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Mehlauken

Zalesje – Mehlauken/Liebenfelde

Mehlauken ist altes Siedlungsland, das zwischenzeitlich brach lag, aber 15. Jh. wieder neu besiedelt wurde. So wurde einem Mann namens Pitt 1470 zehn Hufen Land übergeben, die vorher Hans Cremit und Niklas Raschau besessen hatten. Der Name des Ortes leitete sich vermutlich ab von dem Flüsschen Mehlawa ab. Der Name “Feld an der Mehlawa” wurde mit “liebes, blaues Feld” übrsetzt, weshalb das Dorf 1938 in “Liebenfelde” umbenannt wurde. Die älteste Erwähnung Mehlaukens stamm aus einem Bericht von 1384, in dem der Komtur von Labiau dem Ordensmarschall den Bericht über eine Kriegs-Reise durch die Wildnis zwischen Laukischken und Memel schickte. Bis ins 16 Jh. war Mehlauken von dichtem Wald umgeben.[5]

Im Zuge der preußischen Verwaltungsreform Anfang 19. Jh. sollte Mehlauken nach dem Schmidtschen Einteilungsplan von 1809 dem geplanten Kreis Tapiau zugeordnet werden, weil die Verbindung nach Labiau in den niederschlagsreichen Jahreszeiten durch den großen Baumwald ziemlich unpassierbar war. Dieser Plan wurde jedoch aufgegeben und statt Tapiau wurde Wehlau Kreisstadt. Trotzdem blieb Mehlauken der Bezugspunkt für die weitere Umgebung. Es gab hier einen Bahnhof für Reisen in die nahe und weite Welt, das Amtsgericht, drei Schulen, das Forstrentamt, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheke, Hotel, viele Läden und etliche Handwerker. In einem Stallgebäude des früheren Gutes richtete man 1927 eine genossenschaftliche Molkerei ein, die täglich 10 Tonnen Milch verarbeitete, vornehmlich zu Tilsiter Käse. Diese Meierei aus der Vorkriegszeit, die zwischenzeitlich sogar noch Maschinen und sonstige Produktionsmittel aus Sachsen und Schleswig-Holstein erhalten hatte, war 2009 völlig verfallen, die Ausrüstung wurde verkauft.[2] Das Gebäude der Molkerei wurde 2011 renoviert und soll demnächst einen Fleischverarbeitungsbetrieb aufnehmen.[1] Wöchentlich gab es einen Markttag.[7]

Mehlauken wurde 1938 in Liebenfelde umbenannt und fiel am 20. Januar 1945 in die Hände der Sowjets. (Nach der Aussage eines Zeitzeugen ging aber am 21. Januar 1945 noch ein Zug von Mehlauken ab nach Insterburg, sodass der 20. Januar vielleicht nicht richtig ist). In den 1940er Jahren lebten etwa 5.000 Einwohner in Mehlauken.[8]

Ein Schulhaus gab es in Mehlauken seit 1843. Dieses wurde ab 1911 dreiklassig und fasste trotzdem die Schülerzahlen bald nicht mehr. Deshalb wurde 1927 eine siebenklassige Volksschule, später als Mittelschule bezeichnet, eingeweiht. Diese geriet beim Einmarsch der Sowjets unter Beschuss und brannte aus. Aus der Turnhalle, die überlebte, wurde ein Kino- und Tanzsaal gemacht. Letzter Schulleiter war Rektor Emil Stegmann. Daneben gab es vor dem Krieg eine Landwirtschaftsfachschule sowie eine Berufsschule. In der Landwirtschaftsschule wurden für je 25 – 35 Jungen und Mädchen in 2 Wintersemestern landwirtschaftliche, betriebswirtschaftliche und technische Fragen behandelt, um die männlichen Schüler für eine moderne, fortschrittliche Bewirtschaftung ihrer Höfe fit zu machen. Das Schulhaus steht nicht mehr.[9] Für die Mädchen vermittelte man in den Räumen der Mittelschule entsprechende Kenntnisse für die bäuerliche Haushaltsführung. Ab 1935 war ein Internat angegliedert.

Die Kirche von Mehlauken gehört zu den restlichen wenigen Gotteshäusern, die zwar noch stehen, aber zusehends mehr verfallen (2010). Sie war als Prototyp ein Vorbild für den Bau der Friedenskirche in Potsdam. König Friedrich Wilhelm IV. war als Kronprinz auf seiner Italienreise besonders beeindruckt von der frühchristlichen Basilika San Clemente in Rom. In diesem Stil dachte er sich eine Kirche in Potsdam und gab seine Skizzen in die Hände von Ludwig Persius, die nach dessen Tod von seinem Nachfolger August Stüler verwertet wurden. Stüler nutzte die Grundidee, befördert vom König, für den Bau einer Kirche 1845/46 in Mehlauken, die am 25. 10. 1846 eingeweiht wurde und die der Friedenskirche ungemein ähnlich sieht. Die Grundsteinlegung für die Friedenskirche erfolgte am 14. 4. 1845, deren Fertigstellung aber erst 1854. Deshalb kann man die Kirche in Mehlauken als Generalprobe für die Potsdamer Kirche ansehen: die Kirchenschiffe gleichen sich auch im Detail, nur die Türme sind etwas verschieden. Der Mehlauker Turm ist strenger und kompakter und nicht so hoch.[10]

1993 wurde die Kirche der orthodoxen Gemeinde übertragen, die sich mit eigenen Mitteln um die Renovierung vor allem des Kircheninneren bemüht. Im Jahr 2008 war immerhin schon das mit einer metallenen Eindeckung versehen und das Mauerwerk sanierungstechnisch gesichert worden. . Offensichtlich hat aber die orthodoxe Gemeinde die Erhaltung der Kirche nicht bewältigt: 2012 stürzte das Dach ein. [3]

Neben der Kirche steht ein dreistöckiges Gebäude, das wohl mal die Schule war. Ansonsten gibt es keine alten Wohnhäuser mehr in Mehlauken, sondern allenfalls noch Neubauten.

