Quitainen

Gut und Gutshaus in Kwitajny – Quittainen

Das Gut in Quittainen existierte schon zur Ordenszeit. Es wurde 1281 erstmals als Besitz von Prußen erwähnt, die zum christlichen Glauben übergetreten waren. Ein Echhard von Reppichau besaß einen Teil der Begüterung 1525 – 1538. Dessen Familie war durch den Verfasser des Sachsenspiegels bekannt geworden. 1571 – 1681 saß hier die Familie von Borcke. Ab 1681 gehörte Quittainen samt Nebengütern dem Feldmarschall Georg von Derfflinger (1606 – 1695), dem Sieger über die Schweden in der Schlacht bei Fehrbellin 1675. Der verkaufte 1691 an Christoph zu Dohna (1665 – 1733), auf den Albrecht Graf von Barfuß (1635 – 1704), Feldmarschall und Kommandeur der Festung Spandau bei Berlin, folgte. Barfuß heiratete die Tochter Eleonore von Friedrich Graf von Dönhoff auf Schloss Friedrichsstein. Da das Ehepaar kinderlos blieb, kam der Besitz durch Erbschaft 1744 an Philipp Otto von Dönhoff (4.3.1710 – 25.4.1787) und blieb in dessen Familie bis 1945.

Philipp Otto Graf Dönhoff, verheiratet mit Amalie (12.10.1723 – 8.5.1798) aus dem Haus Dohna-Schlodien, der seine sämtlichen 11 Kinder überlebte und damit über keine direkten Erben mehr verfügte, brachte mit Testament von 1771 den sehr großen Besitz in eine Familien- und Armenstiftung ein, deren sozialer Teil bis 1945 fortwirkte. Kurator der Stiftung mit 11 Dörfern und 12.000 ha Land war der Besitzer von Friedrichstein, zuletzt Heinrich Graf von Dönhoff (9. 12. 1899 – 15. 11. 1942), der nahe Kowno, Russland, mit seinem Flugzeug tödlich verunglückte. Nachfolgender und letzter deutscher Eigentümer bis 1945 war der Diplomat Christoph Graf Dönhoff (1906 – 1992).

Das Gutshaus entstand ab 1699 nach einem Plan von Jean de Bodt (Zeughaus in Berlin) im Auftrag von Christoph zu Dohna, der wenig später Bauherr des Schlosses in Schlodien war. Den Entwurf des Architekten führte man aber nur sehr unvollkommen aus. Statt 17 Fensterachsen verwirklichte man lediglich 11 und die Fertigstellung zog sich bis 1740 unter Albrecht von Barfuß hin. Ein gründlicher Umbau erfolgte 1847.

Das Gutshaus hat den letzten Krieg überstanden, wurde von Soldaten der Roten Armee besetzt und dann von einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft genutzt, zunächst als Schule, später als Verwaltungssitz, Wohnung und Lager. Renovierung 1984 – 1988. Einige Möbelstücke, eine Fahne mit dem Wasa-Wappen und 20 gerettete Bilder aus dem Schloss, vor allem Porträts von Mitgliedern der Familie Dönhoff, befinden sich im Museum von Allenstein. Die neugotische Brücke über den Kanal zur Auffahrt und Teile der Außenfassade haben unter einem früheren Eigentümer bereits ihr altes Aussehen zurück erhalten. Im Innern sollen Teile der Ausstattung vom Gutshaus in Wiese übernommen worden sein – Kamin, Öfen, Badezimmerkacheln. Im Jahr 2008 stand das Gutshaus erneut zum Verkauf, im Jahr darauf war das Verkaufsschild entfernt. Dem Vernehmen nach soll ein reicher Warschauer das Schloss gekauft haben.

Gräfin Dönhoff wohnte, als sie den Gutsbetrieb leitete, nicht im Gutshaus, sondern im Rentamt, einem hübschen kleinen Haus neben dem Schloss.

Die Gutskirche ist ein Bau aus der Zeit von 1714 – 1719. Die Kirchenglocke stiftete Philipp Otto v. Dönhoff 1789. Die Kirche hat den 2. Weltkrieg ohne große Blessuren überstanden.

Heute ist Quittainen vor allem bekannt durch die letzte deutsche Besitzerin, Marion Gräfin Dönhoff (geb. 1909 auf Schloss Friedrichstein nahe Königsberg, gestorben im März 2002).

Video siehe unter https://www.youtube.com/watch?v=2GQa73qg2zM

Literatur

Marion Gräfin Dönhoff: Ein Leben in Briefen

Friedrich Dönhoff / Irene Bauer (Hg.)
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009.
304 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783455501186

Klug und einfühlsam ausgewählt von Irene Bauer, ihrer langjährigen Sekretärin, und ihrem Großneffen Friedrich Dönhoff, beide Vorstandsmitglieder der Marion Dönhoff-Stiftung, präsentiert die hier vorgestellte Publikation das Leben der Marion Gräfin Dönhoff dem Leser anhand von Tagebuchaufzeichnungen und Briefen. Zeitliche Abstände zwischen den Aufzeichnungen oder markanten Anlässen der Briefe kommentierten die Herausgeber sparsam und zurückhaltend, jedoch präzise und informativ. Zusätzlich ist das Buch auch noch mit Bildern aus ihrem Leben und einer ausführlichen Zeittafel ausgestattet.

