Geschichte von Zalewo – Saalfeld
- Der Ort am Ewingsee (jez. Ewingi) befindet sich in einer Gegend, die bereits im 8. Jh. v. Chr. von Goten, u. a. Vandalen, Goten und Gepiden, besiedelt war, an deren Stelle zur Zeit der Völkerwanderung baltische Stämme die verlassenen Plätze einnahmen. Um 1290 beschloss der Orden, das Gebiet östlich von Christburg zu besiedeln. Der erbliche Schultheiß Jacob erhielt 1299 vom Komtur Heinrich Zuckschwert den Auftrag, das Gebiet eines großen Waldes am Ewingsee zu kolonisieren. Jacob holte die Kolonisten aus seiner Heimat Thüringen und gab der größten Siedlung den Namen Saalfeld, um eine dauerhafte Erinnerung an die Herkunft der Siedler zu bewirken.[1] Die Siedlung erhielt 1305 das Stadtprivileg vom Christburger Komtur Sieghart von Schwarzburg, der ebenfalls Siedler aus seiner thüringischen Heimat nach Saalfeld holte. Sein Onkel Günther von Schwarzburg war Komtur in Alt Christburg. Der Flecken Schwarzburg in Thüringen liegt nicht weit von Saalfeld in Thüringen entfernt! Erst nach 1320 wurde in Saalfeld die Wehrkirche errichtet sowie die Stadtmauern mit zwei Toren, dem Pr. Marker Tor und dem Mohrunger Tor, angelegt.
- Der Oberste Trappier und Komtur von Christburg, Günther von Schwarzburg, bestätigte am 25. 4. 1334 unter Einschränkung der Rechte des Schulzen die der Stadt am 21. 12. 1320 vom Komtur Luther von Braunschweig in Erweiterung der ersten Handfeste verliehene zweiten Handfeste, gestattete der Stadt und den Bauern von Kuppen dabei, die 1327 zur Verfügung gestellte Mühle in Weinsdorf zum Abbruch zu erwerben, ferner der Stadt, einen Kanal als befahrbare Verbindung zwischen Ewingsee und Geserichsee anzulegen und den Geserichsee zu Verkehrszwecken zu benutzen. Der Kanal wurde beim Bau des Oberländischenn Kanals im 19. Jh. vertieft und verbreitert.
- Saalfeld trat als eine von wenigen Gemeinden neben Liebemühl und Christburg nicht dem Preußischen Bund bei, sondern hielt dem Orden die Treue. Trotzdem sahen sich die Ordensritter in Pr. Mark 1455 im Städtekrieg veranlasst, den Ort nieder zu brennen, weil er nicht zu halten war.
- Nach dem 2. Frieden von Thorn 1466 befand sich Saalfeld urplötzlich in einer Randlage des verbliebenen Ordenslandes. Das hatte eine negative Entwicklung der Siedlung zur Folge. Zudem raffte nun die Pest viele Einwohner dahin. Um 1475 kamen deshalb neue Siedler aus Deutschland nach Saalfeld, was langsam wieder zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führte.
- Ein Franziskanerkloster der Barfüßer[2] im Norden der Stadt, dessen Gründung der Hochmeister Johann von Tiefen (1489 – 1497) hier 1497 initiierte, ging 1527 mit Beginn der Reformation schon wieder ein
- Von 1525 – 1752 fungierte Saalfeld als Oberländische Hauptstadt, wobei das Oberland bis ins 18./19. Jh. hinein auch als Hockerland bezeichnet wurde[3]. Herzog Albrecht hatte sein Land in die 3 Bezirke Natangen, Samland und Oberland eingeteilt. Der Bezirk Oberland reichte bis Marienwerder, Soldau und Gilgenburg und umfasste 15 Haupt- und Erbämter. Nach der Aufhebung des Bistums Pomesanien 1587 richtete Markgraf Georg Friedrich in Saalfeld das oberländische evangelische Konsistorium ein, das bis 1751 hier bestand.[4] Ebenfalls 1587 erhielt die Stadt eine der drei Fürstenschulen (neben Lyck und Tilsit), an der die Abiturreife erlangt werden konnte, die den Absolventen das Studium an der Albertina ermöglichte. Die Fürstenschule bestand bis 1805.
