Zentral im Ort liegt der alte Mühlenteich, der zum Rudern einlädt und von einer einladenden Promenade umgeben ist. Am Ostende des mehrere ha großen Sees, um den herum das ursprüngliche Dorf Rauschen besonders malerisch erschien, stehen immer noch einige alte Linden. Es gab den Lindenkorso und gibt immer noch die über 400jährige Linde mit mehr als 8 m Stammumfang, genannt die „tausendjährige“. Die Mühle von Rauschen dagegen, die 1583 bereits bestand, überlebte zwar den Krieg, arbeitete vermutlich auch noch 1946, wurde aber danach irgendwann abgeräumt.[3]
Dass sich südlich des Mühlenteichs ein dichtes Waldgebiet erstreckt, ist Friedrich Wilhelm IV. zu verdanken. Als er in den 1840er Jahren anlässlich einer Huldigungsfeier den Strand bereiste, regte er diese Aufforstung an, und die erfreut bis heute die Besucher des des Ortes.[4]
In Richtung Ostsee stehen viele malerische Baum umstandene alte Villen und Pensionen, Kurhäuser und Sanatorien, Cafes und Restaurants, die auf die kiefernbestandenen Hügel verteilt sind. Viele alte Villen sind in überraschend gutem Zustand. Im Zentrum gibt es einige Beispiele von Jugendstilarchitektur. Die Strandpromenade ist von den Russen nach ihren eigenen Vorstellungen neu gestaltet worden. Der 75 Meter lange Seesteg von 1908 existiert aber nicht mehr.
Die Pfarrkirche auf einer extra Anhöhe nahe der Ostsee ist ein Bau nach Plänen der Königsberger Architekten Otto Walter Kuckuck und Wichmann sowie des Regierungsbaumeisters Eschner und des Kunstmalers Hering von 1907. Sie wurde mit privaten Mitteln errichtet, wobei der Königsberger Kaufmann August Honig den Baugrund stiftete. Nach dem Krieg wurde sie zur Turnhalle umgewidmet. Sie dient seit 1992 der orthodoxen Glaubensrichtung, geweiht dem Heiligen Seraphim von Sarow, und ist Sitz eines Archidiakons.
Die Katholiken sowohl wie die Baptisten verfügten je über eine eigene Kapelle. Die katholische Kirche wurde 1930/31 auf einem Grundstück des einstigen Hauses Muhme gebaut, das der Königsberger Probst Stoff 1928 erworben hatte. Architekt war der Regierungsbaumeister a. D. Wilhelm Kleppe. Das Holz dafür stammte vom Abbruch des Cranzer Bahnhofs in Königsberg. Nach dem Krieg war es lange ein Warenlager, das in jüngster Zeit in einen schönen Kammerkonzertsaal umgewandelt wurde. Dieser Saal erhielt eine Orgel der Firma Hugo Mayer und ist diese die größte Orgel in der Oblast Kaliningard nach den Orgeln im Königsberger Dom.
Die Kapelle der Baptisten wurde 1905 nach Plänen des Gemeindevorstehers Karl Glauss als Tochtergemeinde der Baptistengemeinde Tragheim in Königsberg in der Nähe des Bahnhofs gebaut, erstrahlt nach ihrer stilgerechten Renovierung seit 2008 in neuem Glanz und dient der unweit entfernt nördlich des Bahnübergangs in Rauschen-Ort gelegenen „Kinder-Musikschule“ als Vortragsraum.[2]
Eine 1994 geweihte Kirche des Gedenkens, geweiht der Ikone der Gottesmutter „Freude aller Leidenden“, erinnert an ein Unglück im Jahr 1972. Eine Militärmaschine vom Typ Antonow streifte an der Küste einen Baum und stürzte 200 Mater weiter auf ein Rauschener Kinderheim, das durch auslaufendes Flugbenzin in Brand geriet. 35 Menschen, darunter 24 Kinder, und die Flugbesatzung kamen ums Leben. [5]
Die Skulpturen des Künstlers Hermann Brachert, die einst im Kurpark von Rauschen standen, findet man jetzt im Museum von Otradnoje – Georgenswalde: die Wasserträgerin bzw. das Mädchen mit dem Krug (Marmor), Schwebende Nymphe (Marmor), Fischer mit Nixe (Naturstein), Drei Mädchen mit Bernstein (Naturstein). Seine Bronzeplastik „Badende Frau“ bzw. “Nymphe” blieb aber unverändert an der Promenade. Für die Bronzefigur, die 1938 von der Kunstgießerei Gleiwitz gegossen wurde, stand die damals 17-jährige Käthe Zigan Modell, später verheiratete Porst.[1] Die Badende zierte einst die von Hanns Hopp konzipierte imposante Treppenanlage, die den Abschluß des Schlängelwegs an der Uferpromenade bildete. Die Wasserträgerin steht jetzt als Kopie im kleinen Kurpark
