Neidenburg Stadt

Geschichts-Chronik der Stadt Nidzica – Neidenburg

  • Der westliche Teil des Kreisgebiets gehörte zum prußischen Gau der Sassen, dessen östlicher Teil zur Landschaft der Galinder. Zunächst ordnete man diesen Landstrich, anfängliche eine Wildnis, der Komturei Christburg, ab 1340 der Komturei Osterode zu. Die Gegend um Neidenburg war bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt, wie zahlreiche Funde aus der mittleren und jüngeren Steinzeit sowie aus der Bronzezeit belegen. Zeuge für die germanische Periode war das Fürstengrab von Pilgramsdorf, dessen Fundstücke aus den 1930er Jahren sich in Russland befinden sollen[1] Dieses Grab aus dem frühen 4. Jh. gilt als einer der wissenschaftlich wichtigsten Funde im Kreis Neidenburg. Ab etwa 1321 begann man, herrenlos gewordenes Kulturland und Waldgelände an deutsche Siedler und getaufte Prußen zu vergeben.[2]
  • 1343 wurde der genaue Grenzverlauf zu Masowien festgelegt. Er bildete auch die Südgrenze des späteren Kreisgebietes und blieb bis 1919 unverändert
  • Eine erste Ordensburg auf dem ehemals durch Sümpfe geschützten Bergrücken östlich der Stadt, der aus der südlich des Höckerlandes sich abflachenden, findlingsreichen Ebene weithin herausragt, soll schon in der Zeit um 1266 / 1268 angelegt worden sein. Zwischen 1355 und 1380 – die genauen Daten sind verloren gegangen – gründete der Orden auf dem künstlich nivellierten Berg eine Burg aus Stein. Nach Hermann Junke wurde die Ordensburg 1359 errichtet.[3] In dieses Jahr fiel jedenfalls die erste urkundliche Erwähnung der Neidenburg.[4]
  • neben der Ordensburg wurde an der Neide zielstrebig eine Siedlung angelegt, in der sich Handwerkern und Kaufleuten niederließen und die 1381 die Stadtrechte vom Hochmeister Winrich von Kniprode erhielt. Die Urkunde darüber ging offenbar verloren, eine Neuausfertigung von 1420 durch Hochmeister Michael Küchmeister befindet sich heute im staatlichen Archiv von Göttingen. In der Anfangszeit der Siedlung zogen auch Polen aus Masowien hinzu und wurden in Neidenburg seßhaft.Lokator und erster Schultheiß war der Hammermeister Hans Grans, der gleichzeitig das Eisenwerk Commusin betrieb. Für seine Siedlungstätigkeit erhielt er 10 % des Gemeindeareals, und das waren 10 Hufen = ca. 165 ha.
  • Trotz Verleihung des Stadtrechts konnte sich die Siedlung nicht kontinuierlich entwickeln. Nachdem Fürst Kynstut und seine Litauer 1377 das Grenzland um Neidenburg und Soldau erheblich verwüstet hatten, stockte der Nachschub der Siedler aus dem niedersächsischen und westfälischen Raum. Weitere Einschnitte in der Kultivierung der hiesigen Wildnis brachten die Verwüstungen durch Polen, Litauer und Tataren nach der verlorenen Schlacht bei Tannenberg 1410. Auch in den nächsten Jahrzehnten trat noch keine Beruhigung ein.[5]
  • 1389, sieben Jahre nach Stadtgründung, war Neidenburg Sitz des Städtetags
  • ab 1404 war die Burg Sitz eines Pflegers der Komturei Osterode
  • während des 14. Jhs. gelang es den Litauern trotz etlicher Anläufe nicht, Stadt und Burg einzunehmen
  • nach der vom Orden verlorenen Tannenbergschlacht 1410, an der die gesamte Burgbesatzung teilnahm, konnten die Polen die von ihren Verteidigern entblößte Stadt problemlos einnehmen und plündern
  • auch 1414, im sog. Hungerkrieg, eroberten die Polen die Stadt, allerdings dieses Mal nach einer längeren Zeit der Belagerung
  • während des Städtekrieges 1454 – 1466 blieb Neidenburg als Mitglied des Preußischen Bundes ein konsequenter Gegner des Ordens. Trotzdem fiel die Stadt im Frieden von Thorn 1466 unter die Ordensherrschaft zurück
  • Im Pfaffenkrieg   widersetzte sich Neidenburg 1472 erfolgreich einer Eroberung durch die Polen[6]
  • im Reiterkrieg (1519 – 1526) widerstanden die Verteidiger sieben Wochen lang der Belagerung durch das polnische Heer, das dann die Eroberungsbemühungen abbrach. Zum Dank für die Tapferkeit der Einwohner erließ Hochmeister Albrecht von Hohenzollern, bald Herzog, der Stadt für 20 Jahre den Grundzins. In der nachfolgenden Zeit wurde der Burgkomplex umgebaut und den modernen Anforderungen an die Verteidigung angepasst
  • die evangelische Konfession setzte sich in Neidenburg recht schnell, schon 1524, durch. Der katholische Kaplan versuchte zwar, die neue Lehre durch intensive Störungen des Gottesdienstes aufzuhalten, hatte damit aber keinen Erfolg. Der gerade anwesende Amtshauptmann Friedrich Truchseß Frhr. v. Waldburg ließ den aufbegehrenden Vertreter des Katholizismus kurzerhand festnehmen und in den Kerker werfen, und seitdem herrschte Ruhe
  • 1549 kamen Böhmische Brüder als Siedler in die Stadt. Noch bis zur Vertreibung 1945 waren Nachkommen dieser Immigranten aufgrund ihrer Namen identifizierbar[7]
  • 1573 gab es eine Lateinschule, wobei im Tresslerbuch von 1400 auch schon eine Schule in Neidenburg verzeichnet war, vermutlich eine Klosterschule. 1579 wurde die erste öffentliche Mädchenschule Masurens in Neidenburg begründet. Bereits 1579 führte man in Neidenburg das Schulgeld ein, das den Schulmeistern zufiel[8]
  • 1656 erfolglose Belagerung der Stadt durch die Tataren (siehe die Legende vom Tatarenstein)
  • 30. 3. 1664 großer Stadtbrand mit Vernichtung fast aller Häuser und des Rathauses. Die Schäden wurden in den nächsten Jahrzehnten schnell behoben[9] Ein weiterer Großbrand suchte die Stadt 1804 heim.[29]
  • Der Großen Pest fielen 1709 im Kreisgebiet 1399 Menschen zum Opfer[10]
  • 1717 bis 1794 Garnisonsstadt
  • 1752 wurde Neidenburg Hauptort eines Großkreises, der sich aus Teilen des Erbamts Gilgenburg und den Hauptämtern Soldau, Hohenstein, Neidenburg und Ortelsburg sowie sechs Domänenämtern zusammensetzte
