Prominente Gerdauener

Theodor Gottlieb von Hippel d. Ä. (31. 1. 1741 – 23. 4. 1796)

Theodor Gottlieb von Hippel d. J. (13. 12. 1775 – 10. 6. 1843)

Hinrich Kuessner, stellvertretender Ministerpräsident und Präsident des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern

Hans Jenisch, U-Boot Kommandant im 2. Weltkrieg und Kapitän in der Bundeswehr.

Die beiden Hippels sind vor 1945 die prominentesten Vertreter der Stadt.

Theodor Gottlieb von Hippel d. Ä. (31. 1. 1741 – 23. 4. 1796), Bürgermeister, Polizeidirektor, Oberkriminalrichter in Königsberg, wurde in Gerdauen geboren. Sein Vater war nach dem Studium der Theologie an der Albertina Rektor an der Stadtschule von Gerdauen geworden. Die Familie Hippel war ursprünglich in Löwenstein unweit von Königsberg ansässig, wo sie über Generationen den Pfarrer stellte. Der Sohn Theodor Gottlieb studierte wie der Vater in Königsberg Theologie und später Jura. Mit 15 ½ Jahren bereits immatrikulierte er sich 1756 an der Albertus-Universität.[1] Hippel wohnte u. a. in dieser Studienzeit in einem Landhaus, das ihm der Justizrat Polykarp Woyt zur Verfügung gestellt hatte, dessen Sohn er unterrichtete. Mit der engen Beziehung zum Justizrat bahnte sich der Wechsel vom Theologie- zum Jurastudium an.[2]

Während der russischen Besetzung Königsbergs im 7jährigen Krieg lernte Hippel in der „Drei Kronen Loge“ oder „Drei-Königs-Loge“, in die er 1762 eintrat, den in russischen Diensten stehenden Leutnant Hendrick v. Keyser, einen Neffe der Frau Woyt, kennen. Beide freundeten sich an und als v. Keyser von Graf Fermor den Auftrag bekam, eine Sammlung schöner Bernstein-Exemplare der Zarin Elisabeth zu überbringen, durfte Hippel den Offizier nach St. Petersburg begleiten. In Petersburg wohnten beide im Haus von Gouverneur v. Korff.

Als Hippel nach Königsberg zurückkehrte, hatte Justizrat Woyt den Unterricht des Sohnes und damit die Landhauswohnung in andere Hände gegeben. Hippel musste Geld verdienen und nahm deshalb die Stelle eines Hofmeisters auf Gut Wesselshöfen an, das der Familie von Schrötter gehörte. Nach einem Jahr und mit der misslichen Erfahrung einer nicht standesgemäßen Liebe zur Tochter des Hauses kehrte er 1762 nach Königsberg zurück und nahm nun das Jurastudium auf, was ihn auf die preußische Verwaltungslaufbahn vorbereitete. 1765 wurde er Advokat am Stadtgericht, ab 1772 auch am Hofgericht und galt als erfolgreicher Anwalt. Aufgrund seiner großen Rednergabe berief man ihn bald in städtische Ämter.

1780 ernannte ihn der König zum „dirigierender Bürgermeister“ und Polizei-Direktor von Königsberg, 1783[3] zum Geheimen Kriegsrat und Stadtpräsidenten von Königsberg. In kurzer Zeit gelang es ihm, die chaotischen Zustände im Magistrat zu überwinden und eine gut funktionierende Stadtregierung zu schaffen.[4] In diesen Jahren wurde Hippel geadelt.

Er war befreundet mit Johann Georg Hamann sowie mit Immanuel Kant, der ihm zum Erwerb des Adelstitels gratulierte. Im Gegensatz zu den theoretischen Gedankenkonstruktionen Kants konnte Hippel praktische Erfolge in der Politik vorweisen, was ihn zu der spöttischen Bemerkung veranlasste, Kant und seinesgleichen vermochten vielleicht dem Kosmos seine Gesetze vorschreiben, niemals jedoch das Land, oder gar nur ein Dorf oder einen Hühnerstall regieren.[5]