- Im 16. Jh. zogen etliche Neusiedler aus Polen hinzu, die entweder aus Glaubensgründen ihre Heimat Polen verließen, um der Verfolgung zu entgehen, oder in der Republik der Adligen keine angemessene Lebensgrundlage fanden
- Unter den schwedisch-polnischen Kriegen des 17. Jhs. hatte auch Saalfeld stark zu leiden. Es musste hohe Kriegskontributionen leisten und war am Ende ruiniert. Die Stadtmauer, die Tore und viele Häuser überstanden diese unruhigen Zeiten nicht. Erst nach dem Frieden von Oliva 1660 kehrte Ruhe ein. Doch kaum hatte die Stadt sich erholt, brannte sie 1688 nieder. Das Rathaus und die ganze Stadtmitte wurden ein Opfer der Flammen. Ein weiterer schwerer Stadtbrand suchte Saalfeld 1852 heim, wobei auch wieder das Rathaus betroffen war
- Im Nordischen Krieg ab 1701 um die Vorherrschaft im Ostseeraum zwischen Schweden, Polen, Russland und den jeweiligen Verbündeten hatte auch Saalfeld wieder zu leiden. Hinzu kam die große Pest mit dem Höhepunkt im Jahr 1710, bei der 702 Saalfelder starben. Nur 7 Bürger sollen am Leben geblieben sein.[5] Im Jahr 1726 zählte man in Saalfeld dann wieder 199 Einwohner
- Mit der Neuorganisation der Kreiseinteilung unter Friedrich II. verlor Saalfeld seinen Rang und wurde eine normale Stadt im Kreis Mohrungen. 1767 gab es eine Pockenepidemie, die in diesem Jahr 73 Opfer forderte.[6]
- Seit 1713 war Saalfeld Garnisonsstadt und hielt diesen Status bis 1866. Im siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) hatte Saalfeld – wie andere Orte auch – unter der russischen Besatzung zu leiden.[7]
- Während der Eroberung Preußens durch Napoleon kam es im Februar 1807 auf dem Marktplatz von Saalfeld zu einem Gefecht zwischen preußischen und französischen Patrouillen, in dessen Folge die Franzosen die Häuser am Markt plünderten. Das die Plünderung der gesamten Stadt verhindert wurde, verdankten die Einwohner einem französischen Oberst, der sich gerade in Saalfeld von seinen Wunden erholte. 1807 war Saalfeld 32 Wochen lang von französischen Truppen besetzt. Die Kirche diente in dieser Zeit als Mehlmagazin. Nach der Schlacht von Pr. Eylau verlegte man ein französisches Lazarett in die Stadt. Vom 6. auf den 7. Juni 1807 übernachtete Napoleon in Saalfeld, wo er Quartier im Haus des Steuerinspektors Glaser am Markt genommen hatte. Vor dem Beginn des Russlandfeldzugs und erneut nach der Niederlage in Moskau kamen die Franzosen in die Gegend von Saalfeld, bevor sie aus Preußen vertrieben wurden.[8]
- Durch Typhus und Ruhr starben in diesem Jahr 1807 an die 300 Franzosen und 145 Saalfelder. Eine so große Anzahl Toter war auf dem städtischen Friedhof nicht unterzubringen. Deshalb wurden etliche Leichen auf umliegenden Feldern und in Gärten beigesetzt 1831 grassierte in Ostpreußen die Cholera, die in Saalfeld 66 Einwohner das Leben kostete. Diese Seuche kehrte wieder 1849 und 1855.[9] 1868 folgte eine Typhus-Epidemie, die in Saalfeld 119 Opfer forderte. Da in den Seuchen etliche Kinder ihre Eltern verloren, gründete man 1870 ein Waisenhaus. Dieses wurde 1878 in ein Männer-Altersheim umgebaut, das bis 1945 bestand.
- Nach dem Emanzipationsedikt vom 11. März 1812 ließen sich auch in Saalfeld Juden nieder. 1838 umfasste die kleine jüdische Gemeinde 46 Personen, die sich ein Bethaus in der damaligen Gefängnisgasse einrichteten, aus dem 1844 die Synagoge hervor ging.
