innern überlebten Türen und Fensterrahmen aus dem 18. und 19. Jh., dazu einige Stuckdecken, die Kassettendecke aus Holz im Erdgeschoß samt Terrakottaboden, einige Kamine (darunter ein maniristischer von 1639) und Kachelöfen (darunter eine runder, weißer, klassizistischer aus dem 19. Jh.).
Vom 19. Jh. bis zum 2. Weltkkrieg betrieb man eine vorbildliche und vielfältige Landwirtschaft, züchtete Trakehner und unterhielt eine Deckstation für das Landgestüt Braunsberg. In den Ställen standen über 1.000 Rinder und 10 Zuchtbullen, 45 Stutbuchstuten und 200 Arbeitspferde. Es gab 1600 Schafe und Lämmer. Vor dem Krieg wurden jährlich 1.000 Mastschweine verkauft. Die 66 ha Teiche lieferten jährlich 5 to Karpfen und 3 to Schleie, der 2.465 ha große Wald erbrachte 16.000 Festmeter Derbholz und auf den restlichen rd. 2.800 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche wurden Getreide und Hackfrüchte angebaut. Der Bestendorfer Forst war dadurch überregional bekannt, daß er gutes Eichen-Furnierholz lieferte. Insgesamt verfügte der imponierende Besitz über eine Fläche von 5.435 ha.
Der letzte deutsche Besitzer, Otto Frhr. v. d. Goltz-Domhardt, der sich nach dem Krieg mit einem Fuhrgeschäft den Lebensunterhalt verdiente (1946 – 47),war Treuhänder in Gödens als Verwalter des Wedelschen Gutes, von 1955 bis 1960 im Holzhandel der Jod-O-Steinbeck oHG als pers. haftender Gesellschafter tätig. Ab 1960 – 65 war er Pächter der Baumschule Vorwerksbusch in Reinbek. war von 1963 – 1974 Kreisvertreter von Mohrungen, zeitweise auch Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Ostpreußen und starb 1989 im Alter von 84 Jahren in Reinbek bei Hamburg.
[1] Kletterpartie endete tödlich, Baden online, 12. 2. 2014
[2] Irmi Gegner-Sünkler, http://www.genealogie-tagebuch.de/