Ein Dorf Polleyken entstand im Zuge der Kultivierung der Großen Wildnis unter der Ägide der Grafen Schlieben, zu denen dieser Teil Gerdauens gehörte. Es war dem Gut Truntlack angeschlossen und wurde erstmals urkundlich im Schliebenschen Erbvertrag vom 22. Juli 1607 erwähnt, bei dem u. a. Truntlack mit Polleyken an Christoph von Schlieben (gest. 1629) fiel. In den 1650er Jahren wurde Polleyken von Truntlack abgetrennt und gelangte an Friedrich von Schlieben auf Adamsheide in Kreis Darkehmen/Angerapp
Nach dem Tod seines Sohnes Johann Albrecht von Schlieben (1685 – 1738) wurde Polleyken von Adamsheide abgetrennt und ging an den Erben Bernhard Gottlieb von Schlieben (1715/17 – 1796). Der verkaufte das inzwischen Adlige Gut 1765. Nach mehreren Besitzwechseln erwarb die Familie von Wernsdorff auf Truntlack in den 1770er Jahren das Gut Polleyken und stellte die 100 Jahre unterbrochene Zusammengehörigkeit beider Besitztümer wieder her. Diese hielt bis 1838, als August von Wernsdorff (1804 – 1858) diesen Teil des Besitzes erbte. Dessen Sohn verkaufte 1895 das 708 ha großen Rittergüter Polleyken und Pollaschen an Walter Gutzeit (1860 – 1910) vom Rittergut Groß Gnie. Seine Witwe übergab die beiden Güter 1923 ihrem Sohn Rolf Gutzeit (1898 – 1976). Der veränderte bald das Gutshaus im Dachbereich und an den Fassaden und ließ u. a. die Haustür nach barockem Vorbild neu tischlern sowie eine Zentralheizung einbauen. Der Park wurde neu gestaltet.
Insbesondere in den 1930er Jahren entwickelte sich das Gut sehr erfolgreich. Schwerpunkt der Wirtschaft war der Zuchtbetrieb für Zuchtbullen und Kühe. Außerdem gab es einen großen Hühnerstall mit 500 Zucht- und Legehennen. 1938 änderte man die Namen Polleyken in Polleiken und Pollaschen in Reichenwald. In Pollaschen wurde der insbesondere in Nachkriegsdeutschland beliebte Schauspieler Siegfried Wischnewski (15. 4. 1922 – 24. 1. 1989) geboren.
Am 20. Januar ging der Treck von Polleiken auf die Flucht. Rolf Gutzeit leitete den Treck und schaffte es, noch rechtzeitig die Oder zu überqueren. Seine Frau konnte mit großem Glück einen Platz in einem Zug finden, der nicht mehr nach Insterburg durchkam und deshalb umkehrte, und gelangte so in den Westen des Reichs.
Fast alle Wirtschaftsgebäude, das Gutshaus, zwei Drittel der Insthäuser des ehem. Gutes stehen noch und auch der Park zeigt, wenn auch verwildert, die alten Bäume. Das Gutshaus diente seit 1953 als Schulgebäude für 100 Kinder und 13 Lehrer. Mit Hilfe der ehemaligen Eigentümerfamilie Gutzeit wurde seit 1993 einiges am Haus in Stand gesetzt. In einem der Klassenzimmer gab es als Dank eine kleine Ausstellung über die Geschichte des Gutes und der Familie Gutzeit.[1]
Die Gebäude von Pollaschen wurden 1983 abgerissen, die Kleinbahnschienen und der Bahnhof sind verschwunden. Im Juli 2004 schloss man die Schule und verkaufte das Gutshaus 2006 an einen Privatmann, der das Gebäude wieder zum Wohnhaus machen wollte. Das ist bis 2010 nicht passiert. Im Mai 2009 waren keine Spuren eines Brandes im Gutshaus, von dem die Rede war, oder mutwillige Zerstörungen zu erkennen. Wulf D. Wagner informierte jedoch darüber, dass noch im selben Jahr 2009 das Gutshaus abbrannte und der abgebildete Speicher abgerissen wurde.[2]
Für Details zu Polleiken siehe Wulf D. Wagner, „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen“, Band II, Husum 2009, S. 946 – 962
Das Gut Truntlack zählte mit seinem barocken Gutshaus zu den kulturgeschichtlich bedeutendsten Rittergütern Ostpreußens. Es kam unbeschädigt über den 1. und den 2. Weltkrieg, wurde aber in den 1960er Jahren von der sowjetischen Verwaltung dem Erdboden gleich gemacht, das Gutshaus vermutlich sogar gesprengt. Das Gelände drum herum war altes prußisches Siedlungsland, von dem noch lange bis in unsere Zeit eine von den Prußen verehrte, zu einem christlichen Gotteshaus beschnittene und geformte heilige Linde im Park von Truntlack zeugte. Im 1. Weltkrieg beschädigten Kosaken die Linde schwer. Sie ging in den Folgejahren ein und die Reste wurden noch vor 1936 abgeholzt.
Zur Ordenszeit gründeten die Ritterbrüder in Truntlack einen ihrer letzten Orte im Kreis Gerdauen, urkundlich durch Ausstellung der Handfeste 1446 erstmals bezeugt. Nach dem Städtekrieg (1454 – 1466) gelangte das Gut neben anderen Dotationen in den Besitz des Söldnerführers Gerorg I. von Schlieben. Unter Dietrich von Schlieben (um 1605 – 1652) entstand 1627 das große Herrenhaus, das immerhin die Zeit bis nach dem 2. Weltkrieg erlebte.
Mangels direktem männlichem Erben gelangte Truntlack 1765 an die Familie von Wernsdorff. Ludwig von Wernsdorff (1789 – 1887) sorgte nach den Napoleonischen Kriegen für die Rekultivierung der Gutsflächen und gründete 1885 eine Familienstiftung mit der Auflage, dass Gut Truntlack und weitere Besitzungen in der Hand der Familie zu bleiben haben. Nach dessen Tod übernahm der Großneffe Alfred Baron von Heyking das Gut. Er schaffte es, größere Erträge zu erwirtschaften und die enorme Verschuldung des Gutes abzutragen.
Ende der 1920er Jahre umfasste der Besitz Truntlack eine Fläche von 1.046 ha, darin 459 ha Ackerland, 200 ha Wiesen, 106 ha Weiden und 187 ha Wald.[3]
Die Innenausstattung aus dem 17. Jh. war noch gleichmäßig und oft unberührt erhalten, die Wände zierten zahlreiche Porträts von Angehörigen der Familien von Schlieben, von Wernsdorff, von Heyking. Diese ganze Ausstattung wurde nach der Eroberung ausgeräumt, vielleicht aber nicht gänzlich zerstört, sondern in die Sowjetunion verbracht. Der Treck aus Truntlack, darunter Oberinspektor Otto Urban, begab sich am 20. Januar 1945 unter der Leitung des Bezirksbauernführers, der sich noch vor Gerdauen heimlich mit einem Auto davon machte, auf die Flucht. Nachdem der Treck im Kreis Karthaus von der Roten Armee überrollt worden war, kam Otto Urban in ein Lager bei Graudenz, wo er verstarb. Letzter Besitzer von Truntlack war Alfred von Heyking (1863 – 1945), der während der separaten Flucht in Rastenburg einem Herzinfarkt erlag.
Für Details zu Truntlack siehe Wulf D. Wagner, „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen“, Band II, Husum 2009, S. 1190 – 1219