Geschichte von Norkitten und der Dessauer Lande
Auf dem Schlossberg von Norkitten ließ der Komtur von Tapiau, Conrad von Wallenrodt, 1380 eine Wehranlage errichten. Diese wurde 1803 abgerissen und 1818 bis 1821 errichtete der Herzog von Anhalt-Dessau auf den Grundmauern ein neues Gutsgebäude.[1]
Anhalt-Dessau war nur ein Teilbereich des Landes Anhalt. Nach dem Tod von Herzog Joachim Ernst von Anhalt (1536-1586) wurde das anhaltininische Territorium 1603 aufgeteilt in 4 Bereiche, die Linien Dessau, Bernburg, Zerbst und Köthen, die erst im 19. Jh. unter Leopold IV. von Anhalt-Dessau (1794-1871) wieder zusammenfanden.
Mit dem vom König erbetenen und geförderten Kauf der Güter Bubainen, Schwägerau und Norkittenmit Woynothen 1721 und noch einigen mehr 1724 – 1726 leistete der Fürst seinen Beitrag zur Wiederbelebung Ostpreußens nach der Entvölkerung durch die Große Pest. Er gab wirtschaftliche Impulse, zog einheimische Landsleute von Anhalt nach Ostpreußen, kümmerte sich um die planvolle Fortentwicklung des Retablissements auf seinen Ländereien und kontrollierte das Erreichte.
Auch die Nachfolger des Alten Dessauers waren um das Wohl ihrer Bevölkerung bemüht. So gehörte Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau 1780 zu den ersten im Lande, die das Scharwerk aufhoben und durch den flexibleren, so genannten Hochzins ersetzten.
Des Alten Dessauers Sohn, Generalfeldmarschall Leopold Maximilian von Anhalt-Dessau (25. 12. 1700 – 16. 12. 1751), ließ 1735 – 1737 in Bubainen ein als prächtig gerühmtes Schloss errichten. Dieses wurde jedoch bald von den Russen im 7jährigen Krieg niedergebrannt, die Ruinen 1803 endgültig beseitigt. Nach der Zerstörung von Bubainen rückte Norkitten an der Mündung der Auxinne in den Pregel in den Mittelpunkt der „Dessauischen Lande“, einem etwa 30 km langen Streifen südlich des Pregel zwischen Wehlau und Insterburg mit einer Fläche von rd. 125 km². Rechtlich war diese Herrschaft nicht Bestandteil des Landes Anhalt, sondern Privatbesitz des Herzoghauses. Deshalb verfügten die Herzöge bis 1918 über Sitz und Stimme im Preußischen Herrenhaus.
Während man zunächst die meisten Ländereien von einem eigenen Verwalter bewirtschaften ließ, verfügte der Minister v. Larisch 1875 in Dessau generell die Verpachtung. Nach dem 1. Weltkrieg ließ man viele Pachtverträge jedoch auslaufen und nahm das Land wieder in die Selbstbewirtschaftung.
Norkitten hatte unter der Herrschaft der Franzosen zu Napoleons Zeiten besonders zu leiden, denn das Dorf war Etappe beim Aufmarsch der Grande Armée 1812 nach Moskau. Das Gelände war mit Zelten für die Mannschaften übersät, die Felder neben der Heerstraße wurden rücksichtslos zerfahren, die Wiesen abgehütet, die Bäume in den Wäldern nach Gusto und Bedarf gefällt. Der Fürst von Anhalt-Dessau hatte selbst ein Truppenkontingent für diesen Eroberungszug bereitzustellen, das am 6. Oktober der Hauptmacht nach Smolensk folgen musste. Schon ab 14. Dezember fluteten die ersten französischen und mit ihnen verbündeten Soldaten wieder zurück – verwahrlost, erschöpft, erfroren.
In Norkitten erhob sich einst eine starke Befestigung der Prußen und die gaben von hier aus in Zeiten der Gefahr weithin sichtbare Feuerzeichen. Nach der Eroberung durch den Orden entstand an Stelle der Heidenburg das Feste Haus Norkitten. Teilweise auf dessen alten Fundamenten errichteten die Nachfahren, zuletzt die Herzöge von Anhalt, 1818 – 1820 ein repräsentatives Herrenhaus mit beherrschender Lage über dem Pregeltal. Dieses existiert nicht mehr. Nur einige Wirtschaftsgebäude des Gutes künden von dem einstigen herrschaftlichen Besitz.
Ein kleines Denkmal in Norkitten für den Anführer der Prußen während des großen Aufstands der Prußen gegen die Eroberungen des Deutschen Ordens im 13. Jh., Henricus Monte, das den Litauern sehr wichtig war,. wurde in der Sowjetzeit als angebliches Zeugnis des litauischen Imperialismus zerstört.[3]
In Norkitten wurde General August von Werder (12. 9. 1808 – 12. 9. 1888) geboren. Er trat 1825 in das Regiment Garde du Corps ein, wurde 1839 Lehrer im Kadettenkorps, kam 1846 in den Generalstab und diente sich in der Militärhierarchie hoch, bis er 1866 zum General ernannt wurde. Im Deutsch-Französischen Krieg errang er etliche militärische Erfolge, die ihn besonders in Süddeutschland sehr populär machten. Nach dem Krieg erhielt er das Kommando über ein Armeekorps in Karlsruhe und wurde 1879 in den Grafenstand erhoben. Er starb auf Schloss Grüssow im Kreis Belgard, Pommern. Die Bundeswehrkaserne in Saarlouis trägt den Namen Graf-Werder-Kaserne.[4]
[1] Horst Grigat, Das Kirchspiel Saalau, 2007, S. 4
[2] Jürgen Ziechmann, Der jüngste Sohn des „Alten Dessauer“, PAZ Nr. 14/2010 (10. April), S. 11
[3] Prof. Dr. Dr. h.c. Sven Ekdahl, Tannenberg – Grunwald – Zalgiris, Osteroder Zeitung, Mai 2010, S. 28
[4] Wikipedia, 24. 11. 2008