Das Warmbad, ein runder Jugendstilbau mit 25 Meter hohem Wasser- und Aussichtsturm und dem charakteristischen Kuppeldach wurde 1907/08 nach Plänen von Otto Walter Kuckuck (1871 – nach 1942) gebaut und ist immer noch das Wahrzeichen des Kurortes. Kuckuck war auch der Architekt für das Neue Schauspielhaus und das Luisentheater in Königsberg sowie für das Restaurant im Zoologischen Garten, heute Sitz der Zoo-Verwaltung. Der Svetlogorsker Künstler Nikolaj Frolow ergänzte in den 1970er Jahren das Erscheinungsbild des Warmbads durch eine üppige Sonnenuhr am Turm. Vom selben Künstler stammt das große Mosaik einer Sonnenuhr am östlichen Ende der Strandpromenade, gleichzeitig das untere Ende der Venusschlucht, durch die sich heute eine monumentale Treppenanlage erstreckt, sowie die mit Mosaiken verzierte Muschelskulptur als Hintergrund für die Nymphe von Brachert.[6]
Das Gebäude der alten Schule, die mit der Eröffnung der neuen Schule 1926 zu einem Wohnhaus der Gemeinde umgebaut wurde, existiert noch und wird jetzt von russischen Familien bewohnt. Die neue Schule an der Sassauer Strasse verfügte im Untergeschoss über eine Turnhalle und in den zwei darüber liegenden Stockwerken über je zwei Unterrichtsräume. Die Aula befand sich im oberen Stockwerk. Damals war es in Landschulen, so auch in Rauschen, üblich, dass immer zwei Schuljahre in einem Klassenraum versammelt waren und dort gemeinsam unterrichtet wurden. Nachdem ein Schulhaus für die russischen Schüler entstanden war, wurde das neue Schulhaus von 1926 abgerissen.[7]
Das Kurhaus von Rauschen war eine private Investition von Käthe Kaempf, gebaut 1901 direkt an der Steilküste. Es war im eigentlichen Sinn kein Haus zum Kuren, aber beherbergte ein großes Restaurant und Fremdenzimmer für die Gäste des Ortes. Im Freien gab es eine Tanzfläche und von der Terrasse hatte man damals wie heute einen hervorragenden Blick auf die Ostsee. Von 1903 bis zur Einweihung der evangelischen Kirche fand hier im Kurhaus der Gottesdienst statt.
Die Sonnenuhr „Zodiac“ am Südende der Promenade ist eine kunstvolle Mosaikkomposition, 1974 gestaltet von dem Bildhauer Nikolai Frolow zusammen mit Jumrandet von den zwölf Tierkreiszeichen mit der Absicht, Betrachter für das Kunstwerk anzulocken, indem sie nach ihren eigenen astrologischen Symbolen suchen. Die Sonnenuhr wurde 2022 zum Kulturerbe von regionaler Bedeutung erklärt.[8] Die Genauigkeit, mit der sie die Zeit anzeigt, ist beeindruckend.
Im Osten von Rauschen an der Ostsee-Steilküste nahe der Venusschlucht existiert seit 2015 das moderne Theater Jantar Choll mit 1.600 Plätzen.
Seit 2011 hat Rauschen einen Anschluß an die Küstenautobahn mit guter Anbindung an Kaliningrad und den Flughhafen in Powunden. Für die elektrifizierte Eisenbahn beträgt die Fahrzeit nach Königsberg etwa 1 Stunde.
[1] J.T., Bracherts “Nymphe” droht der Verfall, Oprbl. Nr. 31/2014 (2. August), S. 13
[2] Armin Matt, Ein Juwel bleibt erhalten, Oprbl. Nr. 15/09 (11. April), S. 15; Hans-Georg Klemm,Rauschen nach dem 1.Weltkrieg, in Unser schönes Samland, Sommer 2018, S. 14
[3] Hans Georg Klemm, Rauschen, Unser schönes Samland, Herbst 2008, S. 38/39
[4] Albert Zweck, Samland, Pregel- und Frischingstal, S. 21
[5] Hans Georg Klemm, Erinnerung an Rauschen, Unser schönes Samland, Herbst 2023, S. 15
[6] Hans-Georg Klemm, Unser schönes Samland, Herbst 2021, S. 27
[7] Hans Georg Klemm, Heimatbericht aus Rauschen mit Schulbezirken Craam, Georgenswalde und St. Lorenz, Unser schönes Samland, Sommer 2010, S. 32 ff
[8] Jurij Tschernyschew, Oprbl. Nr. 45/2022 (28. Oktober), S. 13