Steinort

Geschichte des Gutes und des Gutshauses in Stynort – Steinort

Das erste Gutshaus in Steinort fiel 1560 den Aufstaumaßnahmen des Mauersees zum Opfer und man verlegte seinen Standort auf die Anhöhe der Halbinsel, wo unter der Ägide der Grafen Lehndorff, die das Gut seit 1420 oder 1565 in Besitz hatten, bis 1572 ein Nachfolgebau entstand.

Was man heute sieht, ist im Kern der dritte Bau aus der Barockzeit. Bauherrin war Gräfin Marie Eleonore, geb. Dönhoff (1664 – 1724), letzte Gattin des dreimal verheirateten Oberburggrafen und Generalleutnants Ahasverus Grf. v. Lehndorff, der 1683 oder 1687 den Reichsgrafentitel für sich und seine Nachkommen errang.

Die barocke Schloßanlage entstand zusammen mit einem Brau- und Mälzhaus (als Unterbau eines neogotischen Speichers auf der Südseite des Hofes noch erhalten) 1689 – 1695.

Der Vorgängerbau von Schloss Steinort wurde dazu bis auf drei Gewölbe im Erdgeschoß und eine Wendeltreppe an der Südostecke abgebrochen. Als Vorbild diente das – heute immer noch existierende und der Verwaltung des Berliner Senats dienende – Palais Schwerin am Molkenmarkt in Berlin, das Ahasverus v. Lehndorff vom Schwiegervater seiner zweiten Frau, Oberpräsident Otto v. Schwerin, übereignet bekommen hatte. Die Handwerkerverträge und Abrechnungen für den Schloßbau hatten sich lange erhalten, so daß sie uns heute noch bekannt sind. Die Bezahlung des Maurermeisters Baltzer Frobe aus Königsberg, der Ziegler, der Kalkschläger, der Fliesenhersteller, des Zimmermanns Georg Riebel (Treppenhaus, Dachstuhl), des Nagelschmieds, des Kleinschmieds Barthel Schlütter, des Glasers Joachim Lamprecht aus Drengfurt, des Bildhauers Peter Reibenschu, der Maler, Ofentöpfer und des Drehers Peter Nidtke aus Gerdauen (Treppenschnitzereien) etc.. erfolgte hauptsächlich in Naturalien – in Scheffeln von Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen, in Ochsen und Schafen, in Käse, Speck, Schmalz, Butter, Salz, weniger in barem Geld.

Aus dieser Zeit stammt aber nur noch der fast quadratische Mitteltrakt mit dem imposanten Walmdach. Die neugotischen Fialen an der Auffahrtsseite ersetzten um 1860 den alten Mittelgiebel. Die beiden Seitenflügel der Vorderfront wurden 1829 angebaut, die Türme zum Garten 1860 – 1880 hinzugefügt.

Steinort war mit 5.500 ha landwirtschaftlicher Fläche eines der größten Güter Ostpreußens. Es gab sieben Vorwerke: Groß Steinort, Klein-Steinort, Labab, Teichen, Stobben, Taberlack, Kittlitz. Das Güterverzeichnis des Landkreises Angerburg wies 1932 Carl Meinhardt von Lehndorff als Besitzer aus. Groß Steinort war dabei mit einer Gesamtfläche von 3.612 ha verzeichnet, Klein Steinort mit 663 ha, Stobben mit 265 ha, Taberlack mit 545 ha und Serwillen mit 350 ha.

Nach dem Bezug der Wolfsschanze bei Rastenburg durch Hitler am 24. 6. 1941 wurde ein Teil des Schlosses als „Feldquartier“ für Außenminister v. Ribbentrop requiriert, blieb aber trotzdem noch Wohnort der Familie von Lehndorff. Das Schloss war ja groß genug. Von der alten Ausstattung ist heute noch die Diele mit der Balkendecke im Obergeschoß, die 1691 – 1695 von einem Rastenburger Künstler bemalt wurde – in der Mitte das Lehndorffsche und das Dönhoffsche Wappen, die untere Diele, die weiträumige, doppelläufige barocke Treppe und die Deckenmalerei des Badezimmers aus dem 18. Jh. vorhanden. Allerdings machten die Repräsentationsräume des 17. Jhs. mit teils erhaltenen, aufwendig geformten und bemalten Stuckdecken und Holzdecken aus der Zeit um 1700, alten Kaminen und Öfen, Damasttapeten, mit dem Fliesensaal als Gartensaal und den Prunkstücken des Porzellankabinetts schon zu Zeiten des unkonventionelle Grafen Carol v. Lehndorff, der 1936 starb, einen ziemlich ramponierten Eindruck.

Bis Anfang 1947 waren Soldaten der Roten Armee im Schloß einquartiert. Zusätzlich zu der reichen Steinorter Innenausstattung – Gobelins, Porzellan, Möbel, Gemälde – versammelte man hier Schätze aus anderen Schlössern und Herrensitzen, bevor das meiste in die Sowjetunion abtransportiert wurde. Als spärlicher Rest gelangten von den einst zahlreichen Bildern einige Porträts von Mitgliedern der Familie Lehndorff ins Museum in Allenstein. Die Sonnenuhr von 1741, die einst die Freifläche vor dem Zugang zum Schloß zierte, befindet sich heute auf dem Museumshof von Mohrungen. Urkunden aus Steinort aus dem Zeitraum 1715 – 1925, die dieser Zeit überlebten, kamen ins Allensteiner Archiv.

