Geschichte von Pritschaly – Pait und seiner Prominenz
Eine erste Nachricht über die Försterei Pait, eine der üblichen preußischen Revierförstereien und malerisch am Flüsschen Pait zwischen Pryschaly – Inse und Chrustalnoje – Klein Krauleiden gelegen, ist von 1886 überliefert. Damals existierte daneben noch ein Dorf, das dann aber vom Forstfiskus aufgekauft und in den Jagdkomplex integriert wurde. Zunächst kamen erlauchte Gäste zur Jagd im Bereich Tawellningken hierher und logierten in der Oberförsterei Ibenhorst, später entdeckte Kaiser Wilhelm II. seine Liebe zu dieser Gegend und machte die Bruchlandschaft zum „Elch-Rominten“. Dabei gab es um 1900 gerade mal etwa 250 Elche. Zum ersten Besuch des Kaisers vom 18. – 20. 9. 1904 war 1901/02 auf der Ostseite ein Seitenflügel angebaut worden mit der kaiserlichen Unterkunft, beim zweiten Besuch 1907 gab es einen weiteren Flügel, in den der Förster übersiedelte, um Platz für das kaiserliche Gefolge zu schaffen. Der Kaiser weilte vom 12. – 14. 9. 1910 dritt- und letztmalig hier.
Die Försterei gehörte zur früheren Hauptförsterei Tawellningken, 1937 in Tawellenbruch umbenannt, und Kaiser Wilhelm II. jagte von hier aus im Tawellningker Forst nach Elchen. In der Weimarer Republik war es bevorzugtes Jagdrevier von Ministerpräsident Braun und in der Nazizeit nutzte Hermann Göring die Räumlichkeiten der Hauptförsterei, nachdem er die Anlage mit seinem Hang zur Großartigkeit hatte umbauen und erweitern lassen.
Um die Wende zum 20. Jh. gab es im Gebiet neben Elchen auch Wildschweine, Rehe, Hasen und Füchse. Die Anzahl der Elche in Ostpreußen schwankte sehr stark. Noch in der Herzogszeit war der Elch als Standwild weit verbreitet. Seit dem 18. Jh. wurde der Elch dann zunehmend bejagt. Unter Friedrich I. erlegte man allein in der Kaporner Heide viele hundert Elche. Auch die Nachfolger dezimierten die Bestände kräftig, die dann mit dem Ende des 18. Jahrhunderts drastisch abnahmen. Im Jahr 1840 fiel der letzte masurische Elch, 1842 der letzte in Preußisch Eylau. Im Jahr 1849 zählte man nach einer kurzen Periode der Jagdfreiheit in ganz Ostpreußen nur noch 11 Tiere. Neben der intensiven Jagd war aber auch die Umwandlung der vielen Moore und Wiesen und der Nieder- und Bruchwälder in Wirtschaftsflächen und -wälder für den Rückgang der Population entscheidend.[1] Der Elchbestand allein im Elchrevier stieg in der Kaiserzeit aufgrund von Schutz und Schonung dann von 200 auf 800 Tiere an. Das war maßgeblich das Verdienst von Oberförster Meyer, der das Forstamt Tawellningken vom 1.1.1904 – 16.11.1914 leitete und durch gezielten Hegeabschuß vornehmlich die guten Schaufler sich vererben ließ. So hing im Jagdhaus Pait u.a. eine Wiedergabe des im Jahre 1912 von dem damaligen Landwirtschaftsminister Freiherrn von Schorlemer-Lieser erlegten Zweiundzwanzigenders, der seinerzeit als stärkster ostpreußischer Elch galt.