  • 1758 – 1760 Besetzung durch die Russen
  • Seit 1793 ist in Neidenburg ein jüdisches Bethaus nachweisbar[11]
  • 1804 großer Stadtbrand, bei dem etliche Bürgerhäuser mit Stallungen, die Kirche und die Schule zerstört wurden
  • 1806 Einmarsch der französischen Truppen, der in der Folge erhebliche Belastungen für die Gemeinde brachte. Wie in anderen Städten auch dauerte es eine Generation, bis die angehäuften Schulden getilgt waren
  • im Zuge der allgemeinen preußischen Verwaltungsreform wurde Neidenburg 1818 Kreisstadt des gleichnamigen Kreises
  • 1829 bis 1830 wurde die Burg vollständig erneuert, und Ende der 1840er Jahre erfolgte der Abbruch der alten Stadtmauer
  • 1852 wurde die erste Meliorationsgenossemschaft der Provinz Ostpreußen in Neidenburg gegründet[12]
  • 1854 entstand in Neidenburg eine katholische Gemeinde[13]
  • 1858 Gründung der Kreissparkasse Neidenburg[14]
  • 1862 Bau der „gehobenen Bürgerschule“ bzw. Stadtschule, später – 1926/27 Realgymnasium. Die jüdischen Schulkinder erhielten in den Freistunden religiösen Unterricht durch jüdische Lehrer. Außerdem gab es in Neidenburg eine katholische Schule, eine Elementarschule mit drei Klassen, eine Volks- und Armenschule, eine Berufsschule, eine Landwirtschaftsschule[15]
  • 1869 wurde die erste Fleischerinnung in Neidenburg gegründet und damit einhergehend die Trichinenversicherung für Schweine eingeführt. Erster Obermeister war der Fleischermeister Sottek[16]
  • 1831 und 1873 wurden Stadt und Kreis Neidenburg von einer schweren Cholera-Epidemie heimgesucht. 1831 erkrankten innerhalb von zwei Monaten 353 Einwohner der Stadt Neidenburg, von denen 218 starben. 1873 wurde der ganze Kreis Neidenburg stark betroffen. Von 2.443 Einwohnern starben 1.270. Eingeschleppt wurde die Seuche seinerzeit von Holzflößern, die Holzflöße aus Polen flußabwärts transportierten.[28]
  • 1888 Eisenbahnanschluß an die Strecke Hohenstein-Neidenburg-Soldau, 1900 an die Eisenbahnstrecke Neidenburg-Ortelsburg
  • Zwischen 1818 und 1905 verdoppelte sich die Einwohnerzahl des Kreises Neidenburg[17] Es gab eine mittelständische Industrie, bestehend aus Zementfabrik, Eisengießerei, Holzverarbeitung und Holzhandel sowie einen ausgeprägten Landhandel
  • 1911 wurde ein für damalige Verhältnisse großes Johanniter Krankenhaus mit über 100 Betten gebaut, das ein kleineres Haus von 1871 ablöste[18] Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Mitte der 1930er Jahre zwangen die Johanniter, das Krankenhaus an die Stadt Neidenburg zu übergeben.[19]
  • Vom 23. bis 31. August 1914 lag die Stadt Neidenburg im Kampfgebiet. Am 22. August 1914 wurde sie von den Russen eingenommen. Ein russischer Vorstoß im November desselben Jahres konnte zurück gewiesen werden. 191 Wohnhäuser, die evangelische Kirche, eine Fabrik und mehrere Wirtschaftsgebäude wurden zerstört[20] Auf 81 Ehrenfriedhöfen ruhen 2.266 deutsche und 4.447 russische Soldaten[21]
  • Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Kreisgebiet um Soldau ohne Volksabstimmung an Polen abgetreten. Damit verlor der Kreis etwa 30 % seines Gebietes und 40 % seiner Einwohner. Im deutschen Restkreis votierten 98, 4 % für Deutschland[22], in der Stadt Neidenburg 97,8 %[23], während 20 Personen den Beitritt zu Polen wählten
  • Im Jahr 1925 lebten in Neidenburg etwa 20 jüdische Familien mit ca. 90 – 100 Personen, im ganzen Kreis Neidenburg 134 jüdische Menschen. Sie waren vornehmlich Kaufleute und Händler wie der Inhaber des Konfektionsgeschäfts Julius Hirsch, des Lederwarengeschäfts Daniel Kallmann und des Schuhhauses Arnold Kratter. In den beginnenden 1920er Jahren grassierten bereits antijüdische Vorfälle. So wurden z. B. Leo Löwenstein und Arnold Kratter öffentlich angepöbelt und verprügelt. Einer der Rädelsführer dabei war der Apotheker Waldemar Keydel, Inhaber der Apotheke am Markt. Damals schritt die Justiz jedoch noch mit Gerichtsverhandlungen und der Verhängung von Geldstrafen für die Verurteilten dagegen ein. Das änderte sich jedoch.
  • in den Reichstagswahlen 1932 und 1933 errangen die Nationalsozialisten im Kreis Neidenburg einen außerordentlich hohen Stimmenanteil. Erstes Todesopfer von antijüdischen Ausschreitungen wurde der Rechtsanwalt Friedrich Schumm, als er sich am 1. April 1933 gegen den reichsweiten Boykott auch des Möbelgeschäfts seines Vaters in  einem Handgemenge wehrte.[30]
  • am 4. Dezember 1936 starb in Neidenburg Friedrich Sadowski im Alter von 111 Jahren. Er war am 27. Oktober 1825 in Orlau geboren worden und seinerzeit der älteste Deutsche gewesen.[24]
  • in der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt und die jüdischen Mitbürger Julius Naftali sowie Minna Zack erstochen. Der Ehemann und die Kinder von Minna Zack erlitten Verletzungen. Für diese Fälle gab es aber ein gerichtliches Nachspiel. 1962 wurden die Hauptangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, ein weiterer, in der DDR lebender Mittäter erhielt seinen Prozess 1992. Leo Löwenstein verlor als Zwangsarbeiter bei einem Reichsbahnunfall sein Leben, Arnold Kratter entkam 1938 mit seiner Familie nach Palästina.[30] 
  • 1945, zum Ende der deutschen Zeit, lebten etwa 8.000 Einwohner in Neidenburg[25]
  • am 19. Januar 1945 wurde Neidenburg von sowjetischen Truppen erobert. 75 % der Bauten wurden dabei zerstört.[26] Zwei Tage später war das ganze Kreisgebiet besetzt
  • Am 23. Mai 1945 übernahmen die Polen die Verwaltung des Neidenburger Gebiets[27]
  • Neidenburg wurde nach 1945 in phonetischer Angleichung an die polnische Sprache „Nidbork“ genannt. Später legte man den Namen „Nidzica“ fest. (Detlef Ollesch)


