Die Ordensburg von 1325, 500 m südöstlich der Stadt, wurde zunächst als Konventhaus geplant, dann aber als Sitz eines Pflegers eingerichtet, der dem Komtur von Königsberg unterstand. Zunächst als Holz-Erde-Bauwerk unter dem Königsberger Komtur Heinrich von Eysenberg ausgeführt, wurde die Burg in Stein vor Ende des 14. Jhs. Jahrhunderts gebaut und 1395 erstmals erwähnt. Weiterer Ausbau 1406 im Zusammenhang mit dem Bau der Stadtbefestigung.
Vom 15. bis zum 19. Jh. verblieb die Burg im Besitz der Familie vSchlieben, die zwischenzeitlich über einen Riesenbesitz zwischen Korschen und Wehlau verfügte, der sich aber durch Erbteilung zeitweilig sehr zersplitterte.
Als Folge der Belastungen der napoleonischen Zeit konnte der Schliebensche Fideikommiß nicht erhalten bleiben. Durch Kauf fiel Gut Gerdauen 1831 an Konrad Frhr. von Romberg (1783 – 1833) aus Hamm/Westf. und 1882 kaufte Alfred von Janson (1852 – 1943) das 5.500 ha große Gut bei der Zwangsversteigerung des Rombergschen Besitzes für etwa 2 Millionen Mark, wesentlich wohl durch einen Geldbetrag aus dem Erbe seines Großvaters Friedrich Tamnau[1], Mineraloge und Bankier in Berlin. Die Familie von Janson stammte ursprünglich aus Schottland und gelangte bereits im Zuge der Reformation nach Preußen. Der Vater von Alfred von Janson, Ernst August Theodor von Janson, besaß das Gut Gehdau im Kreis Heiligenbeil, das er verkaufte, um das Gut in Borken im Kreis Pr. Eylau zu erwerben.
Alfred v. Janson war seit dem 19. Januar 1883 verheiratet mit Anna, geb. Gräfin v. Klinckowstroem (1863 – 1937). Sie hatten die Kinder Freda (1883 – 1941), Ellen (1885 -1972)und Martin (1887 – 1945). Alfred von Janson hatte Chemie und Landwirtschaft studiert, war also ein gut ausgebildeter und dann ein erfolgreicher Gutsbesitzer und Unternehmer und schaffte es, seinen neuen Besitz zu hoher Blüte zu bringen. Er intensivierte die Drainagearbeiten, wandte moderne Düngemethoden an und investierte in innovative Dampfpflüge. Die kleine Landbrauerei in Kinderhof und die Ziegelei baute er zu industriellen Unternehmen aus.[2]
Martin von Janson, als Diplomat politisch gut orientiert und befreundet mit Marion Gräfin Dönhoff, lebte auf dem Gut Borken bei Albrechtsdorf, Kreis Pr. Eylau, bzw. auf dem nahen Gut Pilwen, das geräumiger und komfortabler war als der Stammsitz Borken. Bei der Eroberung Ostpreußens durch die Rote Armee wollte er seine Heimat nicht verlassen und zog es vor, dort seinem Leben ein Ende zu setzen, um der sowjetischen Soldateska nicht in die Hände zu fallen. Martins Sohn aus 1. Ehe, Gert von Janson, fiel am. 18. 11. 1943 im Osten in der Nähe von Smolensk.[3] Der Sohn Claus v. Janson aus 2. Ehe lebt heute in Schleswig.
Im Städtekrieg wurde die Burg 1455 zerstört, vermutlich aber noch einmal aufgebaut, 1655 teilweise zerstört, 1672 als im Verfall begriffen beschrieben und die Ruine als Altschloss 1872 – 1874 im damals modernen Baustil wieder bewohnbar gemacht. Die Gestaltungsentwürfe für die beiden Gerdauener Schlösser – Alt und Neu – im neoromanischen und neogotischen Stil aus der Zeit 1850 – 1855 stammten von dem Berliner Architekten Eduard Knoblauch (1801 – 1865), Schinkel-Schüler, der auch für die Neue Synagoge in der Berliner Oranienburger Straße in Mitte verantwortlich zeichnete.[4] Allerdings wohnte 1812 beim Aufmarsch der Franzosen für den Russlandfeldzug noch Marschall Ney einige Tage im alten Schloss. Ansonsten wohnten in neuerer Zeit dort der Diener und der Kutscher mit ihren Familien in geräumigen Wohnungen und der Schlossherr verfügte hier über ein Labor für chemische Experimente. Während des 2. Weltkrieges quartierte sich in der Burg der Stab einer Luftwaffeneinheit mit ihrer technischen Ausrüstung ein. Um diese Ausrüstung nicht den Sowjets in die Hände fallen zu lassen, wurde die Burg vermutlich vor dem Absetzen der deutschen Soldaten gesprengt. Vom Alten Schloss, der „Burg“, blieben die mittelalterlichen Mauern bis zum 1. Stockwerk erhalten. Dem Vernehmen nach plant man seit 1990/91 einen Wiederaufbau als Hotel unter Verwendung der alten Grundmauern und des Erdgeschosses. Daraus wurde bisher nichts. Von der ursprünglichen Substanz blieben Teile der Keller mit Kreuzgewölbe aus der Zeit um 1400 erhalten.
