Simon Dach und der Freundeskreis der Kürbislaube

Der Dichter Simon Dach (29. 7. 1605 – 15. 4. 1659) wurde in Memel als Sohn eines Gerichtsdolmetschers/Übersetzers für die litauische, polnische und kurische Sprache, der zeitweise auch Bürgermeister von Memel war. Der Urgroßvater seiner Mutter Anna, geb. Lengler, war ebenfalls Bürgermeister von Memel.

Ab 1619 besuchte Simon Dach die Domschule in Königsberg, wobei er im Haus seines Onkels, des Diakons Johann Vogler lebte. Vor der Pest floh er nach Wittenberg und später nach Magdeburg, wo er das Gymnasium besuchte. Wieder auf der Flucht vor Pest und Krieg kehrte er zurück nach Königsberg und begann ab 1626 das Studium der Theologie und Philosophie an der Albertina, das er bald durch das Studium der lateinischen und griechischen Poesie ablöste. Nach dem Studium war er zunächst Hauslehrer bei einem Ratsherrn auf dem Kneiphof, ab 1633 Lehrer an der Domschule, wo er nach 3 Jahren zum Konrektor ernannt wurde. Kurfürst Georg Wilhelm beförderte 1639 den 34jährigen zum Professor für Poesie an der Albertina. Fünfmal war er dort Dekan, ab 1656 Rektor der Universität und starb dann 3 Jahre später an der Schwindsucht. Er wurde in der Professorengruft am Dom beigesetzt.

Dach heiratete 1641 Regina Pohl, Tochter eines Hofgerichtsrats, mit der er in einer glücklichen Ehe 7 Kinder hatte, von denen aber zwei Knaben bereits im frühen Kindesalter starben. Selbst als Professor aber hatte Simon Dach nur ein bescheidenes Einkommen und deshalb ersuchte er Kurfürsten Friedrich Wilhelm um ein Stückchen Land zur Bewirtschaftung. Dieser erhörte seine in Gedichtform vorgetragene Bitte und schenkte ihm 1657 das Gut Kuikeim im Amt Caymen mit 16,5 Hufen. Im Garten erinnerte ein Gedenkstein an die Schenkung. Das Gut gehörte in letzter deutscher Zeit einer Familie Kohn und hatte rd. 215 ha.[1]

Simon Dach war ungemein produktiv und wurde zum bekanntesten Dichter seiner Zeit in Ostpreußen. Etwa 1.250 Gedichte sind nachweisbar, meistens verfasst anlässlich von Hochzeiten oder Beerdigungen. Eingang in die Gesangsbücher fand darunter das Lied „Ich bin ja, Herr, in deiner Macht“, das Dach als Begräbnislied für Robert Roberthin dichtete und Heinrich Albert vertonte. Er war Gründer und Mittelpunkt des Königsberger Freundeskreises, einer Gruppe von Dichtern und Komponisten mit u. a. Valentin Thilo und Heinrich Albert[2], die sich Königsberg in der 1. Hälfte des 17. Jhs. zusammen fand.

Der Domorganist Heinrich Albert (1604 -1651) war ein Vetter von Heinrich Schütz (1585 – 1672). Er wurde in Lobenstein (Reuß) geboren und kam als Student 1626 nach Königsberg. Von 1630 bis zu seinem Tod wirkte er als Domorganist. Er schuf eines der schönsten Kirchenlieder: „Gott des Himmels und der Erden, …“[3].

Weitere Stammgäste waren der Kriegsregistrator Georg Blum, der Registrator an der kurfürstlichen Kanzlei Johann Fauljoch,[4] der Domkantor und Leiter der Hofkapelle Johann Stobäus (1580 – 1646) aus Graudenz, der Sekretär am preußischen Hofgericht, Hofgerichtsrat Robert Roberthin (1600 – 1648) aus Saalfeld und Georg Weißel (1590 – 1635), Pfarrer an der Altroßgärtner Kirche, berühmt durch das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Die Künstler gaben 1641 unter dem Titel „Musikalische Kürbishütte“ eine Sammlung von 12 Liedern heraus.

Die Freunde trafen sich in Alberts Garten auf der Lomse[5] am Pregel, wo sie 1636 die „Gesellschaft der Sterblichkeit Beflissener“ gründeten, die sich vor allem unter dem Einfluss von Robert Robertin zu einem Dichterkreis weiterentwickelte. Dort stand die „Kürbislaube“, die zum Symbol des Kreises wurde und dort wurde die Idee für das Lied „Ännchen von Tharau“ geboren, wobei die Urheberschaft von Simon Dach lange nicht gesichert erschien, heute aber wohl ist[6]. Möglicherweise ist auch Heinrich Albert der Verfasser.

Das Lied „Ännchen von Tharau“ wurde zunächst in ostpreußischer Mundart geschrieben, dann aber von Johann Gottfried Herder in seine „Stimme der Völker“ im Original aufgenommen und ins Hochdeutsche übertragen.

Zu Ehren des Dichters Simon Dach wurde 1912 in Memel vor dem Stadttheater der Ännchen-Brunnen mit der Figur des jungen Ännchen und einem Medaillon des Dichters auf dem Sockel aufgestellt. Das Standbild des Ännchen stammt von dem Bildhauer Alfred Künne, der sich an einem 1909 vom Memeler Stadtrat ausgeschriebenen Wettbewerb beteiligt hatte. Sein Vorbild fand er zufällig 1911 in der jungen Gerda Schiweck, 12. Kind des Dünenmeisters Rudolf Schiweck aus Süderspitze auf der Kurischen Nehrung gegenüber Memel. Künne gewann den Wettbewerb und der Brunnen wurde 1912 mit Volksfest und Feuerwerk eingeweiht. Gerda Schiweck heiratete 1925 den Pädagogen Herbert Koch und lebte nach der Flucht aus Ostpreußen in Wallenhorst bei Osnabrück und starb am 7. 5. 1998 mit 98 Jahren. Nachdem dieser Brunnen 1945 zerstört wurde und die Reste spurlos verschwanden, errichtete man 1989 eine Nachbildung durch den Bildhauer Harald Haacke, in Auftrag gegeben von dem Verein „Ännchen von Tharau e. V.“, und die wurde an der alten Stelle neu installiert



[1] Dignath/Ziesmann, Die Kirchen im Samland, S. 199/200
[2] Dampfboot, Opr-forum, 26.8.05
[3] Kossert, Ostpreußen, S. 80
[4] Manthey, Königsberg, S. 54
[5] Manthey, Königsberg, S. 52
[6] Manthey, Königsberg, S. 54