Kirche in Sorquitten

(überarbeitet von F.-W. von Oppeln-Bronikowski, 29. 9. 2009)

Erstmals 1470 wurde die Kirche, 1494 der erste Pfarrer urkundlich erwähnt. Zunächst handelte es sich um eine strohgedeckte Fachwerkkirche, die um 1600 abgerissen und durch eine barocke Steinkirche ersetzt wurde. Die von den Gutsherren gestiftete chorlose Feldsteinkirche dient auch heute noch der evangelischen Glaubensgemeinschaft in Sorquitten und der weiteren Umgebung.

Der östliche Teil mit der Sakristei entstand 1593 – 1607, der westliche 1698/99. Den Turm errichtete man 1701 – 1721. Bei Umbauten 1750 – 1777 setzte man die halbrunden Fenster und das auf kleine Säulen gestützte Tonnengewölbe innen ein und seitdem hat sich das äußere Erscheinungsbild der Kirche nicht mehr gewandelt

Der Turm trägt ein Zeltdach mit einer Wetterfahne von 1777 zur Erinnerung an die Umbauarbeiten im Jahr 1776. Damals war der marode obere Teil des Turm um 35 Fuß abgetragen und im folgenden Jahr so hergerichtet worden, wie er heute noch steht.

Noch in den 1930er Jahren wurde die Kirche innen sorgfältig restauriert. Die wertvollen Altarstücke erhielten sogar noch während des Krieges eine echte Polimetsvergoldung und sind so erhalten geblieben. Dank einer Zuwendung des Konsistoriums in Olsztyn –Allenstein konnte die Außenseite der Kirche restauriert werden. Das Dach erhielt neue hellbraune Dachziegel, nachdem die darunter liegende Schalung erneuert wurde, neue Dachrinnen. Türen und Bogenfenster wurden erneuert. [1]