In derselben Zeit befand sich in Steinort eine Sammelstelle für ostpreußisches Vieh, bevor es seine Reise nach Russland antrat.

Das Torhaus von 1695 wurde abgebrochen, das Brauhaus von 1693 an der Südseite des Hofes dagegen blieb erhalten. Darüber neogotischer Speicher. Der 16 ha große Park ist recht verwildert.

In Steinort wurde nach dem Krieg als Verwaltungsstelle eines staatlichen Landwirtschaftsbetriebes für Büros, Wohnungen und Wirtschaftsräume und später von dem Polnischen Seemännischen Bund und der Gemeinde von Angerburg genutzt. Seit längerer Zeit gibt es Pläne, das Schloß als Hotel zu nutzen, wobei sich jedoch der daran interessierte österreichische Investor wieder zurückgezogen hat, und des öfteren schon sollte das Schloß grundsaniert werden. Das hat bisher nicht stattgefunden. Seit 1998 befand sich das Areal im Besitz der T.I.G.A Marina GmbH. Deren Interesse am Erhalt des alten Bauwerks war jedoch nicht sehr ausgeprägt und überforderte das private Unternehmen. Letztlich übernahm 2018 die Firma King Cross den Hafen und die Ländereien rings um das Schloss.  Sinnvollerweise übergaben die Verantwortlichen die Immobilie des Schlosses der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, die eher interessiert und befähigt ist, die erforderlichen Mittel für die Rettung des Schlosses zu beschaffen und ihre Tätigkeit im Frühjahr 2007 aufnahm. Im November 2008 wurden schon mal polnische und deutsche Historiker, Architekten und Denkmalpfleger für einen konzeptionellen Anstoß zusammen gebracht. Immerhin sind etwa 1.000 qm der berühmten Steinorter Holzdecken mit der barocken Bemalung rechtzeitig ausgelagert worden, um sie jetzt restaurieren zu können. Damit Schloss und Park ab 2010 wiederhergestellt werden können, braucht es aber die Hilfe vieler neuer Freunde von Steinort.[1]

Für die materielle Wiedererstehung von Schloß Steinort konnte Prof. Wolfram Jäger, Ingenieur aus Sachsen, gewonnen werden. Mit seinem breiten Spektrum an Erfahrungen aus Planung, Bauausführung, Normung, Forschung und Organisation engagiert er sich seit 2010 ausdauernd und erfolgreich für die Erhaltung des Schlosses.

Prof. Kilian Heck gründete zusammen mit der Historikerin Bettina Bouresh, der Grünen-Politikerin Antje Vollmer und Karin Dönhoff 2007 den Förderkreis Steinort. Gemeinsam mit dem leidenschaftlichen Ostpreußen-Liebhaber Christian Thielemann überreden sie Vera von Lehndorff zu ihrer ersten masurischen Reise. Schon ein Jahr später wurde in Allenstein ein internationales Steinort-Symposium einberufen, und nur acht Monate später enthüllten die Lehndorff-Töchter zum 100. Geburtstag von Heinrich Graf von Lehndoff einen Gedenkstein vor dem Schloß in Steinort.[3]

In Steinort gab es ein altes Jagdhaus aus dem 19.Jahrhundert, einen reich verzierten Holzbau im Stil eines Schweizer Chalets. Dieses war von den Grafen Lehndorff an die Betreiber eines Gasthauses verpachtet worden. Ein Flügel des Gebäudes wurde gleich nach Kriegsende zerstört, der Rest verfiel im Laufe der Zeit. Jetzt hat Alexander Potocki, Besitzer der Gaststätte und Pension in Galkowo – Galkowen/Niederhorst die Reste des Hauses nach sorgfältiger Katalogisierung nach Galkowo verbringen und restaurieren lassen. Die Holzbalken wurden konserviert, die fehlenden Teile ergänzt und der verloren gegangene Flügel rekonstruiert. Ab Herbst 2006 kann man im Jagdhaus in Galkowo wieder speisen, sich an den ausgestellten Fotos und Erinnerungsstücken aus alten Zeiten erfreuen oder sich von einer dort lebenden deutschen Journalistin über die Geschichte Masurens informieren lassen.

Ein Schatz der Familie Graf von Lehndorff wurde 1944 nach Sachsen verlagert. 1986 wurden die Schätze durch Zufall in einem stillgelegten Schornstein der Burg Kriebstein entdeckt und nach und nach aufwendig saniert. Der Staatsbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen und die Erbengemeinschaft Heinrich Graf von Lehndorff einigten sich auf die Rückgabe des Alteigentums. 2010 kehrten mehr als 400 Kunstgegenstände des Schatzes ins Schloss Steinort in Masuren zurück. Auf Burg Kriebstein verblieben 133 Stücke Chinesisches Porzellan, klassizistische Silbergefäße und Bücher[2]



[1] Landsmannschaft Ostpreußen NRW, Juli 2009
[2] Mittelsachsen TV, 26. 2. 2010
[3] Morgen in Masuren von Christian Lemke-Matwey in Tsp 27. 12. 2009, S. 3

Literatur

Kl.Klootboom-Klootweitschen