- Seit 1852 gab es in Saalfeld eine allgemeine Stadtschule und seit 1854 zusätzlich eine Privatschule für Mädchen
- Der Weinsdorfer Kanal hatte große wirtschaftliche Bedeutung für Saalfeld. Er war uralt, denn bereits 1334 gruben die Saalfelder einen Kanal zwischen Ewing- und Geserich-See und schufen damit eine Schiffsverbindung zu Deutsch Eylau. Dieser Transportweg wurde nach einer Zeit der Vernachlässigung 1776 erneut schiffbar gemacht. Als man 1861 den Oberländischen Kanal baute, verbreiterte, vertiefte und verlängerte man den Weinsdorfer Kanal, um ihn an den Hauptkanal anzugleichen. Weitere Verbesserungsarbeiten am Kanal gab es 1886[10]
- Seit 1878 war Saalfeld Sitz eines Königlichen Amtsgerichts, das dem Landgericht in Braunsberg unterstand. 1883 erhielt die Stadt ein Gebäude der Kaiserlichen Post. 1896 begann die Tätigkeit der Freiwillige Feuerwehr. Diese konnte zwar 1898 die Zerstörung des Amtsgerichts durch Feuer nicht vermeiden, jedoch ein Übergreifen der Flammen auf die Nachbargrundstücke verhindern. Erster Feuerwehr-Hauptmann war der Architekt Walter Kummer, der auch das neue Feuerwehrhaus konzipierte, das 1897 gebaut wurde. Im Jahr 1905 gab es 32 aktive Feuerwehrmänner. 1901 entstand an der alten Stelle ein Gerichts-Neubau mit angeschlossenem Gefängnis.[11]
- 1891 begann man mit dem Bau der Eisenbahnlinie von Elbing über Saalfeld nach Osterode und weiter bis nach Hohenstein. Der Bahnhof von Saalfeld in der Elbinger Strasse etwas außerhalb der Stadt war 1892 fertig. Ab 1902 produzierte das neue Elektrizitätswerk Strom, der dann auch für die Straßenbeleuchtung eingesetzt wurde. Das Werk wurde aber zwischen den Weltkriegen stillgelegt, weil man den Strom billiger und bequemer vom Überlandwerk beziehen konnte.
- Zum 600jährigen Stadtjubiläum 1905 verfügte Saalfeld über 2.587 Einwohner
- Im 1. Weltkrieg blieb Saalfeld von Zerstörungen verschont. 200 Bürger fielen als Soldaten an den Fronten. Nach dem Friedensvertrag von Versailles gehörte die Stadt nicht zum Abstimmungsgebiet
- 1927 begann man mit dem Bau der Stadtschule, die über 18 Klassenzimmer verfügte. Sie macht immer noch einen repräsentablen Eindruck. Im selben Jahr wurde auf dem Gelände des Alten Friedhofs der Stadtpark angelegt. In diesem Park stellte man einen Gedenkstein für die Gefallenen des 1. Weltkriegs auf, der von dem Bildhauer Stanislaus Cauer aus Königsberg gestaltet wurde. 1928 baute man die Stadtrandsiedlung, um der Wohnungsnot zu begegnen. Die Wirtschaftsbetriebe der Stadt bestanden aus der Molkerei, zwei Dampfmühlen, einer Lederwarenfabrik, einer Ziegelei und mehreren Sägewerken.
- Eine jüdische Gemeinde existierte in Saalfeld bereits 1816. Der kleine jüdische Friedhof der Gemeinde aus der 1. Hälfte des 19. Jhs. befindet sich immer noch in der ul. Sienkiewicza. Er ist nicht eingefriedet, verfügt aber über etliche Grabsteine aus der Zeit von 1860 bis ins 20. Jh. Von Zeit zu Zeit sorgt die Gemeinde heute dafür, dass der Friedhof von Wildwuchs befreit wird. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Juden – wie überall im Reich – diffamiert und gedemütigt. Von den 69 Juden, die noch 1930 in Saalfeld lebten, zählte man 1937 als letzter statistische Erfassung noch 11 Juden in der Stadt. Nach einer anderen Quelle wurden zuletzt 16 Juden verhaftet und abtransportiert.[12] Die Synagoge wurde in der Reichspogromnacht nieder gebrannt, ohne dass es der Feuerwehr gestattet war, zu löschen. Wenige Tage später räumte man die Trümmer beiseite und tilgte somit alle Spuren des jüdischen Gotteshauses
- Am 21. Januar 1945 wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Stadt zu verlassen. Am Nachmittag des nächsten Tages trafen die ersten Panzer der Roten Armee ein. Die Zurückgebliebenen erlebten das weithin verbreitete Schicksal von Vergewaltigung und Erschießung. Die am 23. Januar einmarschierenden Sowjetsoldaten steckten die Stadt in Brand. Nur die Kirche, die Schule, das Feuerwehrhaus und etwa 60 Gebäude überlebten. 75 % der Bebauung wurde zerstört
- Ende Mai 1945 übernahmen die Polen die Verwaltung von Saalfeld. Die ersten polnischen Umsiedler tragen ein, die Deutschen wurden im weiteren Verlauf des Jahres in den Westen verfrachtet. Ende 1945 wohnten 500 Personen in der Stadt, die damit als Stadt zu klein geworden war und im November 1945 zum Dorf heruntergestuft wurde. Mühsam kehrte das Leben in die Stadt zurück, die Einwohnerzahl belief sich 1970 auf 1.960 Personen. Neue Stadtrechte erhielt Zalewo erst wieder am 1. 1. 1987
- 1998 schlossen Saalfeld/Thüringen und Zalewo/Ostpreußen einen Freundschaftsvertrag, der 2001 zu einer Städtepartnerschaft erweitert wurde.
