Grünhagen

Zielonka Paslecka – Grünhagen

Der Ort an der Hauptstraße von Paslek – Pr. Holland nach Maldyty – Maldeuten wurde um 1300 gegründet. Bei der in der Literatur aufgeführten Handfeste von 1483 handelt es sich, so der aus Grünhagen stammende Manfred A. H. Hahn, lediglich um die Reduzierung der Scharwerks-verpflichtungen der Einwohner. Die Kanzleikopie der “Scharwerkshandfeste” aus dem Jahre 1483 für Grünhain” liegt übrigens im Geheimen Staatsarchiv, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in Berlin-Dahlem. Die Grünhagener hatten sich eine Abschrift dieser Kopie aus dem herzoglichen Archiv in jahrzehntelangem Ringen regelrecht erstritten (Quelle: Manfred Hahn).

Auch gehörte Grünhagen nicht zu dem Besitz Quittainen, wie zu lesen war, sondern der Herr auf Quittainen übte nur das Patronat über Gemeinde und Kirche von Grünhagen aus.

Während der allgemeinen Fluchtbewegung in dieser Gegend ereignete sich auf dem Bahnhof von Grünhagen in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 1945 ein schwerer Eisenbahnunfall, als ein mit Flüchtlingen überfüllter Zug auf einen haltenden Lazarettzug auffuhr. In die danach auf dem Bahnhof Grünhagen auf einen Ersatzzug wartende Menschenmenge eröffneten die inzwischen eingetroffenen sowjetischen Panzer das Feuer, wodurch viele weitere Menschen ihr Leben verloren. Eine Dokumentation über dieses Unglück ist zusammengestellt worden von Heinz Timmreck, Schwalbenweg 7, 32107 Bad Salzuflen, Telefon: 05222-7403 – Email: mail@heinz-timmreck.de – FAX: 03212 123 74 02 und ist inzwischen als Buch veröffentlicht worden – siehe auch http://www.heinz-timmreck.de

Der Kirche in Grünhagen ist folgender Beitrag von Manfred Hahn gewidmet:

„Die jetzige Kirche zu Grünhagen wurde in den Jahren 1779 bis 1792 als  Protestantische Kirche im spätbarocken Stil erbaut (Dokument im Turmknauf v. 12.August 1779, durch Schuss- und Witterungseinwirkungen inzwischen zerfallen). 1844 Beseitigung der Orkanschäden am Turm vom Januar 1818 (Erneuerung des Dachverbandes, der Eindeckung und der Turmstange). (Dokument vom 18.September/25. Oktober 1844 im Turmknauf) !913 Restaurierung der Kirche vom Montag, dem 2.Juli bis Herbst 1913 (s. a. Dokument im Turmknauf).

Die älteste Glocke im Turm stammt aus dem Jahre 1506. also noch aus vorreformatorischer Zeit. Sie trägt u. a. die lat. Inschrift: O Jesu Christe, Du Sohn des lebendigen Gottes erbarme Dich unser Maria Im Jahre des Herrn Grunau 1506. Ein Herr Grunau aus Grunau/Höhe bei Elbing war offenbar der Stifter der Glocke.

Seit Juli 1945 steht die Kirche unter der Regie der Römisch-Katholischen Kirche in Polen. Inzwischen wurde das Innere der Kirche entsprechend katholischem Verständnis prachtvoll um- und mit Bildern und Heiligenfiguren ausgestaltet, die zum Teil noch aus Wolhynien stammen. Die seitlichen Emporen und das Patronatsgestühl wurden ausgebaut. Stern und Knauf des Turmes sind 1975 durch ein Turmkreuz ersetzt worden. Die Fragmente der Dokumente aus dem Knauf werden im Bischöflichen Archiv in Allenstein aufbewahrt. Helmstange mit Wetterfahne und Turmkugel (Durchschüsse aus dem Jahre 1945) sind neben der Kirche aufgestellt worden. Die Kirche, Johannes dem Täufer gewidmet, ist ein Sanktuarium/ Wallfahrtsort vor allem der aus Podolien und Wolhynien vertriebenen Polen geworden. Dort wird auch seit 1987 ein Bild des Barmherzigen Jesu von Tarnoruda aus der Heimat der ehemaligen Grenzlandbewohner gezeigt, das aus Tarnoruda stammt und das die Überlebenden der Verschleppung nach Kasachstan schließlich in Grünhagen/Zielonka Paslecka wieder begrüßen konnten.

