Saborje – Moterau
Moterau ist ein altes prußisches Dorf, das bereits zur Ordenszeit existierte, aber vielleicht noch viel älter ist, denn 900 Meter nordöstlich von Moterau und 300 Meter nördlich von Groß Schleuse an der Deime befindet sich auf dem Schlossberg eine Schanze als Hinweis auf eine alte prußische Wehranlage, die möglicherweise auch noch vom Orden als Verteidigungseinrichtung genutzt wurde. Der Burghof war noch ganz gut zu erkennen. Ansonsten war das Gelände stark bewaldet. Zu deutscher Zeit erklärte man die Wehranlage zum Naturdenkmal. Der Ortsteil Groß Schleuse war ein Vorwerk des später zu Moterau eingemeindeten Guts Heinrichshof.
Zwischen dem Schloßberg und Groß Schleuse befand sich dicht an der Deime, wo diese ein Knie hatte, der Rundberg, etwa 20 Meter hoch und vermutlich von Deutschen Orden hier als Verteidigungs- oder Beobachtungswerk aufgeschüttet. Obenauf waren noch Spuren der Brustwehr zu erkennen.
1692 wurden in Moterau neun Freie gezählt, denen das Land meist während der Regierungszeit von Herzog Albrecht verschrieben wurde. Bartel Henning erhielt die Verschreibung von Land aber bereits 1440 durch den Ordensmarschall Werner von Testingen.[1]
Seit dem Ende des 19. Jhs. besaß Moterau eine Schule mit zwei Klassen. Hier wurden die Kinder von Moterau, Heinrichshof, Groß Schleuse und Lischkau unterrichtet, und zwar in einem der beiden Klassenräume die Jahrgänge des 1. bis 4. Schuljahrs und in dem anderen die des 5. bis 8. Schuljahrs. Einer der Lehrer, Albert Lukat (8. 12. 1857 – 16. 2. 1932), der in der Zeit von 1887 – 1923 amtierte, war durch seine pädagogischen und menschlichen Qualitäten derart beliebt und anerkannt, dass ihm eine eindrucksvolle Würdigung gewidmet wurde. Wer sie lesen will, findet sie im Heimatbrief Wehlau, Nr. 55, S. 48 ff (im Internet verfügbar unter www.kreisgemeinschaft-wehlau.de).
Lovis Corinth hatte in Moterau einen Onkel, der dort einen Bauernhof besaß. Dieser Bauernhof diente Corinth mitunter als Vorbild für landwirtschaftliche Szenen in seinen Bildern (z. B. Bild „Cowbarn“ und „The Prodigal Son“ (1891).
In dieser Gegend von Moterau erzählte man sich die nachfolgende Sage:
Vor vielen hundert Jahren war die Deime noch ein Fluss, der an vielen Stellen versandet und verschlickt war. So war es für die Fischer, welche ihre Fracht von der Labiauer Gegend und dem Kurischen Haff mit ihren Kähnen auf der Deime zum Markt bringen wollten, eine beschwerliche Arbeit, denn die meiste Fahrtstrecke mussten sie ihre Kähne treideln, also von Land aus ziehen. So waren auch einmal ein junger Fischer und seine Frau recht früh in der Nacht aufgebrochen, um ihre Fische bis Sonnenaufgang in Tapiau auf dem Markt zu haben. Als sie beide die Strecke von Labiau bis Groß Schleuse geschafft hatten, waren sie sehr müde, und da es noch eine Zeit dauerte, bis die Sonne aufging, legten sie eine Ruhepause ein. Der Mann blieb am Deimeufer sitzen, die Frau legte sich ein wenig entfernt hinter einen Strauch. Dann schliefen beide ein.
Als der Mann erwachte, war es schon hell und die Sonne kurz vor dem Aufgehen. Da seufzte der Mann und sagte zu sich: „Nun schaffen wir es doch nicht mehr bis die Sonne aufgeht nach Tapiau zu kommen.“ Denn die letzte Strecke konnte nur noch getreidelt werden. „Ach“, sagte er, „ich würde alles geben, wenn man nur auf der Deime fahren könnte ohne zu treideln.“ Plötzlich stand ein Mann im Jägerrock vor ihm und sagte, er habe gehört, was der Fischer gesagt hätte. „Würdest Du wirklich alles geben, wenn die Deime schiffbar würde?`“ Der Fischer bejahte. „Gut“, sagte darauf der Jäger, „machen wir eine Wette: ich schaffe es, die Deime auszubaggern, bevor die Sonne aufgeht und der Hahn in Groß Schleuse kräht! Wenn ich es geschafft habe, will ich nur von dir, dass du mir dein Leben verschreibst.“
Der Fischer überlegte ein Weile. Er dachte bei sich, der schaffe es nie, es sei ja gleich Sonnenaufgang. „Die Wette gilt.“, sagte der Fischer, „aber nur unter der Bedingung, dass du die ganze Erde und den Sand aus der Deime, den du rausholst, in meiner Nähe ablädst, damit ich sehe, dass du auch wirklich die Deime ausbaggerst.“
Er hatte schon längst erkannt, dass es der Teufel war, mit dem er gewettet hat. “Gut“, sagte der Jäger, „so soll es sein“, und schon war er verschwunden. Im nächsten Moment brauste es durch die Luft und ein riesiges Laken voller Sand und Erde wurde nicht weit von dem Fischer auf die Erde geschüttet. So ging es rasend voran und der Erdwall wurde immer länger und höher. Jetzt war er schon mit der Arbeit fertig bis da, wo der Fischer saß, und die Zeit war kaum vorgerückt, die Sonne wollte sich noch nicht zeigen. Da wusste der Fischer, dass, wenn nicht ein Wunder geschieht, er die Wette verloren hatte und sein Leben dem Teufel gehörte. Die Frau saß noch versteckt hinter dem Strauch, sie hatte alles von Anfang an gehört, und als nun der Teufel siegessicher mit dem letzten Laken voll Sand aus Richtung Tapiau ankam, krähte die Frau ganz laut, ehe er es auf dem Haufen ausschütten konnte. Der Teufel in seinem Zorn schüttete den Sand fast am Ufer der Deime aus und entschwand unter Fluchen und Schwefelgestank.
Dank der List seiner Frau behielt der Mann seine Seele. Die Deime war befahrbar, die Schiffer brauchten sich nicht mehr so zu plagen und seitdem gibt es den Schlossberg und den Rundberg bei Groß Schleuse an der Deime. Der Teufel ließ sich nie wieder in der Gegend sehen.
Die Häuser, die man heute hier sieht, gehören zum einstigen Ortsteil Heinrichshof von Moterau. Das ursprüngliche Dorf Moterau liegt weiter nördlich und existiert nicht mehr. (Dirk Bloch, 11. 3. 2015)
[1] Heimatbrief Wehlau, Nr. 9, S. 13