Wesentliche Teile der Innenausstattung stammen von Isaac Riga um 1701,

  • so die umgestaltete Kanzel von 1694, der schwebende Taufengel, gestiftet von Georg Dietrich von der Groeben, Obergeschoß und Schleier des Altars.
  • der Altar im Stil der Spätrenaissance aus Holz wurde von Friedrich Pfeffer aus Königsberg 1715 mit einem alten, 1623 von Christoph Bilich und Martin Lange geschnitzten Altar zusammenfügt. Der obere Teil und der Schleier sind das Werk von Isaac Riga aus Königsberg aus dem Jahre 1701. Oben im Altar ist das Datum 1642 vermerkt. In der Predella auf dem Altartisch ist das Letzte Abendmahl dargestellt. Der zentrale Teil stellt Golgatha dar. Hier sind auch charakteristische Merkmale für Sorquitten zu sehen: die Fischer und Bauern sowie das Gutshaus der Patronatsherren von Sorquitten vor dem Umbau von 1855-1856 durch Julius von Mirbach und die Patrone der Kirche zu beiden Seiten, links Moses und rechts Aaron. Im Altaraufsatz ein Relief: Die Grablegung, daneben die Figuren der Evangelisten Markus und Lucas. Restaurierung 1941
  • Der Taufengel wurde gestiftet von Georg Dietrich von der Groeben und geschaffen 1701 von Isaac Riga und dem Vergolder Johann Bock. Er kann bei Bedarf mit einem Seilzug von der Decke herabgelassen werden. Taufengel gab es zuerst in Ostpreußen im späten 17. Jh. Von hier aus verbreiteten sie sich in ganz Preußen, vielleicht auch in Deutschland. Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts verschwand dieser Trend wieder.[2]
  • Das Patronatsgestühl entstand um 1615/17 im Stil der Spätrenaissance. Die Seitenwände und die Barockbekrönung wurden im Jahre 1715 vom Bildhauer Reh geschaffen. Man erkennt in den Kartuschen die später angebrachten Wappen der Familien v. d. Groeben, v. Schlieben, v. Mirbach mit der Losung “Leide und meide” und v. Paleske
  • Das Barockkruzifix aus dem Jahre 1710 ist das Werk des örtlichen Pfarrers Johann Riedel (18.4.1671 – 16.6.1737), eines Bruders des Bildhauers Georg Riedel, der den Orgelprospekt schuf (siehe weiter unten). Das Kruzifix wurde 1945 teilweise zerstört. Es handelt sich dabei um ein sog. Pestkreuz zur Erinnerung an die Pest, die 1709-1710 im Sorquitter Kirchspiel gewütet hatte. Hierüber hatte Pfarrer Riedel einen “Gründlichen Bericht, wie die große Strafe Gottes, nehmlich die Pest, in mein Sorquittisches Kirchspiel gekommen und was dabey für Denkwürdigkeiten sich zugetragen, von mir Johann Riedel, Pastore treulich beschrieben als ein Diarium” verfasst.
  • Der Beichtstuhl aus dem Jahre 1702 ist das Werk von Johann Schwarz aus Grünwalde. 1715 wurde er mit Säulenschnecken und ionischer Bekrönung ergänzt. Oben das Lamm als Symbol des Opfers
  • Der Orgelprospekt von 1706 ist ein Werk von Georg Riedel (1676 – 1738), geboren in Sensburg und auch als Organist und Komponist tätig. Ein Nachfahre der Riedels in unserer jetzigen Zeit war verwandt mit dem Kirchenbaumeister Arthur Kickton, der etliche Kirchen in Ostpreußen geplant hat (Quelle: Charlotte Kickton)
  • Die Orgel selbst stammt aus dem Jahre 1876. Es handelt sich um eine Orgel der Orgelbauwerkstatt Sauer in Frankfurt an der Oder mit der Werkzahl 212. Sie war überholungsbedürftig, jedoch konnte im Jahr 2010 die Restaurierung abgeschlossen werden. (Mitteilung von F.-W. v. Oppeln, August 2010). An den Spenden für die Restaurierung, die in den Händen von Orgelbaumeister Christian Scheffler aus Sieversdorf bei Frankfurt/Oder lag, waren maßgeblich die Rotary Clubs in Göttingen, Frankfurt/Oder und Düsseldorf-Pempelfort sowie Albrecht von Klitzing vom “Hotel im Park” in Heinrichshöfen beteiligt[3] Das Eröffnungskonzert nach der Renovierung am 1. Sepütember 2012 bestritt der aus Ostpreußen stammende Komponist und Kirchenmusiker Prof. Oskar Gottlieb Blarr aus Düsseldorf anlässlich des Geburtstags Albrecht von Klitzings.[4] Eine erneute Reparatur durch Firma Sauer/Frankfurt erfolgte im August 2013. Der Klang der Orgel ist geprägt von der Romantik des 19.Jhs.
  • Außerordentliches: bei der Darstellung von Christi Himmelfahrt im Deckengemälde ist nur der Unterleib des auferstandenen Christus mit den Beinen zu sehen – der Oberkörper hat bereits die Decke durchstoßen.
  • Die Innenausstattung der Kirche wurde nach dem 2. Weltkrieg um Gegenstände ergänzt, die aus der dem Verfall preisgegebenen Kirche von Kobulten stammen
  • Nicht öffentlich zugänglich werden in der Kirche drei hölzerne Gedentafeln für die Gefallenen der Gemeinde in den Befreiungskriegen und im Krieg von 1870/1 aufbewahrt
  • Freifrau Ulrike von Mirbach sitftete 1874 eine Glocke aus Stahl, die in der Gußstahlfabrik des Bochumer Vereins gegossen wurde
  • Im Innern gegenüber dem Eingang hängt an der Wand ein überlebensgroßes hölzernes Pestkreuz, das Pfarrer Johannes Riedel (amtierte 1703 – 1737) in der Zeit der Großen Pest 170 eigenhändig geschnitzt hatte. Seit Kriegsende fehlen dem Christus die Arme, aber das Kreuz hat alle Zeiten überlebt.[5]

Die Familie von Mirbach bestattete ihre Toten in einer Grabanlage im Wald hinter dem Schloss auf einer Halbinsel. Die Anlage ist zerstört, aber der beschädigte Grabengel – Kopf und Arme sind abgeschlagen – ist jetzt auf dem Kirchengelände – quasi im Asyl – aufgestellt. Das Werk aus weißem Carraramarmor stammt vermutlich von Guiseppe Franchi (1730 – 1806) aus Carrara, Professor an der Kunstakademie in Mailand.[6] Ein Hinweisschild in polnischer Sprache und ein Loch in der Decke zeugen noch von der einstigen Existenz der Grablege.[7]