Am 24. Juni 2001 wurde in der Kirche gemeinsam mit ehemaligen und jetzigen Bewohnern eine Gedenktafel eingeweiht, die an die Menschen im Kirchspiel Grünhagen in der Zeit von 1300-1945 erinnern soll. Es ist inzwischen zu einer schönen Tradition geworden, dass Reisegruppen der “Grünhägener” bei Besuchen in der Heimat nach Möglichkeit am Gottesdienst in der Kirche teilnehmen und dort vom Pfarrer Dekan Ceslaw Drezek vor der Gemeinde herzlich begrüßt werden.

Literatur

Heinz Timmreck, Letzte Flüchtlingszüge aus Ostpreußen

Mit Beginn meines Ruhestandes im Sommer 2000 habe ich mich u. a. auch mit Familienforschung beschäftigt und die damals selbst erlebten Geschehnisse aus der Erinnerung aufgeschrieben und darüber in der Osteroder Zeitung ausführlich berichtet. Aufgrund der mir daraufhin zugegangenen Anrufe und Berichte wurde ich angeregt, mich mit der Zugkatastrophe bei Grünhagen im Kreis Preußisch Holland in Ostpreußen näher zu befassen. Diese Tragödie hatte zwar nicht die Ausmaße der Großkatastrophen wie die der Flüchtlingsschiffe „Wilhelm Gustloff“, „Goya“ und „Steuben“, war aber für die Betroffenen ebenso schrecklich und traumatisch.

Bei meinen vielen Gesprächen mit Augenzeugen habe ich immer wieder erfahren müssen, dass die damaligen traumatischen Erlebnisse in fast allen Fällen seelisch noch nicht restlos aufgearbeitet wurden. Ich selbst konnte meine Erlebnisse nicht zu Ende erzählen, weil mich die Erinnerung daran gefühlsmäßig überwältigte. Erst, nachdem ich meine Erlebnisse niedergeschrieben hatte und mich seitdem mit dieser Tragödie befasse, kann ich darüber reden. Damals gab es bei tragischen Ereignissen keine Psychologen, im Gegensatz zu heute.

Die mir zugegangenen Augenzeugenberichte und meine eigenen Erlebnisse haben mich bewogen, all dieses in einem Buch zusammenzufassen:

Das Buch „Letzte Flüchtlingszüge aus Ostpreußen“ füllt zum Thema „Flucht und Vertreibung“ für Historiker, Geschichtsinteressierte sowie Heimatvertriebene und deren Nachkommen eine Lücke, denn es handelt sich um eine erste zusammenhängende Darstellung der letzten Flüchtlingszüge aus Ostpreußen.

Trotz ständigen Vorrückens der Roten Armee im Rahmen der am 13. Januar 1945 begonnenen Winteroffensive durften bei Androhung von Strafen weder Fluchtvorbereitungen getroffen noch die Flucht selbst angetreten werden. Eine vorsorgliche Evakuierung der Bevölkerung gab es nicht, sodass die Menschen – mit den schnell vorstoßenden russischen Einheiten im Nacken – überstürzt ihre Wohnungen, Häuser und Höfe verlassen mussten. Die flüchtenden Menschen versuchten wegen der drohenden Einkesselung Ostpreußens, im Treck oder mit den letzten Zügen die rettenden Häfen in der Danziger Bucht zu erreichen. Einige dieser Züge fuhren sogar weiter, und zwar die pommersche Küste entlang u. a. nach Berlin und Sachsen.

Das Buch enthält mehr als 80 überwiegend noch nicht veröffentlichte Berichte von Augenzeugen. Zur Dokumentation und Illustration wurden von den Zeitzeugen auch Fotos und Urkunden zur Verfügung gestellt.

Ich selbst überlebte als fast Achtjähriger vor 66 Jahren das Zugunglück bei Grünhagen. Nach Schätzungen von Augenzeugen haben durch das Zugunglück und insbesondere durch den Beschuss russischer Panzer in die auf dem Bahnhof wartende Menschenmenge mehrere Hundert Menschen ihr Leben verloren. Zudem gab es eine unbekannte Anzahl von Verletzten und Verwundeten. Durch die Blockierung der Eisenbahnstrecke waren mehrere Tausend Flüchtlinge betroffen.

Außer diesem Zugunglück vom 22. Januar 1945 ist die Zeit unter der russischen Besatzung 1945 ein weiterer Themenschwerpunkt der aufgenommenen Zeitzeugenberichte.

32107 Bad Salzuflen, im April 2011

Heinz Timmreck

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Links

Familienforschung Timmreck

Bericht über die Flüchtlingstragödie in Grünhagen

Siehe http://www.heinz-timmreck.de/