Insterburg

Geschichte von Insterburg

Einige Kilometer oberhalb von Insterburg erhebt sich der sagenumwobene Kamswikusberg. Man fand hier Fundamente ehemaliger Befestigungsanlagen sowie Urnengräber und glaubt, dass an diesem Platz eine vom Orden zerstörte Nadrauerfestung stand, deren Stelle später das christliche Wildhaus „Tammovo“ einnahm.

Als man den Standort für eine neue Komturei östlich von Königsberg suchte, entschied sich die Ordensregierung 1336 für einen Platz am Zusammenfluss von Inster und Angerapp zum Pregel. Das hiesige Gebiet war jedoch derart stark umkämpft und unruhig, dass man die Komturei in Insterburg bereits 1347 wieder auflöste und den Verwaltungssitz nur mit einem niederrangigen Pfleger besetzte. Trotz Herunterstufung war die Burg ein häufiger Ausgangspunkt für die „Litauerreisen“ des Ordens mit starker westeuropäischer Beteiligung. 1377 hielt sich Herzog Albrecht III. von Österreich hier auf, 1390 Graf Heinrich Derby, später König Heinrich IV. von England.[2]

Der Pregel ist der bekannteste Fluss Ostpreußens. Der Name bedeutete „Fluss am Berge“. Er mündet in das Frische Haff und ist von Wehlau ab schiffbar. Seine Länge beträgt 125 km. Von Königsberg bis zur Mündung ist er 90 m breit und 6 m tief. Sein Gefälle ist gering.

Die Inster entspringt 15 km nordöstlich von Pillkallen/Schlossberg in den sumpfigen Wiesen um Jägerswalde, Ebenwalde und Grumbkowsfelde. Das Angerapptal ist in der Gegend von Insterburg besonders malerisch. Kurz vor der Einmündung in den Pregel nimmt die Angerapp noch die Wassermengen der Pissa auf. Die Pissa hat in ihrem letzten Abschnitt landschaftlich schöne Uferhöhen auf der linken Seite mit Laubwald und Schluchten wie z. b. die Langkeningker Schlucht, auf der rechten Seite sanfte Ebenen, die aber mitunter von steilen und zerklüfteten Abschnitten abgelöst werden. Diese schöne Gegend war schon in vorgeschichtlicher Zeit und später von den Nadrauern besiedelt. Deren Festung „Unsatrapis“ zerstörte der Orden 1256, eroberte das umgebende Land jedoch erst 20 Jahre später

Obwohl die im Angerapptal bis 1390 errichtete Burg am – linken -Ufer der Angerapp entstand, nannte man den neuen Verwaltungssitz „Insterburg“, angeblich, um eine Verwechslung mit der älteren Siedlung „Angerburg“ zu vermeiden.

Wegen der nur begrenzt befriedeten Lage entwickelte sich die Siedlung neben der Burg sehr zögernd, denn viele Neusiedler wurden durch den häufigen Einfall der Litauer abgeschreckt. Erst im 16. Jh. kam es zur Begründung einer Stadt.

Mit der Begründung des Herzogtums Preußen 1525 wurde Insterburg Hauptamt. In diesem Hauptamt gab es 1544 nur ein einziges Kirchspiel, nämlich Insterburg selbst. Doch dann kam die Kolonisierung in Schwung. Bis 1558 folgte das Kirchdorf Gawaiten und bis 1562 das Kirchdorf Pillupönen. 1590 nannte das Kirchspielverzeichnis 13 Kirchspiele mit rd. 500 Orten.

1541 wurde Insterburg als Stadtflecken anerkannt und Sitz eines Amtshauptmanns und 1583 erfolgte die Erteilung des Stadtprivilegs durch den Regenten Markgraf Georg Friedrich von Hohenzollern-Ansbach.

Ein großer Stadtbrand verwüstete 1590 einen erheblichen Teil der Bauten, doch bereits 1600 war die Erweiterung der Stadtfläche um eine Vorstadt erforderlich. Hundert Jahre später, 1690, tobte eine weitere Feuersbrunst innerhalb der Stadtmauern.