Das Neue Schloss, ein keinem besonderen Stil verpflichtetes Herrenhaus, das zur Mitte des 19. Jhs. gegenüber der Burg dazu kam und zum Ende des 19. Jhs. unter v. Janson renoviert wurde, bestand aus einem Winkelbau mit unterschiedlich langen Flügeln. Im linken Flügel befanden sich ebenerdig Wirtschaftsräume mit Küche. Das Obergeschoß des Winkelbaus nahm Schlaf-, Wohn- und Essraum für die Familie des Hausherrn ein. Während des Krieges waren auch im Herrenhaus deutsche Truppenteile einquartiert, vornehmlich Soldaten des Fliegerhorstes. Der kurze Flügel des Herrenhauses wurde 1945 zerstört, während der andere Flügel noch nach Kriegsende intakt war. Heute sind keine Reste des Herrenhauses mehr erkennbar.
Gut Kinderhof, die Zentrale der ausgedehnten Landwirtschaft, erstreckte sich jenseits von Schloß und Park Gerdauen. Dazu gehörten die Vorwerke Althof und Döhrings, Neuhof, Trausen, Adamswalde und Christinenfeld. In Althof befand sich der Mittelpunkt der Pferdezucht von Schloß Gerdauen. Auf der Höhe der Zeit befanden sich auch die Viehwirtschaft, die Milchwirtschaft und der Getreideanbau. Allgemein anerkannt waren die Eichenbestände der zum Gut gehörenden Forsten, geleitet von der Forstmeisterei Damerau, die sich hinter Kinderhof am Waldrand befand, zu der die Reviere Spochthaus, Trausen und Altenweg gehörten.
Zum Gutsbesitz gehörte die Brauerei Kinderhof, die älteste und größte Privatbrauerei Ostpreußens[5], die in der letzten deutschen Zeit 60.000 hl Bier und 40.000 hl Fruchtsaftgetränke und Limonaden produzierte. Eine Brauerei existierte bereits zur Ordenszeit. In der Neuzeit wurde sie aber von Baron von Romberg modern begründet und dann in der v. Jansonschen Zeit zu überregionaler Bedeutung geführt. Produziert wurden die Marken „Kinderhöfer Schloßbräu“, „Kinderhöfer Hochmeister Bier“, „Kinderhöfer Caramelbier“. Im Jahr 2002 liefen Verkaufsverhandlungen: die Brauerei sollte von dem St. Petersburger Bierproduzenten „Baltika“ erworben werden. Danach brannte das Hauptgebäude ab. 2006 war keine Bewegung auf dem Gelände zu erkennen.
Mit der Burg zusammen entstand daneben 1325 am Ausfluß der Omet aus dem Banktinsee durch den Mühlengraben eine Mühle, 1437 erstmals erwähnt. Ihre Grundmauern bestanden noch bis 1905. Die heutige Mühle, die 1906 oder 1909[6] errichtet worden war, ist auf der linken Seite zerstört. Außerdem komplettierte Alfred von Janson die Landwirtschaft um eine große Handelsgärtnerei, einen Fischzuchtbetrieb, eine Ringofenziegelei und ein Sägewerk.
Im Januar 1945 wurde die oberste Etage des Altschlosses von der dort stationierten Luftwaffe gesprengt, weil die dort fest installierte militärische Einrichtung nicht in Feindeshände fallen sollte. Dabei wurde auch das Dach zerstört. Das Neue Schloss, das neben der Mühle und der Brauerei zunächst als Depot für Kunstschätze aus ganz Deutschland diente, darunter die Sixtinische Madonna und das Grüne Gewölbe[7], verfiel in der nachfolgenden Zeit und wurde letztlich abgeräumt.
Details, Bilder und Grundrisse siehe Wulf D. Wagner, „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen“ , Husum Verlag 2008, S. 546 – 597
[1] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 580
[2] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 144
[3] Vieles aus Elisabeth Neumann, Sonnenjahre – Schattenjahre, Ostpreußische Erinnerungen, zu beziehen bei Ulrich Kühn, Bückeburg, Tel.: 05722 3766. Siehe auch: e-mail von Stephan von Zitzewitz, 13. 3. 2008 – szitzewitz@ezp-law.de
[4] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 578
[5] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 580
[6] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 580
[7] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 597