Geschichte von Marggrabowa bzw. Oletzko bzw Treuburg
Bereits in der Vor-Ordenszeit siedelten an dem Platz, an dem später die Stadt Marggrabowa entstand, die Prußen und verfügten vermutlich sogar über eine Befestigung. Zu dieser alten Ansiedlung wie zu dem See, an dem sie lag, gehörte der Name Oletzko.
In einem Memorial für Herzog Albrecht war 1559 erstmals die Rede davon, daß mitten in der Wildnis am Oletzkoer See die Anlage einer Stadt geplant ist. Als Lokator wurde ein Adam Woynoffsky aus Masowien berufen, der mit Datum vom 1. 1. 1560 die Handfeste ausgestellt bekam. In dieser wurde der Name der Stadt mit Marggrabowa – Markgrafenstadt – festgelegt. Das Stadtprivileg enthielt das Recht, vier Jahrmärkte und jeden Dienstag einen freien Wochenmarkt abhalten zu dürfen. Der für diesen Zweck vorgesehene Marktplatz von 7 ha war größer als die Gesamtfläche einiger Städte jener Zeit. In dieser Weise ausgestattet, entwickelte sich die neue Siedlung bald zum wirtschaftlichen Zentrum der gesamten Region.
Die Tataren fanden in Marggrabowa eins ihrer ersten größeren Ziele bei ihrem gewalttätigen Einfall in Preußen 1656 und legten mit dem Schwung des siegreich vorwärts drängenden Eroberers die Stadt einschließlich Kirche und Rathaus in Schutt und Asche. Sie töteten und verschleppten viele Einwohner, so auch den Einwohner Kowalski, der als Sklave in die Türkei verkauft wurde. Er konnte nach Jahren fliehen, doch fand er betrüblicherweise bei seiner Rückkehr seine Frau mit einem anderen verheiratet.
Hart wurde die Bevölkerung von der großen Pest 1709/11 getroffen, die nur wenige der 1000 Bürger überlebten, auch nicht der Pfarrer und der Diakon. Erst zum Ende des 18. Jhs. hatte die Stadt sich wieder einigermaßen erholt und zählte dann 1.600 Bewohner. Auch große Stadtbrände behinderten die Entwicklung. Nach der Tatarenbrandschatzung ging die Stadt noch öfter in Flammen auf. So zerstörte ein Feuer am 22. 9. 1684 etliche Häuser und auch die wieder erbaute Kirche. Weitere große Brände folgten 1701, 1705 und 1708.
Von den Napoleonischen Kriegen wurde die unmittelbare Gegend und damit auch Treuburg kaum tangiert. Aufgrund der großen Preußischen Verwaltungsreform erhob man 1818 Marggrabowa als Kreisstadt zum Zentrum des Kreises Oletzko, zugehörig zum Regierungsbezirk Gumbinnen.
Während des 1. Weltkriegs befand sich Marggrabowa zwar im Kampfgebiet und wurde auch einige Zeit von den Russen besetzt, die Verluste an Bauten waren jedoch nicht so groß wie im Umland, wo es erhebliche Beschädigungen gab. Im 2. Weltkrieg dagegen wurde die im Oktober 1944 geräumte und im Januar 1945 aufgegebene Stadt zu 80 % zerstört.
Stolz war man auf das Ergebnis der Volksabstimmung nach dem 1. Weltkrieg: nur zwei Stimmen im ganzen Kreis votierten für Polen. Zum Dank durften die Bürger ihre Stadt in “Treuburg” umbenennen.
Treuburg ist erheblich vom Kontinentalklima beeinflusst und war die im Jahresdurchschnitt kälteste Stadt in Ostpreußen. Die durchschnittliche Jahrestemperatur betrug 5,7 ° Celsius, die durchschnittliche Anzahl Eistage (ganztags unter 0 ° C) beliefen sich auf 57 Tage und hier wurden die tiefsten Temperaturen Deutschlands gemessen mit – 36,4 ° C am 16. 1. 1893 und – 32,6 ° C am 10. 2. 1929 (nach anderer Quelle – 42,0 ° C am 9. 2. 1929). Die Sonne dagegen schien in Treuburg länger als in Königsberg.