Dagegen hat sich in der Kirche von Sorquitten eine alte Gruft erhalten, was angesichts der enormen Kriegs- und Nachkriegszerstörungen außerordentlich selten ist. Herr F.-W. v. Oppeln-Bronikowski schreibt dazu: „Unter dem Altar der Kirche befindet sich eine Gruft mit Särgen, in denen Männer mit Federbüschen und langen Degen ruhen. Dies wurde 1936 bei einem Erdaushub für eine neue Heizung festgestellt. Die Gruft wurde offenbar ohne Bestandsfeststellung wieder geschlossen und ist es bis zu heutigen Tage geblieben. Ich verdanke diese Erkenntnis einer nicht publizierten Broschüre aus den Hause Mirbach. Diese wiederum nimmt auf einen Brief von Pfarrer Schwartz, dem letzten deutschen Pfarrer von Sorquitten, aus dem Jahre 1987 an seine alten Gemeindemitglieder Bezug.

Für die Existenz einer Gruft unter dem Altar habe ich noch einen weiteren Beleg: Ich bin im Besitz eines Auszugs aus dem Sterberegister der Pfarrkirche von Sorquitten von 1796 Nr. 14, ausgestellt von eben diesem Pfarrer Schwartz am 18.12.1937, für Johann Sigismund von Oppeln-Bronikowski. Darin heißt es u. a.: Beigesetzt im Sorquitter Erbgewölbe. Offenbar wurden darin die Besitzer von Sorquitten vor der Familie von Mirbach beigesetzt.“

„Der Gemeindefriedhof ist vom Kirchengelände getrennt und wird heute von den polnischen – Bewohnern genutzt. Der größere, deutsche Teil ist ungepflegt und verfallen. Nur wenige Grabstellen sind noch erkennbar, so ein schmiedeeisernes Grabkreuz von Pfarrer Schlitz, von Ida von Massenbach, geb. von Mirbach, und Grabsteine von Obergärtner Gerlach und Pastor Hans Mohn.“

Seit 2013 befindet sich nahe der Kirche ein Gedenkstein für Julius von Mirbach. Dieses befand sich früher auf dem Familien-Erbbegräbnis auf der Insel Ostrow gegenüber dem Schloss und trägt folgende Inschrift: „Hier ruht Julius Theodor Gottlob Freiherr von Miorbach, Ritter pp., geboren den 31. Januar 1804, gestorben den 7. Juli 1862“.

Auf dem Kirchengelände befindet sich ein großer Granitstein mit einer bronzenen Gedenktafel und der Inschrift „In memorian Pastor Hans Mohn“. Pastor Mohn wurde in Tilsit geboren. Nach seiner Flucht war er zunächst Industriepfarrer in Hamburg, wurde aber nach Problemen mit seinen Vorgesetzten (Roter Mohn) nach Sylt versetzt. Als Pastor der Nordkirche auf Sylt setzte er sich 1986 nachdrückich für eine Partnerschaft mit Sorquitten ein. Dies hat zu einem intensiven persönlichen und wirtschaftlichen Austausch zwischen beiden Gemeinden geführt. Deshalb stiftete man ihm hier diesen Gedenkstein. (F.-W. v. Oppeln-Bronikowski)



[1] Friedrich-W. v.Oppeln-Bronikowski, Sorquitten in Masuren/Ostpreußen, Berlin 2016, S. 33
[2] Märkische Allgemeine, 3. 1. 2011 – Susanne Liedtke []www.altekirchen.de] Bildband „Taufengel in Brandenburg“ erschien als Arbeitsheft des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege im Jahr 2006
[3] Rotary Magazin, Nov. 2010, S. 55
[4] Manfred Buchholz Pfr. i. R. „Die Sorquitter Orgel ist wieder eine echte Königin der Instrumente“, Masurische Storchenpost, November 2010, S. 18
[5] Friedrich-W. v.Oppeln-Bronikowski, Sorquitten in Masuren/Ostpreußen, S. 44
[6] F.-W. von Oppeln, 2. 10. 2009 ; F.-W. v.Oppeln-Bronikowski, Sorquitten in Masuren/Ostpreußen, S. 45
[7] F.-W. von Oppeln, 11. 11. 2009