Im Kapitelsaal des Hochschlosses tagte regelmäßig das Große Kapitel des Gesamtordens, das den Hochmeister und die fünf Großgebietiger wählte. Dem Hochmeister unterstanden außerdem der Deutschmeister in Mergentheim, der für die Verwaltung der deutschen Ordensbesitzungen verantwortlich war, sowie der Landmeister, der vor dem Umzug von Venedig nach Marienburg die militärischen Aktionen in Preußen leitete. Im Kapitelsaal versammelten sich auch regelmäßig dieVertreter der 6 größten Städte des Ordenslandes, die alle gleichzeitig dem Hansebund angehörten: Danzig, Elbing, Königsberg, Thorn, Kulm, Braunsberg.
Aus Westeuropa fanden sich viele “Gäste” ein. Diese gingen mit den Ordensrittern auf “Reisen“. Darunter verstand man militärische Aktionen zur gewaltsamen Christianisierung der Heiden und zur Eroberung heidnischen Landes. Eine Zeit lang war es in Europa unter Rittern weit verbreitete Mode, den Deutschen Orden bei seinem Kampf gegen die Heiden zu unterstützen. Im höchsten Maße erstrebenswert, weil ehrenhaft, war dabei, zu diesem Anlass den Ritterschlag zu erhalten. Die Gäste kamen aus allen Gegenden Europas und aus den verschiedensten Adelshäusern. Es waren Könige, Herzöge und Grafen darunter. Zwischen 1305 und 1409 sind etwa 300 “Reisen” gegen die Heiden nachgewiesen.
Für besonders hochgeachtete Gäste richtete man ab 1374, als das Ordensland in seiner höchsten Blüte stand, zum Abschied einen Ehrentisch aus, der in Meisters Großem Remter stattfand. Zur Bewirtung standen u. a. 400 silberne Trinkbecher bereit.
Zu den besonders noblem Gästen gehörten u. a.
König Ottokar II. von Böhmen,
Johann von Böhmen und sein Sohn, der spätere Kaiser Karl IV.,
Markgraf Ludwig von Brandenburg, Sohn Kaiser Ludwigs IV.
Herzog Albrecht III. von Österreich,
Herzog Heinrich von Niederbayern
Graf Wilhelm IV. von Holland
König Ludwig von Ungarn
Heinrich Derby bzw. Heinrich Bolingbroke[1], ab 1399 König Heinrich IV. von England, beteiligte sich 1390 – 1392 an den ‘Litauerreisen’ des Ordens
Es waren also nicht nur Ordensritter, die das Heidentum bekämpften und Land unter christliche Hoheit brachten, sondern Vertreter der höchsten Führungsschicht aus allen Teilen des mittelalterlichen Europa.
[1] Dagmar Jestrzemski, Späterer Britenherrscher im Deutschordensland, PAZ Nr. 5/2012 (4. Februar), S. 11