1643 verlegte die Witwe König Gustav Adolfs, Schwester des Großen Kurfürsten, die einem Konflikt mit den schwedischen Reichsräten ausweichen wollte, ihren ständigen Wohnsitz nach Insterburg. Das hinderte die Schweden nicht, die Gemeinde 1678 zu besetzen.

Friedrich Wilhelm I. stellte 1721 auf Empfehlung des Alten Dessauers erstmals in Insterburg ein Kontingent preußischer Ulanen auf, die dem Dragonerregiment General Wuthenaus zugeteilt waren. 1724 stieß Hans Joachim von Zieten (14. 5. 1699 – 27. 1. 1786) – später der „Zieten aus dem Busch“ – als Sekondeleutnant zu diesem Ulanenregiment Wuthenau. Nach Querelen mit seinem Eskadronchef und einer Duellforderung an diesen nahm man Zieten in Königsberg für ein Jahr in Festungshaft, davon ein halbes Jahr auf der Feste Friedrichsburg. Nach seiner Freilassung forderte er seinen Widersacher zum Duell. Daraufhin wurde er vom Kriegsgericht verurteilt und bis auf weiteres aus der Armee entlassen. 1730 gelang es Zieten dann, in eine neu gebildete Husaren-Eskadron in Potsdam einzutreten, zu deren Chef er ein Jahr später wurde. Er bewährte sich in den nachfolgenden Gefechten auf verschiedenen Kriegsschauplätzen, insbesondere in den Schlesischen Kriegen Friedrichs des Großen. Als „Zieten aus dem Busch“ und Chef der „Zieten-Husaren“ war er Gegenstand zahlreicher Anekdoten. Er wurde General-Major und endlich General der Kavallerie und entschied mit seinem Einsatz die Schlacht von Torgau am 3. November 1760.

Zieten machte die militärische Gattung der Husaren berühmt. Anders als die bisherige Schwere Reiterei sollten die Husaren eine bewegliche und selbständig agierende Einheit, eine schnelle Engreiftruppe, sein. Zieten, klein gewachsen, schmächtig mit dünner Stimme, ohne Befehlstonstimme, mit ungezügeltem Temperament, ehrgeizig, war kein großer Stratege, galt aber als Meister des kleinen Krieges mit weiträumigen Erkundungen und schnellen Attacken. Der Überraschungseffekt wurde sein Markenzeichen.

Joachim Hans von Zieten,
Husarengeneral,
Dem Feind die Stirne bieten,
Er tats wohl hundertmal;
Sie habens all erfahren,
Wie er die Pelze wusch,
Mit seinen Leibhusaren
Der Zieten aus dem Busch.
(Fontane, 1846)

1757 – 1762 war Insterburg wie die ganze Provinz von den Russen besetzt. 1812 wohnte Napoleon in Insterburg, und zwar in der Generalstraße 3.

Mit der großen preußischen Verwaltungsreform avancierte Insterburg 1818 zur Kreisstadt im Regierungsbezirk Gumbinnen. 1902 wurde die Stadt Insterburg aus dem Kreis Insterburg ausgeschieden und verselbständigt.

Insterburg verfügte über eine kleine jüdische Gemeinde, die im Jahr 1925 mit 338 Mitgliedern angegeben wurde. Die Synagoge wurde in der Reichspogromnacht nieder gebrannt.

In der Stadt gab es Textil- und Maschinenfabriken wie auch Mühlen, Märkte für Holz, Getreide und hauptsächlich Pferde. Sie war Sitz der Spitzenorganisationen für Pferde- und Viehzucht. Bekannt war der Insterburger Reiterschnaps, ein Klarer mit einem Würfel Zucker und zwei Kaffeebohnen.[1]

Im ersten Weltkrieg wurde die Stadt weniger beschädigt. Der Gouverneur Dr. med. Bierfreund verstand es im Kontakt mit den russischen Besetzern, Ausschreitungen zu verhindern. 1944 und 1945 wurde die Stadt dagegen erheblich zerstört. Beim Bombenangriff am 27. 7. 1944 gingen viele historische und kulturell wertvolle Gebäude für immer verloren. Dennoch hat sich einiges bis in unsere Tage erhalten.

