Anna Neander, das Ännchen von Tharau, heiratete in dritter Ehe Johann Melchior Beilstein. Als auch dieser Ehemann – wie die vorherigen – gestorben war, zog sie 1676 zu ihrem ältesten Sohn Friedrich Partatius nach Insterburg, wo dieser als Geistlicher an der Martin-Luther-Kirche angestellt war, und starb dort 1689 im Alter von 74 Jahren. In Insterburg gab es vor dem 2. Weltkrieg einen Gedenkstein für sie. Der war zunächst verloren, wurde in jüngster Zeit aber wieder gefunden und etwas unterhalb seines alten Platzes an der Inster in Richtung Georgenburg erneut aufgestellt.
Ernst Wichert (11.3.1831 – 21. 1. 1902), Richter und Schriftsteller, wurde in Insterburg geboren. 1834 zog die Familie nach Königsberg, weil der Vater ans dortige Oberlandesgericht berufen worden war. Bald darauf ernannte man den Vater zum Admiralitätsrat in Pillau, wo Wichert die Bürgerschule besuchte. Danach kam Ernst Wichert auf das Altstädtische Gymnasium und das Kneiphöfische Gymnasium in Königsberg. Er studierte zunächst Geschichte, dann aber Jura, um die Laufbahn eines Richters einzuschlagen. Sein Vater war später Gerichtsdirektor in Heilsberg. Er selbst begann nach dem Studium 1860 – 1863 eine Stelle als Richter in Prökuls, Kreis Memel. In dieser Zeit heiratete er Luise Schwarzenberger. Nach seiner Versetzung 1863 als Stadtrichter nach Königsberg wurde er 1879 Oberlandesgerichtsrat. 1888 berief man ihn als Kammergerichtsrat an das Berliner Kammergerichtund damit übte er ein Amt aus, das 60 Jahre vor ihm bereits E. T. A. Hoffmann bekleidet hatte. 1858 hatte er das „Literarische Kränzchen“ gegründet, 1871 die „Genossenschaft der Bühnenschriftsteller“, 1876 zusammen mit anderen den „Königin-Luise-Verein“. 1878 gründete Wichert den „Allgemeinen Deutschen Schriftstellerverband“ und wirkte in seiner Berliner Zeit neben seinem Beruf im „Verein Berliner Presse“ als Vorsitzender. Die Albertina verlieh ihm 1896 die Ehrendoktorwürde. Er liegt begraben auf dem 12-Apostel-Friedhof in Berlin-Schöneberg. Sein Grabstein in Bronze wurde erst 1990 aufgrund alter Fotografien wieder instand gesetzt. Sein Enkel war der Berliner Senatspräsident Dr. Ernst Wichert.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit schuf er ein umfangreiches literarisches Werk: 60 Novellen und Erzählungen, 18 teils mehrbändige historische Romane sowie über 34 Theaterstücke mit seinerzeit erfolgreichen Lustspielen. Am bekanntesten ist wohl der historische Roman „Heinrich von Plauen“, erschienen 1877. Mit seinen „Litauischen Geschichten“ und Erzählungen wie „Der Schaktarp“ hat er diesen bis dahin wenig beachteten Landstrich Ostpreußens mit den herben Reizen der Landschaften an Memel und Haff sowie dem Leben der dortigen Bewohner mit ihren Bräuchen einem größeren Publikum nahe gebracht. Den Stoff für die litauischen Geschichten hatte er in Prökuls gesammelt. Bei seinen Zeitgenossen war er jedoch noch mehr wegen seiner Lustspiele beliebt, die heute verschollen sind. Weitere Werke: „Der Große Kurfürst in Preußen“ (1887), „Suum cuique“ (1888), „Tilemann vom Wege“ (1890), „Richter und Dichter“ (Autobiographie).