Hippel war Verfasser staatsrechtlicher Werke und insbesondere Mitarbeiter am preußischen Landrecht, das 1791 veröffentlicht wurde. Er galt als höchst erfolgreicher Verwaltungsfachmann, der die Polizei, die Feuerwehr, das lokale Waisen- und Armenwesen reorganisierte, der – als Fußnote – am Königsberger Schloss den ersten Blitzableiter in Deutschland installieren ließ. Aufgrund seines Rufs als fähiger Stadtregent übertrug ihm 1790 der Oberpräsident von Ostpreußen Leopold von Schrötter die verwaltungstechnische Eingliederung des durch die polnische Teilung neu erworbenen Netzedistrikts und 1793 erhielt er die Aufgabe, das gleiche für Danzig zu vollbringen, wozu er sich fast ein Jahr in der alten Hansestadt aufhielt.[6] Sein Landhaus „Auf den Hufen“ in Königsberg diente 1806 der auf der Flucht befindlichen preußischen Königsfamilie als zeitweiliger Aufenthaltsort und wurde deshalb danach „Luisenwahl“ genannt.

Als seine Schwägerin gestorben war, nahm er den Sohn seines Bruders zu sich nach Königsberg. Er sorgte für seine Ausbildung, ließ ihn in Königsberg studieren und nahm ihn 1786 an Sohnes statt an. Der Neffe, ebenfalls Theodor Gottlieb geheißen, war der Jugendfreund von E. T. A. Hoffmann und stieg später zum Regierungspräsidenten in Marienwerder und 1823 in Oppeln auf.

Hippel hinterließ ein umfangreiches, anonym verfasstes öffentliches Werk sowie eine große Anzahl Aufzeichnungen, Entwürfe, Fragmente, Notizen, die zur Ausarbeitung bereit lagen.[7] Er gilt als erster großer deutscher Humorist. Werke: “Die Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z”, “Ehebruch”, „Über die Ehe“ mit guten Argumenten für die Emanzipation und mit Illustrationen von Daniel Nikolaus Chodowiecki, herausgegeben von der Vossischen Buchhandlung Berlin, „Das christliche Ehepaar“ – sein erstes gedrucktes Werk als Hochzeitsgedicht für einen Verwandten, „Handzeichnungen nach der Natur“, „Über Gesetzgebung und Staatenwohl“, „Der Mann ohne Uhr“ – Drama und Satire auf einen Freund Immanuel Kants, „Die ungewöhnlichen Nebenbuhler“ – Lustspiel, etliche geistliche Lieder, „Lebensläufe nach der aufsteigenden Linie“ (1778 – 1781, 4 Bände) – mit stark autobiographischen Zügen.[8] Nach dem Tode v. Hippels erschien in dem „Allgemeinen Literarischen Anzeiger“ eine öffentliche Aufforderung an Kant, er möge dazu Stellung nehmen, dass er der Verfasser „von dem seligen v. Hippel zugeschriebenen Werke ‚Über die Ehe’ und der ‚Lebensläufe’ “sei. Kant nahm in einer öffentlichen Erklärung in der „Allgemeinen Literaturzeitung“, Intelligenzblatt, Jg. 1797, dazu Stellung und stellte fest, dass er nicht der Verfasser der anonymischen Werke Hippels sei, weder alleine, noch in Gemeinschaft mit ihm.[9]

Theodor Gottlieb von Hippel d. J. (13. 12. 1775 – 10. 6. 1843), Sohn des Pfarrers in Gerdauen Gotthard Friedrich und seiner Frau Henriette, geb. Stogler. Mutter starb früh, deshalb Erziehung unter der Obhut des Vaters. Dieser gab ihn auf die Burgschule in Königsberg. Als Neffe des unverheirateten Theodor Gottlieb von Hippel d. Ä. wurde er von diesem weiter erzogen und gefördert. 1785 oder 1786 offizielle Adoption durch den Älteren v. Hippel.

Konflikte zwischen dem bürokratisch korrekten Schöngeist und dem jugendlichen Hitzkopf. 1795 endgültige Trennung, als der Jüngere als Justizreferendar nach Marienwerder in Westpreußen ging. Dort heiratete er 1798 die 15jährige Jeanette von Rosenberg-Graszinski. Danach 1799 Land- und Kreisjustizrat mit Sitz und Stimme in der Kriegs- und Domänenkammer. 1810 Mitarbeiter von Hardenberg, 1811 Staatsrat. Er war Verfasser des Aufrufs „An mein Volk“ von 1813, mit dem der König das Volk zum Kampf gegen die französische Besatzung und gegen Napoleon aufrief. 1814 schied er aus dem Ministerium aus, wurde zunächst Vizepräsident und dann Präsident der Regierung in Marienwerder. Ab 1823 Regierungspräsident in Oppeln, dann 1837 Abschied aus gesundheitlichen Gründen. Bis zu seinem Tod lebte er in Bromberg.

