Klecie – Klettendorf
Der Name des Ortes leitet sich vermutlich von seinem Lokator Clette ab. Er wurde 1393 erstmals urkundlich erwähnt.
Hier hat sich als eines von nur noch wenigen Vorlaubenhäusern des Kreises das Zimmermannsche Haus von 1742 erhalten. Baumeister war Georg Pöck. Die Vorlaube ruht auf 9 Säulen, wobei jede Säule für eine Hufe stand, die zum Besitz gehörte. Das Haus gehörte einst dem größten Bauern im Ort (letzter deutscher Besitzer: Johannes Wiehler, 204 ha).
Die Wiehlers waren Mennoniten und ursprünglich in der Schweiz beheimatet. Die “Täufer” oder “Mennoniten” sind so etwas wie der linke pazifistischen Flügel der Reformation innerhalb der Bewegung des schweizerischen Reformators Zwingli. Sie waren sozial-revolutionär, radikal-antiklerikal, verweigerten die Zahlung von Steuern, lehnten den Militärdienst ab, verweigerten den Eid, forderten die Trennung von Kirche und Staat und entwickelten sich zu einer Massenbewegung. Davor schützte sich der Staat, indem er die Anhänger dieser Bewegung nachhaltig verfolgte, unterdrückte, des Landes verwies oder zum Tode verurteilte. So ereilte das Schicksal u. a. Barbeli Willher und Hans Willer, Ahnen der Familie Wiehler, die 1537 und 1538 zusammen mit anderen Mennoniten in Bern hingerichtet wurden. Als Reaktion auf diese Pressionen wanderte viele Mennoniten aus.
So gelangte denn wohl auch ein Abkömmling aus dem Clan der Wiehler nach Ostpreußen, wo er in der Mitte des 17. Jhs. in Ellerwald bei Elbing mit anderen Mennoniten als Siedler aufgeführt wurde. In diesem feuchten Teil der Niederung arbeiteten die Mennoniten an der Trockenlegung des Landes, denn die Stadt Elbing selbst verweigerte ihnen das Bürgerrecht innerhalb ihrer Stadtmauern. In der Mitte des 18. Jhs. gab es an die 12.000 Mennoniten in West- und Ostpreußen.
Die Wiehlers verbreiteten sich in den nachfolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten in der Weichselniederung, vornehmlich als Landwirte, jedenfalls als allseits geschätzte Mitglieder der Gesellschaft. Teilweise konvertieren einige von ihnen im Laufe der Zeit zur evangelisch-lutherischen Konfession. Ab 1870 findet man auch etliche Wiehlers in öffentlichen Ämtern, als preußische Beamte, Offiziere, Ingenieure. Nach der Flucht aus Ostpreußen zum Ende des 2. Weltkriegs verteilten sich die Überlebenden in der ganzen Welt.
Die Russlandmennoniten der Gemeinden in Bielefeld wollen ein Freilichtmuseum in Lage bei Bielefeld errichten, um damit an die Geschichte ihrer Herkunft aus Westpreußen und Russland zu erinnern. Geplant ist u.a. die Errichtung eines original westpreußischen Vorlaubenhauses. Im Gespräch ist dafür die Überführung und Wiedererrichtung des allerdings arg in Mitleidenschaft gezogenen Vorlaubenhauses der Familie Wiehler in Klettendorf.
Wesentliche Informationen zu den Mennoniten hat Adalbert Goertz zusammengetragen. Er wurde 1928 auf der Domäne Langenau geboren, das dem Hindenburg-Gut Neudeck benachbart war, und wuchs auf den Gütern Powarben im Kreis Samland und Eichmedien auf, welch letzteres sein Vater Paul Gerhard Goertz, der Mennonit war, erworben hatte (siehe Eichmedien, Kreis Sensburg). Seit 1958 beschäftigt er sich mit genealogischen Themen und insbesondere mit dem Leben der Mennoniten in Ost- und Westpreußen. Ab 1960 lebt Adalbert Goertz in den USA und zog sich dort 1997 nach Colorado Springs zurück.