    [1] Herbert Kalwa Zur Geschichte des Kreises Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2006, S. 20#
    [2] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Neidenburger Heimatbrief, Ostern 1978, S. 42
    [3]
    Hermann Junke, Geschichte des Kreises Neidenburg in Kurzfassung, Niedenburger Heimatbrief, Weihnachten 2000, S. 66[4] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 42
    [5] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 42[6] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 43
    [6]  Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 43
    [7] Herbert Kalwa, Zur Geschichte des Kreises Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2006, S. 21
    [8] Geschichte der Schulen im Kreis Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1985, S. 5/142
    [9]  Herbert Kalwa, Zur Geschichte des Kreises Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2006, S. 22
    [10] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 45
    [11] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 45
    [12] Junke, Neidenburger Heimatbrief Weihnachten 2000, S. 68
    [13] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 44
    [14] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 44
    [15] Geschichte der Schulen in der Stadt Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 1985, S. 8/145 f
    [16] Eugen Dietwald, Erinnerungen an die ostpreußische Heimat, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2009, S. 31
    [17] Herbert Kalwa, Zur Geschichte des Kreises Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2006, S. 22
    [18] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 45
    [19] Dr. Botho v. La Chevallerie, Die Johanniter und Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief Pfingsten 1998, S. 30
    [20] Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 2005, S. 39
    [21] Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 46
    [23] Theodor Mohr, Die Stadt Neidenburg ist die Perle Masurens, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 19889, S. 30
    [24] Aus der Geschichte des Kreises Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 1996, S. 31
    [25] Theodor Mohr, Die Stadt Neidenburg ist die Perle Masurens, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 19889, S. 30
    [26] Theodor Mohr, Die Stadt Neidenburg ist die Perle Masurens, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 19889, S. 30[
    27]
    Gerhard Knieß, Der Kreis Neidenburg in Ostpreußen, Ostern 1978, S. 47
    [28[ Michael Schimanski, Das mörderische Vorherrschen der Cholera im Krs. Neidenburg, in Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 2017, S. 38/39
    [29] Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 2013, S. 2
    [30] Michael Schimanski, Antisemitische Ausschreitungen 1923 in Neidenburg, Neidenburger Heimatbrief Pfingsten 2024, S. 37