In Insterburg wurde der Schriftsteller Alfred Brust (15. 6. 1891- 18. 9. 1934) geboren, angeblich auf der Durchreise seiner Mutter zu ihren Eltern in Göttingen. Der Vater besaß in Coadjuthen im Memelland eine Gemischtwarenhandlung mit Gastwirtschaft und Hotel. Einen Teil seiner Jugend verbrachte Alfred Brust bei den Großeltern in Göttingen. In Tilsit ging er zur Schule mit dem Ziel, Kaufmann zu werden. In dieser Zeit entstanden erste Dichtungen und das Tilsiter Stadttheater führte einige frühe Stücke auf. Dann voluntierte Brust bei der „Tilsiter Zeitung“ und wurde Redakteur beim „Annaberger Wochenblatt“ im Erzgebirge. Er lebte von 1915 bis 1923 in Heydekrug. Als das Memelland von Litauen annektiert wurde, ließ er sich in Cranz, später in Königsberg nieder. Dort erlag er der Lungentuberkolose.[1]. Während des 1. Weltkriegs wirkte er als Pressereferent und Zensor in der Presseabteilung beim Oberbefehlshaber Ost, wo er auch mit Richard Dehmel, Hugo von Hoffmannsthal und Karl Schmidt-Rottluff zusammentraf. Werke u. a. “Die Schlacht der Heilande”, “Die verlorene Erde” (1926), “Die Wölfe”; “Der singende Fuchs”, “Eisbrand” (1933). Er schrieb etwa 20 Stücke, die aber nicht sonderlich erfolgreich waren, jedoch teilweise von großen Regisseuren wie Piscator und Sellner auf die Bühne gebracht wurden.[2]
In Insterburg geboren wurde Paul Schlenther (20. 8. 1854 – 30. 4. 1916), Schriftsteller, Theaterdirektor und Theaterkritiker. Er promovierte in Tübingen und gilt als Vorkämpfer des Naturalismus und damit auch von Gerhart Hauptmann. 1886 – 1898 als Kollege und Nachfolger von Theodor Fontane Theaterkritiker der Vossischen Zeitung in Berlin, 1889 Mitbegründer der Freien Bühne in Wien, 1898 – 1910 Direktor des Wiener Burgtheaters, danach Kritiker für das Berliner Tageblatt. Herausgeber der Werke H. Ibsens.
Ebenfalls in Insterburg geboren wurde Heinrich Westphal (5. 11. 1889 – 30. 6. 195) , der ab 1927 beim Bau von Häusern in der Reformsiedlung der „Handwerkerschaft Gildenhall“ bei Neuruppin hervortrat, die Neue Schule in Alt-Ruppin sowie die Reihenhäuser Nr. 39 – 85 in der Gildenhaller Allee in Neuruppin entwarf.
Frieda Jung (4. 6. 1865 – 14. 12. 1929), Heimatdichterin, geboren in Kiaulkehmen im Kreis Gumbinnen als fünftes Kind des Lehrers August Jung, starb in Insterburg, wo sie ihre letzten 13 Lebensjahre verbrachte, wohnhaft in der ehemaligen Friedrichstrasse 16. Als 16jährige übernahm sie den Unterricht von 22 Kindern anstelle ihres gerade verstorbenen Vaters, konnte selbst jedoch den Lehrerberuf wegen eines sich verstärkenden Augenleidens nicht ergreifen. Deshalb wurde sie Hauslehrerin und Gesellschafterin, hatte eine kurze, unglückliche Ehe und ihr einziges Kind starb kurz nach der Geburt. Von 1902 – 1916 lebte sie in Buddern, Kreis Angerburg. Mit 35 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband. Es folgten Erzählungen und Märchen. Auf dem neuen Friedhof in Insterburg zierte ihr Bronzekopf ihr Grab. Mitglieder ihrer Familie leben heute im Ruhrgebiet. Beliebtes Prosawerk: „In der Morgensonne“, „Freud und Leid”, „Maienregen – Gottessegen”. Gedichte wie „Dat Scheenste“ und „Ons Lieske“. In Insterburg verfasste sie ihr Spätwerk „Gestern und heute“ mit Gedichten und Kurzgeschichten. Am 4. September 2009 wurde anlässlich ihres 80. Todesjahres an ihrem ehemaligen Insterburger Wohnsitz in der jetzt denkmalgeschützten alten Friedrichstrasse 16, der heutigen Teatralnaja 11, eine aus Granit gefertigte Gedenktafel angebracht. Außerdem soll Frieda Jung in einem neu anzulegenden Ehrenbürgerbuch als erste Ehrenbürgerin von Tschernjachowsk eingetragen werden.[3]
Hans Orlowski (1. 3. 1894 – 3. 5. 1967), Maler und der wohl bedeutendste Holzschneider Ostpreußens, wurde in Insterburg geboren. 1899 zog die Familie nach Königsberg, 1905 nach Potsdam und anschließend nach Berlin-Charlottenburg, wo Hans Orlowski von 1911 – 1915 an der Kunstgewerbeschule ausgebildet wurde – insbesondere im Fach Linolschnitte. 1918 und 1919 Besuch der Staatlichen Kunstschule Berlin und Teilnahme an der Berliner Sezession. 1924 vernichtete er sein vom Expressionismus geprägtes Frühwerk und fand dann zu einem eigenen unverkennbaren Stil, der keiner Kunstschule mehr zuzurechnen war. Ab 1921 war er bis 1945 Professor an der Kunstgewerbeschule Charlottenburg, nach dem Krieg an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin als Leiter einer Klasse für Wand- und Glasmalerei. Er erhielt mit zunehmendem Alter eine Reihe von Ehrungen, so 1954 den Kunstpreis der Stadt Berlin und 1963 den Kunstpreis der Landsmannschaft Ostpreußen für Bildende Kunst. Sein Nachlass befindet sich im belgischen Freilichtmuseum Bokrijk bei Hasselt im Haus „De witte Engel“.
