Prominente in Frauenburg

Nikolaus Kopernikus war Astronom und Domherr in Frauenburg. Er wurde am 19. 2. 1473 als Kind einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie in Thorn geboren. Vom Bruder seiner Mutter, Bischof Lukas Watzenrode (1489 – 1512), 1497 ins Ermland geholt, wurde er als Kirchenadministrator zum Mitglied des ermländischen Domkapitels gewählt, gleichzeitig ließ ihm der Bischof eine umfassende Ausbildung zuteil werden. Er studierte so vier Jahre lang in Krakau, danach Medizin und Kirchenrecht in Bologna, Padua und Ferrara.

Er wohnte in Bologna im Haus des Mathematikers Domenico Maria de Novara, der sich mit den im 2. Jahrhundert vom Astronomen Ptolemäus verfassten Schriften beschäftigte. Dies weckte Kopernikus’ Interesse für Geographie und Astronomie. Gemeinsam beobachteten die beiden Männer am 9. März 1497 die Bedeckung des Sternes Aldebaran durch den Mond. In Ferrara promovierte er 1503 zum Doktor in Kirchenrecht und kehrte dann ins Ermland zurück.

Dort hielt sich Kopernikus 6 Jahre lang in Heilsberg als Leibarzt seines Onkels auf, dessen Nachfolger er aber trotz dessen Bemühen nicht werden wollte, sondern ein Leben für die Wissenschaft, insbesondere für die Astronomie bevorzugte. Danach residierte er einige Jahre in Allenstein, die längste Zeit aber – ab 1510 – in Frauenburg. Hier starb er am 24. 5. 1543 als Generaladministrator der Diözese. In seinem ersten astronomischen Hauptwerk “Commentariolus” (1506 – 1512) führte er – noch recht vorsichtig – aus, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums sei, sondern die Bewegungen des Alls bloß scheinbar diesen Eindruck erweckten und in Wirklichkeit die Erde um die Sonne kreist. Er lieferte den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass die Erde sich um die Sonne dreht und begründete so das heliozentrische Weltbild, das das ptolemäische Modell aus dem 1. Jh. nach Christi ablöste. Nur nach jahrelangem Zögern wagte es Kopernikus, seine Forschungsergebnisse insgesamt im Druck erscheinen zu lassen, und der erfolgte erst in seinem Todesjahr in Nürnberg mit dem Buch “De revolutionibus orbium coelestium libri VI” (Über die Kreisbewegungen der Weltkörper). Luther und Melanchton waren von der Schlussfolgerung Kopernikus‘ nicht überzeugt, da sie mit der Bibel nicht übereinstimmte. Johannes Kepler war einer der ersten Wissenschaftler, die das heliozentrische System als Realität akzeptierten. Den endgültigen mathematischen Beweis für die Theorie des Kopernikus lieferte übrigens der Königsberger Astronom Friedrich Wilhelm Bessel (1784 – 1846).[2]

Er war aber nicht nur geschätzter Arzt und epochaler Astronom, sondern machte sich auch als Organisator und Verwaltungsfachmann einen Namen. So wirkte er z. B. maßgeblich daran mit, für Preußen ein einheitliches Münzsystem zu schaffen, wobei er bereits 1517 eine Abhandlung über Geld geschrieben hatte.

Das steinerne Kopernikusdenkmal am Fuß des Domberges schuf 1973 der polnische Bildhauer Mieczyslaw Welter anlässlich des 500. Geburtstages des großen Wissenschaftlers.