Literatur

Der Kreis Neidenburg

Dr. Max Meyhöfer
Herausgegeben von der Gemeinschaft „Kreis Neidenburg e. V.“,Patenkreis der Stadt Bochum, Sommer 1968

Manfred Ohlsen

Der Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg – eine preußische Gründerkarriere
Verlag der Nation Berlin, 2. Aufl. 1987

Willi Kollo

erschienen bei: Schott Music
250 Seiten mit CD/Hardcover
22,95 Euro

Autor und Komponist Willi Kollo, der 1988 starb, hatte keinen Mangel an Ruhm. Er wuchs als Sohn des bekannten Komponisten und Berliner Operetten-Meisters Walter Kollo und der Sängerin Mizzi Josetti auf, im Berlin der 20er Jahre.

Schon als Schüler fiel Willi Kollo durch sein literarisches Talent auf, machte er Bekanntschaft mit Oswald Spengler und Walther Rathenau, die ihn nachhaltig prägten. Er debütierte als 17- Jähriger im Kabarett „Weiße Maus“ so erfolgreich, dass der bekannte Operettenkomponist Hugo Hirsch ihn mit den Liedtexten zu seiner neuen Operette beauftragte.

So schuf Willi Kollo gemeinsam mit seinem Vater Walter Operetten und Evergreens wie „Was eine Frau im Frühling träumt“ und „Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt auch das Glück zu dir“.

Mit „Als ich jung war in Berlin … “ erscheinen nun die literarisch-musikalischen Erinnerungen Willi Kollos, für dieses Buch bearbeitet und herausgegeben von seiner Tochter Marguerite Kollo. Eine Rückschau auf das Berlin zwischen 1890 bis 1946, die an so prominente Künstler wie Claire Waldoff, Fritzi Massary, Carl Zuckmayer und an die eigene Familiengeschichte erinnert.