Jürgen Pooch, der beliebte Volksschauspieler, der am 18. 8. 1998 während eines Urlaubs in der Türkei an den Folgen einer Krebserkrankung starb, war am 21. 5. 1943 in Insterburg geboren worden. Nach dem Krieg lebte er in Flensburg, wo er an der Niederdeutschen Bühne erste Theatererfahrungen machte. Nach einer Lehre als Handelskaufmann besuchte er die Schauspielschule Hamburg. Er wurde festes Mitglied im Ensemble des Ohnsorg-Theaters, meist als jugendlicher Liebhaber, und hatte 32 Jahre lang ein großes Publikum. Dazwischen gab es auch Auftritte im Fernsehen, z. B. in der ARD-Comedyserie „Die Ohnsorgs“. Übertragung von Theaterstücken in die niederdeutsche Sprache.
Paul Kruchen (1871 – 1947) war Bezirksarchitekt in Insterburg. In seinem Büro wirkte während und nach dem ersten Weltkrieg der später berühmten Architekt Hans Scharoun, der sich beim Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Gutshäuser, Bauernhöfe und Kirchen Ostpreußens engagierte, so z. B. mit der Kirche in Walterkehmen im Kreis Gumbinnen. Das Werksverzeichnis Scharouns weist über 25 Bauten und Entwürfe allein für Insterburg und Umgebung aus[5] Nach dem Krieg übernahm er das Büro von Paul Kruchen in Breslau, wo er ebenfalls zahlreiche Projekte realisierte. Scharoun organisierte in dieser Zeit die erste Ausstellung der expressionistischen Künstlergruppe Brücke in Ostpreußen.
Dr. Wolfgang Brix ( 25.06.1930 – 27.01.2006), geboren in Insterburg als Sohn des ehemaligen Landrates des Kreises Tilsit-Ragnit, Fritz Brix, hat der Bundesrepublik Deutschland und der bundesdeutschen Gesellschaft in hohen Positionen gedient: er war Oberbürgermeister von Neustadt/Wstr., Staatssekretär in der Regierung von Bernhard Vogel, Rheinland-Pfalz, Präsident des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz und Vorsitzender der Nürburgring GmbH[4]
Ingo Insterburg wurde 1934 als Ingo Wetzler in Insterburg geboren. Er gilt als prominenter Blödelbarde. Ein seiner bekanntesten Evergreens ist das deftige Liebeslied “Ich liebte ein Mädchen . . .”, das in deutschen Landen längst zum Gassenhauer geworden ist und bei keiner feuchtfröhlichen Party fehlen darf. Mit seinen Parodien nimmt er das Leben auf den Arm – manchmal derb, manchmal geistreich. In den 60er Jahren feierte er mit Insterburg & Co. Große musikalische komödiantische Erfolge. Das war noch mit Karl Dall, Jürgen Barz und Peter Erlebach. .Insterburg ist Vegetarier und hat schon 21 mal am Berlin-Marathon teilgenommen. Aus seiner Abneigung gegen Alkohol und Rauchen macht der Barde auch auf der Bühne kein Hehl.
[1] os, Brust als Lehrer und Verführer, PAZ Nr. 38/2009 (19. 9.), S. 9
[2] Heinrich A. Kurschat, Das Buch vom Memelland, 2. Aufl. 1990, S. 494
[3] eju, Von Deutschen und Russen gemeinsam geehrt, Oprbl. Nr. 41/2009 (10. Okt.), S. 13
[4] Norbert Hesch, Norbert.Hesch@gmx.de, Zuschrift vom 24. 1. 2008
[5] Brigitte Stramm, Gruppenreise in den Heimatkreis im Juli 2019, von tohus, Winter 2019, S. 71