Priekulė – Prökuls
Prökuls an der Minge hieß ursprünglich Paminia (an der Minia/Minge).und für 1511 ist hier bereits ein Krug dokumentiert, was auf einen Handelsplatz an einer Kreuzung von Handelsrouten schließen lässt. Der Ort selbst wurde gegen Ende des 16. Jhs. gegründet und war einst einer der größten Orte im Landkreis Memel. Dort war der Dichter Ernst Wichert (Roman u. a. Heinrich von Plauen) längere Zeit als Richter tätig und sammelte in dieser Zeit den Stoff für seine “Litauischen Geschichten”. Die väterlichen Vorfahren von Immanuel Kant entstammten dem Kantweinen im Kirchspiel Prökuls.
Am 1. 7. 1757 fielen Russen in Prökuls ein, angeblich geführt von dem jungen Burschen Jakob Kupris aus dem nahen Kantweinen. Er nutzte seine Ortskenntnis, um die Russen auf die versteckten Wertsachen hinzuweisen, malträtierte den Pfarrer und erstach ihn letztlich in seiner eigenen Kirche. Doch die Untat wurde bald gesühnt und Kupris an einem Mastbaum aufgehängt.[1] Vom Amtsvorwerk Prökuls nahmen die Russen 120 Kühe, 40 Stück Jungvieh und 600 Schafe mit. Als sich die Soldaten im Herbst 1757 aus Proviantmangel zurückzogen, nahmen sie das inzwischen geerntete Getreide mit und die Bauern hatten nun weder Vieh noch Brot. Stattdessen grassierten Syphilis und Flecktyphus.[2].
Im Revolutionsjahr 1848 wurde am 29. März das Justizamt gestürmt, die Akten vernichtet und das Mobiliar zerschlagen. Der Steuereinnehmer Liedtke wurde mißhandelt, sein Anwesen verwüstet. 15 Anführer verhaftete man und verurteilte sie zu Zuchthausstrafen.
Um 1856 herum entdeckte man in Prökuls beachtliche Bernsteinvorkommen. Der Prökulser Gutsbesitzer konnte in diesem Jahr Bernstein für 2.000 Taler verkaufen.[3]
Schon zur Ordenszeit soll in Prökuls eine Kapelle gestanden haben. Eine erste Nachricht von der Existenz einer Kirche fand sich in einer Meldung von 1587 über den Tod des ersten Pfarrers Radunius. 1628 wurde Prökuls zum Kirchspiel bestimmt. Das bis 1945 bestehende Kirchengebäude entstand 1688/97. Es wurde im letzten Krieg zerstört. Die noch verbliebenen Gemeindemitglieder bauten deshalb das Gemeindehaus zur Kirche um und fügten einen Turm an, in dem die Glocken aus der zerstörten Kairinner Kirche aufgehängt wurden.[4] In jüngerer Zeit wurden die Fundamente der zerstörten evangelischen Kirche durch eine niedrige Mauer sichtbar gemacht und ein Gedenkaltar aufgestellt. Außerdem gibt es eine katholische Kirche, die 1938 errichtet wurde.
Seit 1875 war Prökuls an die Eisenbahnlinie Tilsit – Memel angeschlossen. Die Bahnhofsgebäude sind noch vorhanden, aber der Personenverkehr wurde 2011 eingestellt. Dazu hat Dirk Bloch folgendes herausgefunden: Am 1. Oktober 2018 wurde zwischen Klaipda und Šilute der Verkehr wieder aufgenommen. Unterwegs hält der Zug in Priekul, Vilkyiai und Kukorai.[5]
Viele Details, Bilder und Landkarten findet man unter http://wiki-de.genealogy.net/Priekul%C4%97
[1] Richard Meyer, Heimatkunde des Memelgebietes, Memel 1922, S. 98
[2] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 337
[3] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 345
[4] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 460
[5] Dirk Bloch, mail vom 5. 5. 2020