Lablacken

Nikitovka – Lablacken

Der Ort, der bereits am Anfang des 14. Jhs., wohl 1302, seine Handfeste erhielt, existiert nicht mehr. Es gab hier ein Herrenhaus aus dem Ende 17. Jhs. anstelle eines Forsthauses des Ordens, errichtet unter dem Kanzler Ludwig von Ostau (gest. 1727), als dieser 1696 gerade Hauptmann zu Labiau und Neuhausen geworden war. Bis 1788 gehörte das Gut den Ostaus, dann erbten es über die Töchter die Schwiegersöhne, zunächst Christoph von Kleist, dann 1832 der Kammerherr von Wnuck, 1877 Werner von Gustedt und 1903 Hans Detlev von Massow.

Werner von Gustedt ließ Dämme, Deiche und Entwässerungsgräben bauen, um das Land am Haff vor den häufigen Überschwemmungen zu schützen. Er legte einen kleinen Hafen an, vermehrte das Vieh, begründete eine Pferdezucht, schaffte moderne landwirtschaftliche Maschinen an und verwandelte den Gutsgarten in einen englischen Landschaftspark.[1]

1913 umfasste das Gut eine Fläche von 1.084 ha und gehörte dem Oberleutnant d. R. Oskar Pein. 1928 wurde Lablacken vollständig aufgesiedelt. Den letzten Besitzer von Gutshaus und Park, Franz Waldhauer-Pronitten, erschlugen 1945 die Sowjets.

Zum Ende des 19. Jhs. lebte in Lablacken Jenny von Gustedt (7. 9. 1811 – 29. 6. 1890), deren Sohn Werner die Tochter des Kammerherrn von Wnuck geheiratet hatte. Jenny von Gustedt, geborene Rabe von Pappenheim, war die uneheliche Tochter des Napoleon-Bruders Jerôme, König von Westfalen. Ihre Mutter, Gräfin Diana Waldner (1788–1844), verheiratete v. Pappenheim, war die Geliebte König Jerômes. Nach dem Sturz Napoleons und dem Tod des Gatten zog Diana v. Pappenheim mit Jenny nach Weimar, wo die Mutter von der Großherzogin Maria Paulowna aufgenommen wurde und wo Jenny zusammen mit der herzoglichen Tochter Augusta, der späteren deutschen Kaiserin, aufwuchs. Von 1822 bis 1826 lebte sie in Straßburg bei ihrer Tante von Türckheim, kehrte aber wieder nach Weimar zurück. Dort lernte Jenny Goethe kennen, der sie stark beeinflusste. Sie freundete sich mit seinem Sohn August an und gab dessen Söhnen Wolf und Walter ersten Unterricht. 1829 trat Jenny in den Dienst der Großherzogin.

Jenny heiratete 1838 Werner von Gustedt sen. (1813–1864), der bald das Rittergut Garden im Kreis Rosenberg, wo er als Landrat diente, erwarb. Nach dem Tod ihres Mannes 1867 zog sie nach Berlin und Potsdam, dann nach Weimar, und verbrachte ab 1883 ihre letzten Lebensjahre bei ihrem Sohn in Lablacken. Im Erdgeschoss des zweistöckigen Gutshauses hatte sie eine geräumige Wohnung eingerichtet. Sie wurde auf dem Kirchhof von Legitten begraben. Ihre Enkelin Lily (1865-1916) heiratete 1903 den Sozialpolitiker Heinrich Braun und setzte ihrer Großmutter ein literarisches Denkmal, in dem auch das Leben in Lablacken einfühlsam beschrieben ist (Lily Braun, Im Schatten der Titanen – Erinnerungen an Baronin Jenny von Gustedt).

In Lablacken gab es eine zweiklassige Dorfschule, deren Gebäude immer noch existiert. Letzter Schulleiter war Hauptlehrer Fritz Adloff.[2]

[1] Heimatbuch Labiau, S. 283 f
[2] Von Tohus, Dez. 2007, S. 48