Schakenhof

Trostniki – Schakenhof

Trostniki – Schakenhof wurde vermutlich von Samuel Ernst Schach von Wittenau (1760 – 1828) auf Friedenberger Grund gegründet und im 19. Jh. zum Hauptgut gemacht, während Friedenberg nunmehr als Vorwerk fungierte. Nach dem Konkurs der Familie Schach von Wittenau erwarb 1830 der Leutnant Friedrich Wilhelm Rost die Begüterung und 1853 erschien Eduard Carl von Gustedt (1808 – 1875) aus Halberstadt, Bruder des Landrats von Rosenberg, Werner von Gustedt (1813 – 1864) und Schwager von dessen Frau Jenny von Gustedt (1811 – 1890) (dazu siehe Lablacken im Kreis Labiau) als Käufer des Anwesens für 180.000 Rtlr. Er erweiterte das Gut bis auf 1.500 ha und investierte kräftig in den Landwirtschaftsbetrieb, doch eine Nervenkrankheit lähmte bald seine Aktivitäten. Sein Sohn und Erbe Rudolf von Gustedt (1843 – 1898) ließ 1877 das Gutshaus umbauen. Da er kinderlos starb, erbte den Besitz sein jüngerer Bruder Bernhard von Gustedt (1845 – 1917). 1909 wurde Schakenhof dann für 941.300 Mark an Lothar von Kalckstein (1876 – 1952), der mit den Gustedts verwandt war, verkauft. Der organisierte und investierte mit großem Engagement in die Landwirtschaft und schaffte so einen bemerkenswerten ökonomischen Aufschwung, bis der erste Weltkrieg einen schweren Rückschlag brachte. Schakenhof wurde durch die russischen Soldaten erheblich beschädigt, das Gutshaus brannte aus, das Vieh verdarb. Lothar von Kalckstein verzichtete auf den Wiederaufbau des Herrenhauses, zumal er die Absicht hegte, Gut Sillginnen zu erwerben. Zur Finanzierung hatte er bereits Teile der Ländereien von Schakenhof verkauft. Als der Freiherr von Lüdinghausen in Sillginnen sein Verkaufsangebot zurückzog, war Schakenhof sehr klein geworden und nicht mehr attraktiv. Deshalb tauschte er 1922 das Restgut Schakenhof im Umfang von 493 ha gegen die Standesherrschaft Schloss Halbau in der Oberlausitz, die dem Holländer Michiel Hoogendijk gehörte, dem zukünftigen Gutsherrn auf Schakenhof bis 1945. Auch der Holländer baute das Schloss nicht wieder auf, sondern machte das Inspektorhaus zum Gutshaus. Er wirtschaftete ebenfalls sehr erfolgreich, betrieb eine allgemein anerkannte und mit Preisen ausgezeichnete Schweinezucht auf Basis des Deutschen Edelschweins sowie Pferde- und Rinderzucht.

Michiel Hoogendijk (1884 – 1946) war ein holländischer Tuchhändler, der in Capelle aan den Ussel geboren wurde und zunächst als Hausierer die Bauern mit einem Hundewagen besuchte, um ihnen seine Tuche anzubieten. Er war erfolgreich und begründete eine Großhandlung mit englischen Stoffen. In den Krisenjahren nach dem 1. Weltkrieg verkaufte er eine Waggonladung Stoffe an die inflationsgeschüttelte Firma Wilhelm Winkler in Halbau nahe Dresden, einem Zentrum der Tuchindustrie. Anstelle einer Bezahlung mit wertlosen Reichsmark ließ er sich das Gut mit Schloss Halbau übereignen, das er gegen das Rittergut Schakenhof eintauschte. Im selben Jahr 1922 heiratete er Johanna Cornelia van Linschoten. Sie hatten sechs Kinder.[2]

Ein Schock für die holländischen Besitzer von Schakenhof bedeutete die Besetzung Hollands durch die deutschen Truppen im zweiten Weltkrieg und die damit zusammen hängende Verhaftung des Gutsherrn für einige Wochen. Seine Konten wurden in dieser Zeit gesperrt und ein Treuhänder eingesetzt.

Am 23. Januar 1945 begab sich der Treck von Schakenhof unter der Führung von Michiel Hoogendijk auf die Flucht. Der Treck wurde von den sowjetischen Truppen überrollt, Michiel Hoogendijk wurde trotz seines holländischen Passes nach Russland verschleppt , litt an Hunger und starb am 13. November 1946 in einem Lager in der Sowjetrepublik Udmurtiya, seine Frau erlag bereits im September 1945 dem Hungertyphus. Auf dem Gut wirkte in den 1990er Jahren eine Viehkolchose, einige wenige Bauten aus der alten Zeit waren noch erkennbar, das Inspektor- bzw. Gutshaus jedoch zerstört. Seit 2000 gibt es neue Stallungen auf den Fundamenten der alten Ställe und im Jahr 2008 war das Dorf Schakenhof mit seinen Insthäusern instand gesetzt worden – erstaunlicherweise. Die Molkerei des Gutes arbeitete auch wieder.

Ingrid Hoogendijk stellte detaillierte Forschungen zum Gut in Schakenhof an, wobei für das 227seitige Manuskript noch ein Verlag gesucht wird: „Schakenhof – Eine holländische Familie in Ostpreußen 1922 – 1945“[1] Weitere Details zu Schakenhof siehe Wulf D. Wagner, „Kultur im ländlichen Ostpßreußen – Geschichte, Güter und Menschen im Kreis Gerdauen“, Band II, Husum Verlag 2008, S.1019 – 1048. Siehe auch Gut Peterkau im Kreis Rosenberg.

Im Jahr 2018 ist das Buch in Holland erschienen, allerdings zunächst in holländischer Sprache – siehe hier



[1] Wulf D. Wagner, Gerdauen I, S. 29
[2] Jos Kaldenbach, Alkmaar NL, Schakenhof bei Königsberg, mit niederländischem Besitzer, Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2019, S. 76

Bilder

Literatur

ingrid Hoogendijk – Gut Schakenhof (holländisch)

Verlaugstext:

Im Jahr 1922 kam der Rotterdamer Stoffhändler Michiel Hoogendijk in den Besitz des Gutes Schakenhof in Ostpreußen. Dort erlebten er, seine Frau und sieben Kinder den Aufstieg des Nationalsozialismus, den Krieg, die Ankunft der Russen und den Untergang des Dritten Reiches. Vor mehr als zehn Jahren kam seine Enkelin Ingrid Hoogendijk in den Besitz einer umfangreichen Briefsammlung. Es waren die Briefe, die die Familienmitglieder in dieser turbulenten Zeit schrieben. Dieses Buch erzählt die ergreifende Geschichte einer vom Krieg zerrissenen Familie sowie die Geschichte von Ostpreußen, einem Land, das aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist.

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