Tannenbergdenkmal

Schon bald nach dem Ende des 1. Weltkriegs manifestierte sich der Wunsch, vor allem unter den Tannenbergkämpfern, den gefallenen Kameraden ein würdiges Denkmal zu setzen. Es bildete sich der ostpreußische Provinzial-Kriegerverein unter dem Vorsitz von General Johannes Kahns. Dieser gründete 1923 einen Denkmalausschuss, dem viele damals prominente Ostpreußen angehörten und der ab 1924 den Bau eines Denkmals plante. Am 31. 8. 1924 wurde der Grundstein gelegt. Zum selben Zeitpunkt erfolgte nahebei die Einweihung des Ehrenmals für die Gefallenen des Infanterie-Regiments Nr. 147 – der „Hindenburger“, ein in Richtung Schlachteld blickender Löwe aus Granit auf einem sechs Meter hohen Feldsteinsockel.  In der Nähe lagen in einem Massengrab 250 unbekannte Russen.

Entworfen wurde das Tannenberg-Denkmal von dem Architekturbüro Walter (30. 12. 1888 – 15. 2. 1971) und Johannes (22. 11. 1890 – 6. 5. 1975) Krüger aus Berlin – Westend. Beide Brüder hatten Architektur studiert und eröffneten 1924 zusammen ein Architekturbüro. Sie gewannen 1925 den ersten Preis im Wettbewerb um das Tannenberg-Denkmal und zugleich den Auftrag für die Bauleitung.  Es war ein 1928 errichteter, mit einem achteckigen Mauerring umgebener, gewaltiger Ziegelsteinbau mit 8 Ehrentürmen von 23 m Höhe, bei dessen Konzeption die jungsteinzeitliche Anlage von Stonehenge Pate stand.[1] Der Durchmesser betrug ca. 100 Metern. Der Komplex wurde 1926/27 errichtet und 1934/35 umgebaut.

Das Zentrum des inneren Festplatzes bildete in der ersten Version von 1928 eine von einem hohen Kreuz bekrönte Grabstätte für 20 unbekannte deutsche Soldaten der Tannenbergschlacht. Nach dem Tod Hindenburgs erweiterte man die den Toten der Tannenbergschlacht geweihte und an den Sieg über die russische Armee erinnernde Stätte um den Totenkult für den siegreichen Feldherrn und Reichspräsidenten. Die dazu vorgesehene Neugestaltung des Denkmals nach Plänen der Architekten Walter Krüger und Albert Speer galt vornehmlich dem Einbau der “Hindenburg-Gruft”, die von zwei Soldatengrabgewölben flankiert wurde, und der Einebnung des Innenhofs für Aufmärsche im Sinne der Nationalsozialisten und die Tieferlegung des Innenhofs für den Zugang zur Hindenburg-Gedenkstätte. Hindenburg hatte gewünscht, dass seine Ehefrau ihr Grab neben dem seinen findet und er hatte außerdem den Wunsch geäußert, seine letzte Ruhe unter einem ostpreußischen Findling zu finden. Beide Wünsche wurden erfüllt. Den Findling fand man im Dorf Corjeiten im Samland – Details siehe dort.[2]

Bezeichnung der Türme im unten abgebildeten Grundriß des Tannenbergdenkmals, Leserichtung entgegen dem Uhrzeigersinn, beginnend unten: 1 = Eingangsturm, 2 = ursprünglicher Hindenburgturm, 3 = Ostpreußenturm, 4 = Fahnenturm, 5 = Gruftturm mit den Sarkophagen der Hindenburgs, 6 = Soldatenturm, 7 = Kirchlicher Weiheturm,  8 = Feldherrenturm mit Bronzebüsten der Truppenführer (aus: Kreisbuch Osterode). In der Ursprungsversion waren im Eingangs- und im Ausgangsturm zwei Jugendherbergen untergebracht, eine für Jungen und eine für Mädchen. Als Hitler entschied, die Anlage zum Grabmal für den gestorbenen Reichspräsidenten v. Hinendburg zumzugestalten, mussten die Jugendherbergen wieder ausziehen. Als Ersatz baute man eine komfortable große Jugendherberge am Mispelsee südlich von Hohenstein.

