Kirche und Pfarrhaus in Tollmingkehmen

Eine erste Kirche von 1598 wurde zunächst 1682 durch einen größeren Bau aus Holz und 1756 durch einen Saalbau aus Feldsteinen ersetzt. Baumeister war der von Salzburgern abstammende Zimmermann Mathes Durchholtzer. Das Gotteshaus erhielt 1820 einen klassizistischen Turm mit einem Oberbau aus Holz und einem abgestuft pyramidenförmigen Turmabschluss. Das Mittelschiff wird von einem Tonnengewölbe aus Holz überdeckt, in den Seitenschiffen gibt es Flachdecken. In dieser Kirche wirkte 1743 – 1780 der Pfarrer und Dichter Christian Donelaitis.

Das Pfarrhaus wurde 1679/80 erbaut, 1703 erneuert, aber 1713 durch Feuer stark beschädigt. Unter Pfarrer Donalitius erfolgte der Ausbau als massives Gebäude, dessen Strohdach man aber erst 1887 durch ein Ziegeldach ersetzte. Während des 1. Weltkriegs erlitt das Haus arge Beschädigungen und musste 1816 nach dem Rückzug der Russen mit großem Aufwand erst wieder bewohnbar gemacht werden.

Die Kirche, die 1945 beschädigt wurde und danach verfiel, wurde 1971 – 1979 wiederaufgebaut und zusammen mit dem 1997 ebenfalls wiederhergestellten Pfarrhaus zu einer Gedenkstätte für Christian Donelaitis ausgestaltet. Die Gebäude unterstehen der russischen Kulturbehörde in Königsberg und die verhinderte, dass die Kirche von dem litauischen evangelischen Bischof Jonas Kalvanas aus Tauroggen geweiht wurde – aber solche kleinlichen Behinderungen gehören hoffentlich der Vergangenheit an.

“Die Gedenkstätte in Tollmingkehmen ist ein wahres Heiligtum für die Litauer, für die der Name von Donelaitis von ebenso großer Bedeutung ist wie z.B. der Name von da Vinci für die Italiener. Am 1. Januar 2014 wird der 300. Geburtstag des Dichters gefeiert, aber man bereitet sich schon jetzt im Kaliningrader Gebiet und in Litauen auf dieses Ereignis vor. Die  Gebietsregierung plant, nicht weniger als 70 Mio. Rubel für eine Renovierung der Kirche bereitzustellen. Die Beheizung der Kirche ist kaputt, weswegen das Fundament Feuchtigkeit gezogen hat und die Holzbalken des Kirchturms faulig sind.

Die Präsidentin des Klubs der Landsleute von Donelaitis, Olga Dubowaja, berichtete von der Kirchengeschichte: . “Die Kirche wurde 1979 neu wiederaufgebaut, wobei von der alten Kirche ein 2 m langes Wandstück erhalten geblieben war. Damals  war ich Chefin der Kulturabteilung des Kreises Nesterow (Ebenrode). Anstelle der Kirche befand sich eine Instandsetzungswerkstatt. Die Wiederaufbauarbeiten begann man im Jahre 1964, als der 250. Geburtstag von Donelaitis gefeiert wurde. Er ist ja in die UNESCO-Liste eingetragen. Darum hatten das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und der Ministerrat der UdSSR beschlossen, das Jubiläum von Donelaitis zu feiern. Unser Exekutivkomitee beschloss, die Begräbnisstätte von Donelaitis zu finden und die Kirche wiederaufzubauen. Bis jetzt bewahre ich diese Dokumente bei mir zu Hause auf”

Die Wiederaufbauarbeiten leitete der bekannte litauische Architekt und Archäologe Napoleonas Kitkauskas. Zunächst wurden die sterblichen Überreste von Donelaitis auf dem Friedhof an der Kirche gesucht, später begriff man, dass er in der Kirche begraben sein könnte. Bei Ausgrabungen wurde ein Schädel gefunden. Die Nachkommen von Donelaitis leben in Deutschland. Eine DNA-Expertise stellte fest, dass dies der Schädel von Donelaitis war. Nach dem Schädel wurde sein Gesicht rekonstruiert.

Um einen altertümlichen Dachziegel herstellen zu können, bauten Fachleute aus Kaunas ein Dachziegelwerk wieder auf. Kitkauskas fand originale Zeichnungen der Kirche, die Donelaitis selbst im Jahre 1756 aus Stein gebaut hatte. Nach diesen Zeichnungen wurde die neue Kirche errichtet. ”

(Andrey Konstantinow, Moskau, 24. 2. 2013)

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