1835 musste er seine Güter einschl. des vom Onkel ererbten Gutes Leistenau versteigern lassen, ebenso verlor er die kostbare Gemäldesammlung und die Bibliothek aus dem Besitz des Onkels. Diese wurde der Stadt Königsberg vermacht.

Berühmt wurde seine Freundschaft mit dem Dichter, Komponisten und Juristen E. T. A. Hoffmann, den er in einem Landhaus in Arnau kennen gelernt hatte. Über diese Freundschaft existiert ein umfangreicher Briefwechsel, der nach dem Tod von Hoffmann dessen Biographen Hitzig übergeben worden war und aus dem sich ein gut Teil des Dichter-Charakters für die Nachwelt erhellte.

Hinrich Kuessner, stellvertretender Ministerpräsident und Präsident des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, wurde am 29. April 1943 in Gerdauen geboren. Er ist evangelisch, verheiratet und hat 2 Kinder. Das Abitur machte er in Schwerin, Theologiestudium in Rostock. 1971 bis 1972 Pfarrer in Berlin-Brandenburg. 1973 bis 1975 Verwaltungsausbildung in Greifswald. 1973 bis 1978 Abteilungsleiter und Revisor. 1979 bis 1988 Geschäftsführer des Diakonischen Werkes der Landeskirche Greifswald. 1989 bis 1990 Vorsteher der Johanna-Odebrecht-Stiftung in Greifswald.

September 1989 Neues Forum, Dezember 1989 Eintritt in die SPD.

1989 bis 1990 Vorsitzender des Untersuchungsausschusses der Stadt Greifswald.

1990 Schatzmeister der SPD in der DDR.

1990 Mitglied der Volkskammer.

1990 bis 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages.

1994 bis 1998 Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern;
1996 bis 1998 Stellvertretender Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Seit 15. November 1994 bis 2002 Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern; von
Oktober 1998 bis Oktober 2002 Präsident des Landtages Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2009 Vorsitzender des Vereins Deutsch-Afrikanische Zusammenarbeit e.V

Hans Jenisch (19: 10: 1913 – 29: 4: 1982) trat 1933 als Offiziersanwärter in die Reichsmarine ein, wurde u. a. auf der Gorch Fock ausgebildet und nahm neben vielen Lehrgängen auch an einer U-Boot-Ausbildung teil. 1938 trat er seinen Dienst auf U32, Bj. 1937, an. Nach Kriegsbeginn wurde U32 zu Feindfahrten eingesetzt und 1940 übernahm Jenisch das Kommando über das Schiff. Im Oktober beschädigte er das kanadische Passagierschiff  Empress of Britain, das größte Schiff der Reederei und das schnellste seiner Zeit, vor der Nordwestküste  Irlands so schwer, daß es sank. Das machte ihn weithin bekannt. In der unmittelbaren Folge beschädigten die Briten  U32 so sehr, daß das U-Boot aufgegeben werden musste. 32 von 43 Mann der Besatzung, darunter der Kommandant, wurden von den Briten gerettet. Jenisch kam in englische Kriegsgefangenschaft bis 1947. Am 1. 10. 1956 trat er als Korvettenkapitän in den Dienst der Bundesmarine und bekleidete verschiedene wichtige Posten in der Bundeswehr, darunter auch in einem NATO Marinekommando. 1972 ging er in den Ruhestand.[10]



[1] Manthey, Königsberg, S. 235

[2] Manthey, Königsberg, S. 240

[3] Manthey, Königsberg, S. 246

[4] Manthey, Königsberg, S. 247

[5] Manthey, Königsberg, S. 248

[6] Manthey, Königsberg, S. 247

[7] Manthey, Königsberg, S. 236

[8] Silke Osman, Charakter voller Widersprüche, Oprbl. Nr. 4/2001, S. 11

[9] Rüdiger Ruhnau, Eine Karriere in Preußen, PAZ Nr. 10/2007, S. 14
[10]  Wolfgang Kaufmann, Mit drei Torpedos versenkt! PAZ Nr. 48/2024 (29. November), S. 18

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