St. Georg-Kirche zu Rastenburg

Die Pfarrkirche St. Georg wurde ab 1359 bis ca. 1370 als Wehrkirche errichtet und in die Verteidigungsanlagen an der Südwestecke der Altstadt integriert. Ihre Südwand stellte die Verlängerung der Stadtmauer dar, was die erstaunliche Mauerstärke von 1,50 m erklärt. Der Turm mit einer Höhe von 48 m war gleichzeitig der Südwestturm des Verteidigungsrings, hatte an der Basis 2 m dicke Mauern und war vom Kirchenschiff aus über eine Treppe zugänglich. Unter dem Dach des Kirchenschiffs und des Turms verlief ein Wehrgang.

Noch vor 1400 kam ein – niedrigerer – Verteidigungsturm an der Südostecke hinzu, den man beim Ausbau der Kirche im 15. Jh. erhöhte. Er ist reicher verziert als der höhere im Westen und diente hinfort als Glockenturm. Seine größte und älteste Glocke stammt von 1509, musste aber 1799 wegen eines Sprunges umgeschmolzen werden.

Die Uhr versetzte man von dem 1783 abgebrochenen alten Rathaus hierher. Ihre Glocke wurde im Anfang des 16. Jhs. gegossen.

Der Westturm trug einmal eine Laterne mit hoch aufragender Spitze. In die schlug 1638 während des Gottesdienstes der Blitz ein, warf den Kopf herunter und verursachte einen Dachstuhlbrand im Kirchenschiff. Danach wurde die Spitze nicht wieder aufgesetzt.

Der Westgiebel mit seinen Fialen, die flach aus dem oberen Teil der Giebelmauer hervortreten und das Dach nur wenig überragen, bildete ein Vorbild für viele andere Kirchen in der Gegend. Man nannte ihn den „Rastenburger Typ“.

Am Anfang befand sich auf dieser Nordwest-Seite der Eingang zur Kirche. Dort behinderte er jedoch die Verteidigungsarbeiten und deshalb entstand auf der Nordseite die noch heute benutzte Eingangsvorhalle, die im selben Stil gestaltet wurde. In dieser Halle ist das Konsekrations-Kreuz von der Kirchweihe 1517 ausgestellt, das man 1994 erst wieder entdeckte.

Ursprünglich als schlichte Hallenkirche ohne Chor konzipiert, teilte man um 1470 – 1480 den Innenraum durch viereckige, mit Arkaden untereinander verbundene Pfeiler in drei Schiffe ein.

Ihre jetzige Gestalt erhielt die Kirche nach einem Brand 1500 bis 1515. Damals baute man den Chor an, schuf den Eingang im Norden mit Vorhalle und ersetzte die Holzdecke durch Kristallgewölbe, beginnend im Chor, wobei die leichte Erhöhung des Mittelschiffs um 2 m zu einem basilikaähnlichen Raumeindruck führte. Diese Bauarbeiten fanden sich dokumentiert auf einer Tafel, die außen in der Ostwand eingelassen war. Diese konnte man aus dem Schutt der Kirche nach dem Krieg retten und jetzt soll sie am letzten Halbpfeiler links verankert worden sein. Sie trägt folgenden Text:

Ein Meurermeister Matz genannt,
Schloß diß Gewelb mit seiner Hand
Fünfhundert fünffzig Mark dafür
Empfing er, das war sein’ Gebühr,
Tausend fünffhundert 15 Jahr
Man zehlte, da es fertig war.
Bhüt Gott für Schaden, daß es mag
Fest stehn biß an den Jüngsten Tag.

Meister Matz hatte auch die Zellengewölbe in den Seitenschiffen der Pfarrkirche von Mohrungen 1503 installiert. Im Innern ruht das Gewölbe auf 12 starken Pfeilern.

Vom Mittelschiff in Richtung Altar blickend stellt man fest, dass der Chorraum deutlich nach links abbiegt. Das gibt es in Europa ganz selten. Manche Historiker sind der Ansicht, dass der erst nach 1500 gebaute Chorraum sich nicht gerade einfügen ließ, was durch den schon früher hier erbauten Glockenturm bedingt war. Andere wiederum behaupten, dass der Chorraum absichtlich so gebaut wurde. Die Kirche war nach dem Vorbild eines lateinischen Kreuzes errichtet. Um die Leiden Christi zu würdigen, wurde der Chorraum so gekrümmt, wie Christus am Kreuze den Kopf auf die rechte Schulter herabhängen ließ.

In der Mitte der südlichen Wand liegt die ab ca. 1485 angefügte und 1599 im Gewölbe und am Giebel umgebaute Taufkapelle St. Jacob, heute die Muttergotteskapelle. Sie ist auf die 1420 aus der Schützenbrüderschaft hervorgegangene St. Jacobsbrüderschaft zurückzuführen. Die silberne Taufschüssel stifteten 1738 die Hippelschen Erben.

Ausstattung:

• Die bemerkenswerte Kanzel entstand 1594. Sie trug einst Bilder von Christus, Paulus und Luther sowie Wappen von Caspar Keinwagk und Mechelet von Hofen. Im Jahr 1994 sind hier wohl Bilder von Luther und Melanchton angebracht worden. Dazu gibt es Darstellungen der Evangelisten

• Der einstige Hochaltar steht jetzt rechts vom Chorraum. Er entstand 1862 und zeigt das Gemälde „Christus am Kreuz“ (1870/71) von Prof. Ludwig Rosenfelder (1819 – 1881), erster Leiter der Kunstakademie in Königsberg. Es wurde nach dem Krieg mit finanzieller Unterstützung ehemaliger Rastenburger restauriert. Der Altaraufsatz entstand 1869/70 nach dem Entwurf von Baumeister Quedenfeldt.

• Das einst die Georgskirche zierende Porträt des Oberpfarrers Wilhelm Wietzendorff von 1647 im reichen Renaissancerahmen, der aus der Gegend von Lüneburg nach Rastenburg berufen worden war, hängt heute im Museum von Allenstein.

• Die Orgel ist ein Werk von Josua Mosengel von 1721. An der Orgelempore links gab es das Geweih eines Sechzehnenders mit geschnitztem Kopf.

• Viele der einst zahlreichen Grabplatten von Pfarrern und Bürgern des 16. bis 18. Jhs. sind nicht mehr vorhanden, auch nicht die mit der ältesten Stadtansicht von Rastenburg des Bürgers Friedrich Spiller, der, gerade zum Bürgermeister gewählt, 1625 der Pest zum Opfer fiel. Die grassierte damals in der ganzen Stadt und soll insgesamt 2.500 Menschenleben von 3.200 Einwohnern[2] gefordert haben, wie eine Tafel, die sich einmal neben der Taufe befand, bekundete. Im westlichen Teil des rechten Schiffes sind drei Grabplatten eingemauert; die interessanteste stammt aus dem Jahre 1597 und stellt Oberst Schenk dar, den Kommandanten der Stadtwache. Was sonst an Epitaphien gerettet werden konnte, befindet sich entweder im Rastenburger oder im Allensteiner Museum.

Das Pfarrhaus hinter dem Josephiturm wurde 1910 erbaut.

Eine ausführliche Beschreibung der St.-Georg-Kirche findet sich auch unter https://de.wikipedia.org/wiki/St.-Georg-Kirche_(K%C4%99trzyn bei Wikipedia von. Prof. R. Döhler



[1] Dr. Rudolf Grenz, Der Kreis Rastenburg, Marburg/Lahn 1976, S. 424
[2] Diethelm B. Wulf, Heimatbrief Rastenburg, Dezember 2007, S. 43