Die Nationalsozialisten nutzten die Popularität des Denkmals für ihre Zwecke. Bereits vor der Machtübernahme besuchten Hitler und Erich Koch publizitätswirksam die Gedenkstätte. Der Tod Hindenburgs bot die Möglichkeit, die tief verwurzelte Verehrung des Reichspräsidenten in der Bevölkerung mit dem Ansehen der neuen Machthaber zu verbinden. Am 8. August 1934 fand für Reichspräsident Paul v. Hindenburg in einem pompösen Festakt die Totenfeier statt und am 2.10.1935 fand er in der Gruft des neuen Hindenburgturms seine vorübergehend letzte Ruhestätte, bei welcher Gelegenheit Hitler das Denkmal zum „Reichsehrenmal“ erhob. Lew Kopelew bezeichnete später diese Stätte als “steingewordene Eiterbeule deutschen Hochmuts”, und da muss man ihm letztlich wohl Recht geben.

Beim Einmarsch der Roten Armee in Ostpreußen zerstörten die zurückweichenden deutschen Truppen das Ehrenmal teilweise. Sie sprengten neben dem Eingangsturm den Hindenburgturm und evakuierten am Abend des 20. 1. 1945 die Särge des Reichspräsidenten und seiner Frau, die bereits 1921 gestorben war, zusammen mit den dort aufgestellten  Nachbildungen der Fahnen ruhmreicher ost- und westpreußischer Regimenter, die an den Schlachten des 1. Weltkriegs in Ostpreußen teilgenommen hatten, sowie sonstigen Ehrengaben wie dem spanischen Kranz, den Büsten von Generälen, bronzenen Ulanenlanzen und dem Ehrenmal der Pioniere. Der Transport der Särge erfolgte über See, zunächst auf dem Kreuzer „Emden“ von Königsberg nach Pillau und weiter auf der “Pretoria” nach Stettin, um dann in einem Salzbergwerk eingelagert zu werden. Die Pretoria war das größte Schiff der 1890 gegründeten Reederei „Deutsche Ost-Afrika-Linie“, 16.500 BRT, 18 Knoten, gebaut bei Blohm & Voss, Indienst gestellt 12. 12. 1936, ab 1939 Wohnschiff der Kriegsmarine, 1945 Lazarettschiff und Flüchtlingstransporter Nach dem Krieg als Reparationsleistung an Großbritannien als „Empire Doon“, 1962 in indonesischen Besitz überführt. 1987 abgewrackt.[3]

Heute stehen die beiden Särge der Hindenburgs in der Elisabethkirche in Marburg an der Lahn. Acht Traditionsfahnen jener Regimenter, die an der Tannenbergschlacht 1914 teilgenommen hatten, befinden sich seit 2003 im Hindenburg-Zimmer des Ordensschlosses Ellingen, zur Verfügung gestellt vom Kuratorium ostpreußischer Traditionsverbände.

Das Tannenbergdenkmal an der Nationalstraße von Warschau nach Elbing und Danzig wurde von polnischen Pioniertruppen 1952/53 gesprengt und abgeräumt, wobei ein Teil der Steine beim Bau eines Erinnerungsdenkmals in Olsztyn – Allenstein Verwendung fand. Nur wenige Ruinenfragmente findet man heute noch vor.  Neuerdings (2004) spricht die Heimatkreisgemeinde mit Vertretern der Stadt Hohenstein darüber, die Grabkammer Hindenburgs im Hindenburgturm freizulegen und darin ein Mausoleum für die in der Tannenbergschlacht gefallenen deutschen, russischen und polnischen Soldaten einzurichten.

Das Gebäude mit der Gaststätte, das jetzt neben dem Denkmalsgelände steht, ist der wieder aufgebaute ehemalige neue Tannenbergkrug von 1937/38. Der alte Krug von 1932 war sehr schnell zu klein geworden und musste durch großzügigere Räumlichkeiten abgelöst werden. Der alte Krug brannte 1941 ab.

[1] Jürgen Ehmann, Das Tannenberg-Denkmal, KG Osterode 2022, S. 19
[2] Jürgen Ehmann, Aus der Geschichte des Tannenbergdenkmals, Osteroder Zeitung, Dezember2020, S. 33 ff
[3] Wolfgang K. Reich, Das lange Leben der schönen „Pretoria“, Preußisch Eylauer Kreisblatt, 5. 12. 2020, S. 28 f