Pobethen

Geschichte von Pobethen

Das Dorf Pobethen im Talkessel des Pobethener Mühlenfließes war bis zum Beginn des 20. Jhs. diegrößte ländliche Gemeinde des Kreises Fischhausen. Im 19. Jh. profitierte sie bis zur Errichtung der Samlandbahn von den durchreisenden Sommergästen der Seebäder und baute dafür ihr Gastgewerbe aus. Einen Krüger gab es bereits 1479, der ab 1527 sogar Branntwein herstellen und vertreiben durfte, was allerdings im Laufe des 17. Jhs. wieder eingestellt wurde. Auch sonst hatte sich in der Ortschaft ein reges Geschäftsleben etabliert. Eine Schule gab es schon zur Zeit der Reformation und Friedrich Wilhelm I. sorgte für einen Schulbau im Zusammenhang mit der Reorganisation der ländlichen Schulen. Um 1900 war sie sechsklassig. 1931/32 wurde ein neues Schulhaus für die Hindenburg-Volksschule von Maurermeister Bobeth gebaut, entworfen von dem Architekten Hoff. Sie war zum Kriegsende Lazarett und wurde bei der Eroberung Ostpreußens durch die Rote Armee zerstört.[5]

Die Besiedlung der Gegend erfolgte bereits in der Bronzezeit durch Balten. Am Hannchenberg, der das Tal des Pobethener Mühlenfließes in Richtung Diewens, das Höllental, überragt, befand sich vermutlich eine prußische Wehranlage,in der das prußische Geschlccht der Pobetin residierte[6]. Ihre erste urkundliche Erwähnung fand sich 1258.

Landmeister Helmerich von Rechenberg ließ 1262 auf einer Landzunge im Mühlenteich ein Holz-Erde-Befestigungswerk und, Sitz eines Kämmerers – das „Haus Pobethen“ – anlegen. Das wurde 1283 und 1289 bei einem Einfall von Litauern zerstört, aber bald wieder aufgebaut, dann aber in Stein. Diese Burg aus der 1. Hälfte des 14. Jhs. wurde 1525 im Bauernaufstand unter Teilnahme oder Führung von Hauptmann Hans Gericke aus demselben Ort zerstört und nicht wieder aufgebaut. Noch 1912 begann die Gemeinde, einen Teil der Ruinen abzureißen, um Material für den Straßenbau zu gewinnen. Durch Intervention des Landeskonservators konnten damals aber wenigstens die bereits freigelegten Fundamente des östlichen Haupthauses gerettet werden, die man schnell wieder mit Sand zudeckte.

Der Name des Ortes geht zurück auf das prußische Geschlecht der Pobetin im alten Land Bethen, die auf einer der landesüblichen kleinen Festungen saßen. Im Prußenaufstand von 1260 lag dort derSchwerpunkt des samländischen Widerstands, der in die Schlacht von Pobethen mündete und der nur mit der massiven Gegenwehr des livländischen Schwertbrüderordens und einem Königsberger Aufgebot gebrochen werden konnte, womit der große Aufstand endete.

Pobethen blieb auch danach ein Unruheherd und die prußische Sprache und Religion hielt sich hier besonders lange. So wurde noch 1510 und 1531 von Opferzeremonien prußischer Priester, sog. Waideler oder Waidelotten, berichtet. Der Überlieferung nach hat 1520 ein prußischer Freier und Waideler, Valtin Sopplit oder Supplieth, am Ramtener Ufer mit dem Segen des Hochmeisters Albrecht öffentlich einen schwarzen Bullen geopfert, um die während des Reiterkrieges zu den Polen haltenden Danziger Schiffe davon abzuhalten, im Samland zu landen – mit Erfolg. Nach weiteren Opferzeremonien schritt aber die Kirche ein: die heidnischen Zeremonien wurden verboten und 73 Nachfahren der Prußen, die sich hier besonders hervorgetan hatten, mussten in Pobethen Buße tun und ein Jahr lang jeden Sonntag vor dem Altar stehend den Strafpredigten des Pfarrers zuhören.

Andererseits erhielten die aufständischen Bauern von Caymen hier Unterstützung. Die Revoluzzernahmen die Pobethener Burg ein, um den verhassten Amtmann von Polentz zu erschlagen. Der war aber längst geflohen. Somit blieb ihnen nur, die Burg umfangreich zu verwüsten.

In jener Zeit wurde die Predigt noch konsequent durch den Kirchentolken Paul Merlot simultan ins Prußische übersetzt und der Pobethener Pfarrer Abel Will, der von 1540 – 1575 amtierte, übersetzte um 1545 auf Geheiß Herzog Albrechts den Lutherschen Katechismus ins Prußische: „Enchiridion – Catechismus in preußischer sprach und dagegen das deutsche“, 1545 gedruckt in Königsberg durch Hans Weinreich, dritte Auflage 1561 durch Johann Daubmann – das vermutlich einzige gedruckten Zeugnis der prußischen Sprache. Allerdings steht Abel Will auch heute noch stark in der Kritik. Seine Übersetzung wird allgemein als schauderhaftes Prußisch angesehen. Dabei ist aber nicht klar, ob Will stümperhaft gearbeitet hat oder ob die die prußische Sprache in jener Zeit schon sehr entartet war.[3]

Am Beginn des Diewens-Tals befand sich die Ordensmühle, die sich zu einem adlig-köllmischen Gut entwickelt hatte. Von hier erhielt der Ort im Anfang des 20. Jhs. seine Beleuchtung.

Nach Pillau und Fischhausen war Pobethen einst der bedeutendste Ort des Samlands und hatte eine wunderschöne Lage. Die Gasprom baut neuerdings eine Wohnsiedlung für 500 Bewohner auf einer Fläche in Richtung Goythenen-Jaugehnen.[1] Die alte Post in Pobethen wurde jüngst zu einem Vereinslokal mit Gästezimmern ausgebaut.[2]

Hinweis: Karte des Samlands und viele Bilder zu Pobethen und anderen Orten des Samlands siehe http://www.pobethen-dietmar.de

Goythenen war ein kleiner Ort 2,5 km südlich von Pobethen.Er wurde erstmals 1398 urkundlich erwähnt und hatte um 1820 etwa 88 Einwohner. In Niekammers Güter-Adressbuch wurden Ende der 1920er Jahre drei kleine Güter aufgeführt. Zusätzlich gab es noch das Gut Legien, das Sigrid Bartsch 1943 von ihrer Großmutter Klara Antonie Legien geerbt hatte. Damals gab es keine gemeindliche Frischwasserversorgung. Jeder Hof hatte seinen eigenen Brunnen, aus dem das Wasser per Hand oder elektrisch gefördert werden musste. Goythenen existiert nicht mehr.[4]


[1] Dietmar Wrage, Pobethen, Unser schönes Samland, Herbst 2008, S. 23
[2] Dietmar Wrage, Pobethen, Unser schönes Samland, Herbst 2013, S. 15
[3] Wills Kenntnis des Prußischen, Zeitrschrift für vergleichende Sprachwissenschaft, 1916, in Tolkemita Mitteilungen 1/2017, S. 30
[4] Hans-Georg Klemm, Vergessene und verschwundene Orte – Goythenen, Unser schönes Samland, Winter 2017, S. 23/24
[5] Ernst Wittrin, Pobethen, Unser schönes Samland, Herbst 1974, S. 36
[6] Ernst Wittrin, Das Gebiet Pobethen, Unser schönes Samland, Sommer 1996, S. 48