Durch Kriegseinwirkung und Wilderei ging der Elchbestand bis 1918 auf etwa 230 Tiere zurück. Insbesondere Ministerpräsident Braun, selbst ein begeisterter Jäger, sorgte mit strengen Schutzvorschriften für ein erneutes Erstarken des Elchwildes. In der Mitte der 1930er Jahre gab es wieder an die 1.500 Elche. Der Reichsjägermeister Göring und seine Jagdgäste betrieben eine ziemlich ungezügelte Jagd auf die großen Tiere und die sowjetischen Soldaten sorgten dann für eine totale Vernichtung der Bestände nach dem 2. Weltkrieg. Durch Zuwanderung von Elchen aus Litauen und Einbürgerung von Tieren aus Weißrussland und dem Moskauer Gebiet nahmen die Bestände erneut zu. Sie erreichten im Jahr 2005 wieder 1.300 Elche.[2]
Maler und Bildhauer beschäftigten sich ebenfalls mit dem Elch. Der berühmteste Elchmaler warRichard Friese (1854 – 1917), geboren in Gumbinnen, hielt sich oft im Ibenhorster Forst auf, um Elche zu sehen und zu malen. Der Bildhauer Ludwig Vordermayer, Schöpfer des Tilsiter und des Gumbinner Elchs, hielt sich oft im Tawellningker Forst auf, um den Körperbau der Elche zu studieren. Sein Gumbinner Elch, aufgestellt am 29. September 1911, war dabei glatt geformt, der Tilsiter von 1928 dagegen zeigte ein angedeutetes Haarkleid, war also weniger glatt.
Nach dem ersten Weltkrieg zogen in den Revolutionswirren und den Nöten der Inflationszeit etliche Banden durch die Wälder und dezimierten den Elchbestand so stark, dass erneut mit seiner Ausrottung gerechnet werden musste. Die Elchwilderer machten sich im Winter den Umstand zu Nutze, dass der behäbige Elch sich auf spiegelglattem Eis nur schwer halten konnte und jagten ihn auf Schlittschuhen mit lautem Geschrei, bis er ausglitt. Dann konnten sie ihn mit einem Eisspieß erlegen. Nur noch 40 Elche wurden gezählt. Häufige Überschwemmungen behinderten die Erholung der Bestände, bis man die Eindeichung verbesserte und „Elchberge“ als Zufluchtsorte für die großen Tiere schuf.
Unter der Schirmherrschaft des preußíschen Ministerpräsidenten Braun frischte man den Bestand wieder kräftig auf, so dass Hermann Göring kapitale Elche zum Abschuß vorfand. Gleich im Herbst 1934 schoß er einen 24Ender, wie ihn noch nie jemand vorher erlegt hatte und der als der“Großmächtige von Gilge” in die Jagdgeschichte einging. Göring machte das Revier umgehend zum Elchschongebiet und erreichte, dass 1945 wieder an die 1.200 Elche in Ostpreußen lebten. Danach machten dann sowjetische Soldaten erneut gnadenlos Jagd auf die mächtigen Tiere, doch inzwischen hat die russische Verwaltung sie wieder auf der Nehrung angesiedelt und schützt den Bestand.
Das Jagdhaus gelangte ziemlich unbeschadet über den 2. Weltkrieg. Als der Elchwald das Jagdgebiet der Baltischen Rotbannerflotte wurde, verwahrlosten die Gebäude zusehends, verfielen und verschwanden zum Teil. Zuletzt diente das Jagdhaus als Pelztierfarm, als Lagergebäude und als Futterhaus. Die Balkone und Holzaufbauten verrotteten und verfielen, die Fenster und Türen wurden zugemauert. Das Oberforstamt Elchwald und die Forstämter in Tawellningken und Pfeil hatten allerdings ein noch schlechteres Schicksal: von ihnen steht nichts mehr.