Axel Lübbe “Hugo von Brandenburg”

Der heute weitgehend vergessene Schriftsteller Axel Lübbe (18. 12. 1880 – 15. 12. 1963) wurde in Littfinken, Kreis Neidenburg, geboren und war nach dem 1. Weltkrieg ein angesehener Lyriker, Novellist und Übersetzer, der mit prominenten Zeitgenossen wie Gerhart Hauptmann und Arthur Schnitzler verkehrte. Seiner jüdischen Frau und seiner Tochter gelang in der Nazi-Zeit die Flucht indie USA, die Nazis selbst belegten ihn mit Schreibverbot. Nach dem Krieg veröffentlichte der Suhrkamp-Verlag seinen Roman “Erbe”, die tragikomische Geschichte einer bürgerlich-philisterhaften Familie und deren Auseinandersetzung mit der Nazi-Ideologie.Weiteres folgte nicht mehr. 2011 wurde der Kultur- und Literaturhistoriker Martin A. Völker auf Lübbe aufmerksam und erkundete sein Werk. Daraus veröffentlichte er in seinem Berliner hochroth-Verlag mit Niederlassungen in Leipzig und Wien die Novelle “Hgo von Brandenburg”, erstmals veröffentlicht 1927, der die letzte Lebenszeit eines florentinischen Edelmanns schildert, der seinen inneren Dämonen zu entfliehe versucht, indem er in den Krieg zieht, und diesen dort auf fatale Weise wiederbegegnet – ein psychologisches Kammerspiel (Rezension von Branka Goldng in der P’AZ Nr. 22. vom 2. Juni 2012, S. 9)

„Als Flüchtlingskind in Harpstedt. Ein Erlebnisbericht über die Jahre 1945 bis 1952“ von Horst Klein

Zum Inhalt

Die ersten Kinderjahre in Ostpreußen auf einem kleinen Hof mit Schmiede / Landmaschinenschlosserei verliefen für die Familie in sehr bescheidenem Wohlstand. Mit diesem Leben war es schlagartig vorbei, als die Rote Armee vorrückte. Die Mutter konnte für die Flucht in den Westen nur das Allernötigste auf den Planwagen laden. Nach gut zwei Monaten der Flucht fand die Familie in Harpstedt in einem Behelfsheim, einer großen Doppelbaracke mit zweimal sechzehn Familien, für die nächsten sieben Jahre eine Bleibe. Beschrieben werden die Endphase des Krieges sowie die Kapitulation. Die unermüdlichen Anstrengungen der Mutter kommen zur Sprache, um die sieben Kinder durch die mageren Nachkriegsjahre zu bringen. Der Autor gibt Einblicke, wie sie als Kinder bei Arbeiten im Wald und auf den Äckern der Bauern eingesetzt wurden. Die nicht immer spannungsfreien Beziehungen zwischen den Einheimischen und den vielen zwangseinquartierten Flüchtlingen werden ebenso thematisiert wie das Zusammenleben der sehr vielen unterschiedlichen Familien auf dem engen Raum der Baracken. Auch die angenehmen Seiten der Kindheit werden gewürdigt, die typischen Spiele der Nachkriegszeit und die Herausforderungen der Schul- und Berufsausbildungen.

Zum Autor

Horst Kai Klein wurde 1941 in dem kleinen Dorf Groß Lensk westlich von Soldau, im deutsch-polnischen Grenzland, geboren als eins von sieben Geschwistern und Sohn eines Landmaschinenschlossers. Im Januar 1945 ging die Mutter mit ihren Kindern – der Vater war eingesetzt vor Ort und starb – auf die Flucht. Im März 1945 kamen sie mit ihrem Pferdewagen in Harpstedt nahe Bremen an. Sieben Jahre lebten sie in einer großen Baracke am Ortsrand, zogen dann in das benachbarte Dörfchen Dünsen in ein kleines Holzhaus, von da nach Bremen. Hier machte er sein Abitur. Nach einem Studium der Geschichte und der Germanistik in Kiel wurde er dort Gymnasial-Lehrer, heiratete Hella Feder und wurde Vater zweier Töchter. 1982 ging die Familie nach Spanien, wo die Eltern in Valencia an der Deutschen Schule als Lehrer arbeiteten. Ein zweiter Auslandsaufenthalt führte sie in den Süden Spaniens, nach Marbella, ein dritter in den Norden Mexikos, wo sie an der Einführung des Deutschen Sprachdiploms bei den Mennoniten mitarbeiteten. Nach schwerer Erkrankung mussten sie den Schuldienst vorzeitig beenden. Sie zogen zurück nach Marbella und leben dort.

Kontakt: Horst Klein, Av. / Alpandeire C 25, Urb. La Reserva, 29600 Marbella, Spanien
Tel. 0034-952 837214: kaiklein@telefonica.net

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Links

Die Masurische Biene

Mitteilungen der Genealogischen Arbeitsgemeinschaft Neidenburg und Ortelsburg (GeAGNO) / Historische Masurische Vereinigung (HMV) und benachbarter Kirchspiele zum Aufbau der Historischen-Einwohner-Datenbank im südlichen Ostpreußen/Masuren: http://www.historische-masurische-vereinigung.de/