- In neuer Zeit fand ein Förster, Mitglied der „Gesellschaft der Erde Freunde Rosenbergs“, auf einem Acker bei Saalfeld bei der Verfolgung eines Wildschweins einen Schatz antiker Münzen aus rönischer Zeit, der vermutlich beim Pflügen an die Oberfläche transportiert und vom Regen freigewaschen worden war. Die goldenen Dinare wurden vom Museum in Ostróda der Öffentlichkeit präsentiert. Bereits 1991 fand man beim Bau von Garagen nahe der Altstadt von Saalfeld eine Menge Goldgulden. Leszek Chaburski, Römerschatz in Deutsch Eylau entdeckt, Oprbl. Nr. 21/2016 (22. Mai); S. 13
In Saalfeld wurde 1833 Otto Brausewetter geboren. Er schuf das bekannte Gemälde „Yorcks Ansprache an die Preußischen Stände“, das einst im Landeshaus in Königsberg hing.
In Saalfeld ebenfalls geboren wurde der Musiker Herbert Kelletat (13. 10. 1907 – 25. 5. 2007) als Sohn des Baptistenpredigers Hugo Kelletat und dessen Frau Emma. Seine Kindheit verbrachte er in Graudenz, Liebstadt und Bromberg. In Halle begann er 1926 das Studium der Germanistik, Anglistik und Musikwissenschaft und setzte sein musikwissenschaftliches Studium ab 1930 an der Albertina bei Joseph Müller-Blattau fort. 1933 promovierte er, wurde Assistent bei Müller-Blattau und übernahm nach einiger Zeit die Leitung der Abteilung Kirchenmusik am Hochschulinstitut für Musikerziehung und Kirchenmusik. Nebenbei wirkte er als Kantor und Organist an der Altstädtischen Kirche. Kurz bevor er fliehen musste, habilitierte er sich 1944 noch in Königsberg. In Rostock war er 1946 an der Gründung der Musikhochschule beteiligt, floh aber im selben Jahr nach West-Berlin, wo er bis auf ein Zwischenspiel in Soest an der Hochschule für Musik unterrichtete. 1952 ernannte man ihn zum Landeskirchenmusikwart von Berlin. Daneben wirkte er bis 1972 an der Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin-Wilmersdorf als Kantor und Organist. Nach dem Tod seiner Frau, der Altistin Margarete geb. Nominikat, im Jahr 1980 übersiedelte er nach Bad Salzuflen und 2002 schließlich nach Flensburg. Hier kamen 2005 seine Lebenserinnerungen unter dem Titel „Mein Weg zur Musica Sacra“ heraus. Zu seinem Lebenswert gehören Veröffentlichungen zu den Grundlagen der Orgeltechnik und zur Improvisationslehre, aber auch die Gründung der Evangelischen Studentenkantorei Deutschland im Jahr 1948, der Berliner Kantorei 1953 und den Altenaer Singwochen (1946 – 1972).[13]
[1] Saalfeld/Zalewo, S. 4
[2] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 8
[3] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 1
[4] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 9
[5] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 10
[6] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 10
[7] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 11
[8] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 12
[9] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 13
[10] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 14
[11] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 15
[12] Kulturzentrum Ostpreußen – Ausstellung, S. 21
[13] Silke Osman, Er schrieb Musikgeschichte, Oprbl. Nr. 37/07, S. 19