Im Jahr 2003 wurde in Königsberg die „Stiftung zur Unterstützung des Wiederaufbaus von historischen Denkmälern Pait“ gegründet (Kontaktdaten: 236001 Kaliningrad, Jaltinskaja ulica 66, Russ.Föder., Tel. (0112) 45-29-60, 45-71-17, 45-71-34. Fax (0112) 46-39-80, 45-71-44. eMail: rs@gazinter.net). Mitbegründer und Präsident der Stiftung ist A. L. Drownjaschin. Vizepräsident ist der Berliner Jäger und Naturschützer Jürgen Leiste, Tel./Fax 030 241 52 60. Die Stiftung hat die Aufgabe, die alte kaiserliche Anlage als Jagdhaus und internationale Begegnungsstätte für Jagd- und Ökotouristen wieder aufzubauen und als Herberge und Naturschutzstation für Touristen, Wanderer, Naturforscher, Jäger, Angler und Naturfreunde zur Verfügung zu stellen. Wesentlicher Sponsor ist das privatwirtschaftliche Baltische Handels-Industrie-Haus „Ressourcen des Nordens“ – OOO Baltijski torgowo-promyshlennij dom „Resursy Sewera“ mit Sitz in Königsberg, dem das Grundstück und die Gebäude gehören. Das einstige Dienstgebäude wurde bereits rekonstruiert und am 4. 10. 2001 fertig gestellt. Es beherbergt die Wohnung für den Verwalter sowie Gästezimmer mit Dusche und WC und ein kleines Museum. Das ehemalige Jagdhaus des Kaisers wurde entrümpelt, die zugemauerten Fenster geöffnet und die Bausubstanz gesichert.
Weitere Informationen über die Stiftung “Historisches Jagdhaus Pait” sind über den Koordinator der Stiftung in Deutschland, Jürgen Leiste zu beziehen: leiste@jagdhaus-pait.com. Boote für Ausflüge stehen zur Verfügung. Internet-Adresse: www.jagdhaus-pait.com. Die Dächer des Hauptgebäudes und der Nebengebäude wurden instandgesetzt, der Kaisersaal hat ein neues Aussehen bekommen.
Von Pait aus werden Ausflüge in das Große Moosbruch im Kreis Labiau organisiert. Alle Exkursionen in die Moorgebiete des Großen Moosbruchs und die Lehmreviere werden vom Naturschutzzentrum Gromowo (früher Lauknen/Hohenbruch) aus durchgeführt. Gromowo – Lauknen befindet sich im Zentrum des berühmten Hochmoorgebiets.
Anthropos e.V. führt in Zusammenarbeit mit seinem russischen Schwesterverein Sojus Anthropos Kaliningrad mit Jugendlichen und Kindern aus Partnerschulen im Gebiet Kaliningrad jedes Jahr einen Tag der Geschichte durch. Aus diesem Anlass wurde z. B. 2007 der Gedenkstein für den Hegemeister Wilhelm Borchardt, der am 16.12.1921 im Forstamt Schnecken durch einen Wilddieb erschossen wurde, saniert.
Der Autor des Buches „Elchwald“, Hans Kramer (13. 7. 1896 – 11. 1. 1982) (siehe Literaturverzeichnis) wurde im Herbst 1943 von Göring aus Jagdneid abgekanzelt, weil er dem Fleischermeister Goerke gestattet hatte, einen kapitalen Hirsch im Elchwald zu schießen, den Göring gerne selbst erlegt hätte. Dabei hatte der Reichsjägermeister aus Angst vor Partisanen seit 1942 den Elchwald gar nicht mehr betreten. Der Großvater von Hans Kramer war der Richter, Justizrat und Ehrenbürger der Stadt Neidenburg, Theodor Tolki (19. 1. 1822 – 26. 10. 1904).[3] Siehe auch: Andreas Gautschi „Elchjäger Hans Kramer – Bilder eines Jägerlebens“ (Jana-Verlag, 68 €) und Hans Kramer/Horst Kramer „Elchwald – einst und heute“ (Jana-Verlag, 39,95 €)
[1] Horst F. Buchalsky, Jagd und Jäger in Ostpreußen, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 2018, S. 43
[2] Horst F. Buchalsky, Jagd und Jäger in Ostpreußen, Neidenburger Heimatbrief, Pfingsten 2018, S. 44 f
[3] Neumärker/Knopp, Görings Revier, S. 158) – Neidenburger Heimatbrief, Weihnachten 1967, S. 6 – Köpfe der Heimat)