Der Adelssitz in Tolksdorf erhielt die Handfeste 1344 oder 1364 vom Komtur von Balga, Gottfried von Lynden, und war zu dieser Ordenszeit offenbar bereits befestigt und von einem Wassergraben umgeben. Im 17. Jh. befand sich das Gut im Besith von Ernst v. Eulenburg (1581 – 1665) und dann von Georg Friedrich zu Eilenburg (1641 – 1699), Amtshauptmann von Rhein und Herr auf Prassen. Das barocke Gutshaus entstand um 1650 von Baumeister Georg Müller und wurde 1827/28 spätklassizistisch um- und ausgebaut. Leider fiel es dem letzten Krieg zum Opfer. Nur Teile des Kellers aus dem 16. Jh. blieben unter wucherndem Gestrüpp übrig.
Von der Familie zu Eulenburg in Tolksdorf wurde der Besitz zum Ende des 17. Jahrhunderts der Familie v. d. Groeben vermacht. Im Besitz folgte der Obesleutnant Du Rosey. 1772 erwarb Antoinette Wilhelmine von Bonin (gest. 1782) das Anwesen und heiratete im selben Jahr Philipp Carl Ludwig von Borcke aus Regenwalde in Pommern. 1913 wurde Gustav Graf von Borcke als Eigentümer des Gutes mit einer Fläche von 979 ha aufgeführt. 1925 ging das Gut an Heinrich Graf zu Dohn-Schlobitten über, der mit Maria Agnes, geb. von Borcke, verheiratet war. Nach dessen Tod 1944 war sie die letzte Gutsherrin. Im dreibogigen Hoftor ist ein Borckescher Kappenstein von 1676 eingelassen, der vermutlich aus dem pommerschen Regenwalde hierherkam.
Die zusammen verwalteten Güter Tolksdorf, Plotnick und Groß Altendorf verfügten über eine Fläche von 2.138 ha. Tolksdorf allein hatte 872 ha, davon 489 ha Ackerland, 27 ha Wiese, 37 ha Weide und 297 ha Wald und Gewässer. Die leichten bis schweren Böden boten gute Bedingungen für den Anbau von Kartoffeln und Rüben. Dazu gab es eine sehr effektive Saatgutreinigungsanlage. Ein Schwerpunkt der Wirtschaft war die Zucht von Trakehner Pferden, aber auch von Rindern und Schweinen. Zum Pferdebestand gehörten 300 Tiere, 30 Warmblut-Zuchtstuten und ein Deckhengst sowie 20 Zuchtstuten für schwere Arbeitspferde. Auf Gut Tolksdorf gab es auch eine Deckstation des Landgestüts Rastenburg. Die 650 Rinder mit 9 Deckbullen waren im ostpreußischen Herdbuch eingetragen. Die 850 Zucht- und Mastschweine folgten aus der Stammzucht des Deutschen Edelschweins. Außerdem gab es eine Stammzucht von 670 Schafen. Es gab ein Sägewerk, das mit Material aus 400 ha Wald versorgt wurde. Beschäftigt wurden 130 Arbeitskräfte und 20 Männer im Herbst als Saisonarbeiter.[1]
Im 1. Weltkrieg wurde das Herrenhaus nicht in Mitleidenschaft gezogen, angeblich, weil sich in der Halle ein Bild von Zar Nikolaus I zu Pferde befand, der damals Chef des preußischen 6. Kürassierregiments war.[2]
Im Vorwerk Plutniki – Plötnick stand ein kleineres Herrenhaus als Witwensitz und Beamtenwohnung. Es wurde in der 2. Hälfte des 19. Jhs. gebaut, hat aber nur gut zur Hälfte überlebt. Heute Privatbesitz.
Heinrich Graf zu Dohna wurde am 15. Oktober 1882 in Waldburg – Capustigall bei Königsberg geboren, Als Teilnehmer an der Widerstandsbewegung gegen Hitler wurde er am 14. 9. 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Schon im Ersten Weltkrieg war Heinrich Graf zu Dohna ab 1914 Generalstabsoffizier und wirkte u. a. in der Operationsabteilung des Großen Generalstabs unter Hindenburg und Ludendorff mit. Nachdem er noch 1919 in der Baltischen Landwehr gegen die Bolschewisten gekämpft hatte, reichte er im Herbst desselben Jahres seinen Abschied ein und widmete sich seitdem öffentlichen und kirchlichen Aufgaben in Ostpreußen. Nach dem Tod seines Schwiegervaters übernahm er 1925 die erfolgreiche Bewirtschaftung von Gut Tolksdorf. Seine landwirtschaftlichen Kenntnisse hatte er sich – wie Alexander zu Dohna-Schlobitten – in Littschen bei Herrn Görg verschafft. In der Zeit, in der Heinrich zu Dohna hier wirtschaftete, zählte das Gut zu den besten Pferdezuchtzentren Ostpreußens.[3] Auf dem kirchlichen Sektor gehörte Heinrich zu Dohna der Bekennenden Kirche an und wurde Mitglied im ostpreußischen Bruderrat, der Not-Kirchenleitung der Bekennenden Kirche.[4]
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war er Chef des Stabes beim Abschnitt Mitte, dann Corpschef in Frankreich, Norwegen und Finnland. Als Generalmajor und Chef beim stellvertretenden Generalkommando in Danzig nahm er 1943 seinen Abschied. Die Verschwörer hatten ihn als Oberpräsidenten von Ostpreußen vorgesehen. Die Bitte, für dieses Amt zur Verfügung zu stehen, überbrachte damals Marion Gräfin Dönhoff.
Seine Frau Maria-Agnes zu Dohna-Schlobitten, geb. von Borcke (1895 – 1983) und Erbin von Tolksdorf wurde zusammen mit ihrem Mann am 21. Juli 1944 verhaftet, überlebte aber im Konzentrationslager Ravensbrück. Ebenfalls verhaftet und vorübergehend inhaftiert wurden zwei zufällig im Haus anwesende Kinder. Carl-Albrecht Graf zu Dohna-Schlobitten a. d. H. Tolksdorf, geboren 1921, fiel im August 1941.[5]
[1] Fabian Graf zu Dohna in Bildarchiv-Ostpreussen.de; Der Kreis Rastenburg in der Vergangenheit, Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, 2018, S. 20
[2] Lothar Graf zu Dohna, Die Dohnas und ihre Häuser II, S. 716 ff
[3] Maria Skribinska, Aus Dietrich Emil wurde Tadeuxz, Masurische Storchenpost Mai 2009, S. 14
[4] Lothar Graf zu Dohna, Die Dohnas und ihre Häuser II, S. 638
[5] Lothar Graf zu Dohna, Die Dohnas und ihre Häuser I, S. 300/302