Am 21. 1. 1945 wurde Insterburg von der Roten Armee erobert. Zu Ehren des am 18. 2. 1945 in der Kesselschlacht von Heiligenbeil bei Mehlsack gefallenen Befehlshabers der 3. Weißrussischen Front, General Iwan D. Tschernjachowski, benannte man 1945 Insterburg um in Tschernjachowsk. Das Denkmal des Namensgebers steht gegenüber dem Bahnhofsgebäude.

Ein kleines Porträt von Immanuel Kant, gemalt von Horace Vernet, gelangte aus dem Besitz einer ostpreußischen Familie an den Staatsanwalt Dr. Bercio, der es der Insterburger Altertumsgesellschaft vermachte, und gelangte so 1937 in das Insterburger Museum. Der Museumsdirektor Walter Gronau nahm das Porträt im letzten Moment mit auf die Flucht. Er konnte es trotz Internierung durch die Sowjets bis nach Westdeutschland retten und es ist das einzige Stück, das von der Museumssammlung übriggeblieben ist. In Westdeutschland wurde es 1949 der Gesellschaft der Freunde Kants in Göttingen übergeben und jetzt hängt es in Göttingen im Rektorat der Universität.


[1] Horst Grigat, Das Kirchspiel Saalau, 2007, S. 5
[2] Horst Grigat, Das Kirchspiel Saalau, 2007, S. 4

Literatur

Frieda Jung – Freud und Leid im Leben einer ostpreußischen Dichterin

Husum Verlag 2008, 156 Seiten, brosch., 7.95 € (2008)

Klaus Marczinowski berichtet anschaulich über Freud und Leid von Frieda Jung. Persönliche Aufzeichnungen und Auszüge aus dem Werk runden das Bild ab. Den Leser erwartet eine besinnliche Lektüre und die Begegnung mit einer außergewöhnlichen Frau (Besprechung in der PAZ Nr. 28 vom 12. Juli 2008, S. 13)

Verlagstext:
Das Werk der ostpreußischen Erzählerin und Lyrikerin Frieda Jung wird 80 Jahre nach ihrem Tod mit ausgewählten Texten wieder greifbar. Die biografischen Darstellungen Klaus Marczinowskis bilden den Rahmen für die feinfühlig gewählten Auszüge aus Frieda Jungs Werken. Deren bekannteste sind die Sammlungen von Lyrik und Prosa Freud und Leid (1905) sowie Gestern und Heute (1928) und die Erzählung In der Morgensonne (1910). Frieda Jung beschreibt in ihren Büchern prägnant ihr Leben, das in dem kleinen Ort Kiaulkehmen beginnt und geprägt ist durch Flucht und bittere Tage des Verlustes ebenso wie durch freudige Erlebnisse. Durch ihr ganzes Leben zieht sich wie ein roter Faden das Gottvertrauen, das ihr so häufig Kraft und Stärke gab.
Freud und Leid, ich beuge tief mein Haupt. / Seid mir willkommen! Meine Seele glaubt / Glaubt, dass durch euch, auch wenn sie fehlt und irrt, / Ihr dennoch endlich die Vollendung wird. / Formt denn und biegt mein Herz! Es gibt sich drein, / Und lacht und weint sich still in Gott hinein.

Anhand der anschaulichen Beschreibungen des Autors und der persönlichen Aufzeichnungen von Frieda Jung selbst lernt der Leser nicht nur eine ganz erstaunliche und rührende Persönlichkeit kennen, deren Schriften uns in längst verlorene Zeiten versetzen, auch das alte Ostpreußen wird in seltener Dichte wieder lebendig.

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Links

Website der Stadtgemeinde Insterburg-Tschernjachowsk

Website von Werner Löbel über Drebolienen

Viele Informationen über Drebolienen und Insterburg, Bilder, Stadtpläne, persönliche Erlebnisse, Frieda Jung, Lieder und Gedichte

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