Von der Romreise als Belohnung für das Abitur, über das Studium in Basel und der Absicht, über Marx zu promovieren, die sie sich aber leicht ausreden lässt zugunsten des Themas über „die Entstehung des östlichen Großgrundbesitzes von der Ordenszeit bis zur Bauernbefreiung“ reichen die Stationen. Weiter geht es über die Reisen in ihrem Cabrio mit Schwester Yvonne in die baltischen Staaten und in das südliche Europa, bis hin zur Safari in Afrika anlässlich eines Besuches bei ihrem Bruder in Kenia.

In diesen Tagebuchaufzeichnungen beeindrucken Dönhoffs unabhängiges Urteil fernab von normalen Reiseberichten und ihre Neugierde auf Land und Menschen. Immer wieder fällt ihre Liebe zur Natur und ihr unprätentiöses Auftreten auf. Natürlich fehlen auch nicht die Aufzeichnungen über die Schicksalsschläge während der „Nazizeit“: Ihr Lieblingsbruder stirbt bei einem Flugzugabsturz als Soldat in Russland, ihr Neffe kommt, genau wie andere Freunde, nicht mehr aus dem Krieg zurück. Dann der berühmte Fluchtritt aus Ostpreußen vor den anrückenden russischen Truppen bis ins Westfälische, der Verlust der Heimat, des Schlosses Friedrichsstein, und der Tod der Freunde um die Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944. Auch die Karriere in der Nachkriegszeit, die Bekanntschaft und oft auch Freundschaft mit Politikern, Wissenschaftlern, Künstlern wie Kissinger, Georg F. Kennan, Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker, Carl Jakob Burckhardt, Michael Gorbatschow, Lew Kopelew und anderen. All das erfährt der Leser in den Aufzeichnungen und Briefen. Dabei werden auch unangenehme Fakten nicht ausgespart. So ist ihre Antwort auf die Anfrage des „Spiegels“ wegen der NSDAP-Mitgliedschaft ihres Bruders Christoph abgedruckt, in der sie seine Begeisterung für die Nazis bestätigt, ebenso die Sympathie des Bruders für die Apartheid, als er in Südafrika lebte. Obwohl dieser Fakt bisher ein Tabu war, beschönigte Dönhoff hier nichts.
(literaturkritik.de, 15. 3. 2010)

Marion Gräfin Dönhoff

Marion Gräfin Dönhoff

Marion Gräfin Dönhoff

Marion Gräfin Dönhoff

Marion Gräfin Dönhoff

Dieter Buhls Biografie „Marion Gräfin Dönhoff“

DIETER BUHL: Marion Gräfin Dönhoff: Wie Freunde und Weggefährten sie erlebten. btb, München 2008. 416 S., 10 €

Klappentext: Ein Leben wie ein Meisterwerk: Gräfin Dönhoff, die in der Tradition des ostpreußischen Adels aufwuchs, wurde nach ihrer Flucht in den Westen zur bewunderten Journalistin und moralischen Instanz. Dieter Buhl befragte Freunde, Verwandte und Weggefährten, wie sie Marion Dönhoff heute sehen. Die hier gesammelten, teils sehr persönlichen Erinnerungen lassen das Bild einer außergewöhnlichen Frau aufleben, die sich selbst und ihren Idealen immer treu geblieben ist und vielen ein Vorbild war.

Dieter Buhl war über dreißig Jahre lang politischer Redakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der renommierte Journalist war Stipendiat des amerikanischen World Press Institute und wurde mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet.

Helga Tödt “Okondura”

Verlagstext:

„Er war ein Mann mit Witz und Humor, der es mit harter Arbeit zu etwas gebracht hat“, so beschreibt ein Zeitzeuge den Farmer Fritz Liedtke, der 1927 nach Südwestafrika auswanderte.Die Liedtkes waren seit zwei Jahrhunderten in Ostpreußen ansässig. Urgroßvater Karl erlebte dort als 32-Jähriger den Ein marsch von Napoleons Truppen. Großvater Friedrich pachtete den Amalienhof bei Quittainen von den Dönhoffs. Vater Gustav bewirtschaftete den Comthurhof, wo 1888 Fritz Liedtke zur Welt kam. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg und nach Kriegsgefangenschaft in England führte der junge Landwirt das Rittergut bis 1927. Dann wagte mit seiner Frau Marga rethe einen neuen Anfang in Südwestafrika. Auf seiner Farm
Okundura nahe Karibib züchtete er Rinder und Karakulschafe.Während des Zweiten Weltkriegs wurde er als feindlicher Ausän der auf seiner Farm interniert, während zwei Söhne, die in Bad Elster einen Beruf lernten, zur deutschen Wehrmacht eingezogen wurden. Fritz Liedtke starb 1971. Inzwischen wächst in Namibia die vierte Generation heran.

Die Autorin

Helga Tödt, geboren 1946, lebt in Kleinmachnow bei Berlin. Nach Medizinstudium und Promotion an der FU Berlin bildete sie sich zur Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen weiter. Als stellvertretende Amtsärz tin an einem Berliner Gesundheitsamt befasste sie sich mit Sozial- und Umweltmedizin. 1986 wurde sie Lei terin der Gesundheitsbehörde im Landkreis Hameln-Pyrmont. Als Dozentin an den Akademien für öffentliches Gesundheitswesen und Sozialmedizin in Düsseldorf, Berlin und Schwerin engagierte sie sich in der ärztlichen Weiter bil dung. Nach ihrer Pensionierung widmet sie sich der Erforschung von Lebensläufen im Kontext mit der neueren deutschen Geschichte.


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