Eine oft sehr emotional geführte Auseinandersetzung betrifft die Frage, ob Kopernikus Deutscher oder Pole war. Sein Biograf Dr. Michal Targowski, Thorn, leistete dazu in einer Sonderbeilage des Blattes “Gazeta Wyborcza” (18. 10. 2013) folgenden Beitrag: “Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass das Deutsche im Haus der Familie Kopernikus als Umgangssprache galt, was nicht ausschließt, dass der Astronom des Polnischen nicht mächtig gewesen sei. Wenn er Lateinisch, Griechisch und Deutsch beherrschte, wird er auch Polnisch problemlos gelernt haben. Er gebrauchte diese Sprache aber weder in seiner Korrespondenz noch in seinen Schriften oder bei öffentlichen Gesprächen. Man könnte also vage andeuten, dass es sich für einen gelehrten Bürger des Königlichen Preußens nicht schickte, so etwas zu tun.” [1]

Letzter deutscher Bischof im Ermland mit Sitz in Frauenburg war Maximilian Kaller (10. 10. 1880 – 7. 7. 1947). Er stammte aus dem oberschlesischen Beuthen, studierte in Breslau Theologie und wurde 1903 zum Priester geweiht. Obwohl nicht Ostpreuße, wurde er nach verschiedenen Stationen 1903 als Kaplan in Groß-Strehlitz und 1905 – 1916 auf Rügen, als Pfarrer 1917-1926 an St. Michael in Berlin und 1926 – 1930 als Apostolischer Administrator von Tütz in Schneidemühl 1930 zum Bischof des Ermlands gewählt, wo er dem Ermländer Bischof Bludau nachfolgte, und übte dieses Amt bis 1945 aus. Hier brachte er neuen Schwung in die Diözese. Vielleicht hat er sich längere Zeit nicht durch ausgeprägte Gegnerschaft zum Nationalsozialismus oder seine Repräsentanten ausgezeichnet, aber 1942 suchte er immerhin beim Berliner Nuntius nach, unter Verzicht auf das Bischofsamt im Ermland als Häftlingsseelsorger im KZ Theresienstadt arbeiten zu dürfen, allerdings vergeblich. Die Gestapo verhaftete den widerstrebenden Bischof am 7. 2. 1945 in Frauenburg, transportierte ihn nach Danzig und verwies ihn dann des Landes. Er kehrte im Sommer 1945 noch einmal ins Ermland zurück. Jetzt zwang ihn jedoch der polnische Kardinal Hlond, auf sein Bischofsamt zu verzichten, woraufhin Maximilian Kaller Ostpreußen endgültig verließ. Papst Pius XII. berief ihn 1946 zum Päpstlichen Sonderbeauftragten für die heimatvertriebenen Deutschen – zum „Vertriebenenbischof“. Doch schon ein Jahr später erlag er einem Herzschlag und wurde auf dem Friedhof von Königsstein im Taunus begraben. Im Jahr 2003 wurde das Seligsprechungsverfahren eröffnet. Obwohl Bischof Kaller 1945 gezwungen wurde, seine Diözese zu verlassen, trifft man heute im Frauenburger Dom auf seine ehrenvoll aufgestellte Büste.

Winfried Kretschmann wurde am 17. Mai 1948 in Spaichingen geboren. Sein Vater war Lehrer im erzkatholischen Frauenburg, dem Sitz des ermländischen Domkapitels. Die Familie musste 1945 flüchten und gelangte so nach Baden-Württemberg. Der Vater starb 1969 nach einem Autounfall. Er hätte sich gewünscht, dass sein Sohn Pfarrer würde, aber das Schicksal hatte anderes vor: Winfried Kretschmann, Galionsfigur des Realo-Flügels der Partei “Die Grünen”, ist seit dem 9. Mai 2011 der neunte Ministerpräsident des Bundeslandes Baden-Württemberg geworden und stellt sich mit seiner Partei am kommenden Sonntag zur Wiederwahl.

1] Dr. Grzegorz Supady, Kopernikusjahr 2013, Allensteiner Nachrichten, 24. 10. 2013, S.7
[2] Lorenz Grimoni, Die Entdeckung des Grabes von Nikolaus Kopernikus in Frauenburg, Königsberger Bürgerbrief, Winter 2013, S. 64