Die Heimatkreisvorsitzende des Kreises Labiau, Frau B. Stramm, schrieb zum Verfall der Mehlauker Kirche: „Leider stimmen die Angaben zur Kirche Mehlauken aktuell 2008 nicht! Die Kirche verfällt in schlimmem Maße. Die russ. orth. haben mit deutscher Hilfe seinerzeit (Anfang/Mitte der 1990-er Jahre) das Dach repariert und das Gebäude durch verschlossene Türen etc. gesichert. Nun ist das Dach kaputt, man kann durch die nicht mehr vorhandenen Seitendächer so in den Himmel schauen. Wahrscheinlich wird das Gebäude in kurzer Zeit auch als “Steinbruch” genutzt werden und dann von der Bildfläche verschwinden. Es ist nicht zu glauben, wie man dort mit hist. Bauten umgeht. Es gibt zwar auch Denkmalschutz, aber wie das dort funktionieren soll, weiß wohl so wirklich niemand.“[11]

Im Jahr 1995 wurde eine kleine neue katholische Kirche gebaut, deren Bauteile aus Deutschland kamen. Seelsorger und Vorsteher der der Gemeinde von „Dreimal Wunderbare Mutter“ ist Pater Anpras Gauronskas, der aus dem Bistum Telsiai in Litauen hierher wechselte.[6]

Vor dem Krieg gab es ein Adliges Rittergut mit einer Fläche von 545 einschl. des Vorwerks Adl.-Geduhnlauken. Besitzer 1913 war ein Gustav Lorenz. Heute gibt es neue Siloanlagen, die den Blick auf sich ziehen, sowie einen neuen Gartenbaubetrieb mit Baumschule.[12]

Das ehemalige Forstrentamt wurde renoviert und sieht gut aus.[13]

Bei Mehlauken/Liebenfelde hat sich ein russischer Ackerbaubetrieb auf 9.000 ha mit Milch- und Rindfleischproduktion etabliert. Es werden 2.400 Milchkühe gehalten, die Milchleistung von 8700 l/Kuh/Jahr erbringen. In der Feldwirtschaft wird der Agrarbetrieb beraten von Prof. Dr. P. Schuhmann aus Mecklenburg-Vorpommern. Für den Rinderbereich hat man ebenfalls einen deutschen Berater. Die Ställe sind technisch auf der Höhe der Zeit.[4]

Als Besonderheit ist zu vermerken, dass ein Ort im Kreis Labiau nach dem Namen eines jüdischen Mädchens benannt wurde: Hillel Jankel Finkelstein, Besitzer der nach den Befreiungskriegen vom Fiskus verkauften Domäne Mehlauken, gründete 1828 eine Ansiedlung auf Land, das ihm vom Fiskus zugesprochen worden war und das er parzellieren ließ, und gab dieser den Namen „Minchenwalde“ nach seinem Töchterchen Minchen. Dieser Name wurde dann unter den Nazis am 16. 7. 1938 in Lindenhorst umbenannt (heute Zelenòvo). Das Dorf hatte zuletzt 532 deutsche Einwohner, eine dreiklassige Volksschule, einen Bahnhof und zwei Gasthäuser. Die Wohnhäuser gingen zurück auf das ehemalige Vorwerk des Gutes Adl. Mehlauken.. Minchenwalde war daneben ein Ort mit starker Präsenz von Baptisten, die hier sogar eine Kapelle mit 200 Sitzplätzen errichteten, die allerdings 1874 aus nicht näher bekannten Gründen niederbrannte. Bis auf wenige Häuser steht von Minchenwalde nichts mehr.[14]

[1] Brigitte Stramm, Unser Kreis Labiau 2011, von tohus Dezember 2011, S. 53
[2]Brigitte Stramm, von tohus Juni 2009, S. 91
[3] Marcus Stritzke, 2. 4. 2012
[4] Gerhard Fischer, Rostock, von tohus, Dezember 2013, S. 112
[5] Heimatbuch Labiau, S. 53, von tohus, Juni 2014, S. 72
[6] Pater George Jagodzinski, Die Katholiken in der Stadt und dem Landkreis Labiau nach 1945, in von tohus, Sommer 2016, S. 48 f
[7] Dr. Hans-Georg Müller, Die Molkerei in Mehlauken, von tohus, Dez. 2008, S. 96 f
[8] Dr. Hans-Georg Müller, Die Molkerei in Mehlauken, von tohus, Dez. 2008, S. 96
[9] Von tohus, Juni 2009, S. 32
[10] Christian Papendick, Vorbild in Gefahr, Oprbl. Nr. 46/2006, S. 15
[11] Zuschrift vom 16. 3. 2009
[12] Aus den Heimatkreisen – Labiau, Oprbl. Nr. 7/2007, S. 21
[13] Von tohus, Dez. 2008, S. 82
[14] Von tohus, Juni 2009, S. 32