Der Diplomat und Außenpolitiker Arthur Zimmermann (5. 10. 1865 – 6. 6. 1940) wurde in Marggrabowa geboren. Er besuchte das Gymnasium in Lyck und das Kneiphöfische Gymnasium in Königsberg. Danach studierte er Rechtswissenschaften in Königsberg und Leipzig. Seine Referendarausbildung bekam er in Ostpreußen. Nach dem 2. Staatsexamen 1892 war er Gerichtsassessor am Landgericht in Königsberg und trat 1893 als Assessor in den Auswärtigen Dienst ein, womit eine erfolgreiche Laufbahn begann. Erste Meriten erwarb er sich als deutscher Vizekonsul in Schanghai, Kanton und Tientsin und hatte 1901 auch offenbar erfolgreich mit dem Boxeraufstand zu tun. 1902 ernannte man ihm zum Legationsrat im Auswärtigen Amt, wo er 1907 zum Geh. Legationsrat mit dem Rang der Räte III. Klasse aufstieg. 1910 wurde er Dirigent der Politischen Abteilung, 1911 Unterstaatssekretär und 1913 – 1916 als solcher Mitarbeiter von Staatssekretär Gottfried von Jagow. Im Vorfeld des 1. Weltkriegs votierte er im Kronrat für die Unterstützung Österreich-Ungarns und deren Kriegserklärung an Serbien, an deren Folgen sich der 1. Weltkrieg entwickelte. Als Staatssekretär von Jagow 1916 aus Protest gegen die deutsche Entscheidung zum uneingeschränkten U-Boot-Krieg zurücktrat, wurde Zimmermann sein Nachfolger als Staatssekretär und damit als erster nichtadliger Inhaber dieser Position. Er unterstützte die Oberste Heeresleitung mit Hindenburg und Ludendorff. In der sog. Geheimen Zimmermann-Depesche schlug er Mexiko im Vorfeld des amerikanischen Kriegseintritts vor, das Land bei der Rückgewinnung der 1848 an die USA verlorenen mexikanischen Gebiete zu unterstützen, wenn es gegen Amerika in den Krieg einträte. Das Telegramm wurde vom britischen Marinegeheimdienst dechiffriert und an die Vereinigten Staaten weitergeleitet, was den Kriegseintritt Amerikas auf Seiten der Triple-Mächte am 6. April 1917 beflügelte. Als Zimmermann die Authentizität dieser Depesche öffentlich bestätigte, wurde er entlassen und beendete so seine Karriere.
In Marggrabowa geboren wurde Kurt Blumenfeld (1884 – 1963), Sohn eines Richters in Insterburg. Er legte sein Abitur in Insterburg ab und absolvierte ein Jurastudium in Königsberg. Als Zionist schon während seiner Schulzeit machte er eine jüdische Karriere: 1909 Leiter der zionistischezu den Künstlern, die die Kurische Nehrung berühmt gemacht habenn Propaganda in Deutschland, 1910 – 1914 Generalsekretär der Zionistischen Weltorganisation, 1924 – 1933 Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung für Deutschland. 1933 emigrierte er nach Palästina.
In Marggrabowa wurde der Maler Theo von Brockhusen (16. 7. 1882 – 20. 4. 1919) geboren, der zu den Künstlern gehörte, die die Kurische Nehrung berühmt gemacht haben. Er studierte an der Kunstakademie Königsberg, ging 1904 nach Berlin und trat 1906 in die Berliner Secession ein, wo er bis 1913 Mitglied war. Der Galerist Bruno Cassirer unterstützte ihn sehr stark und Brockhusen übergab ihm einen großen Teil seiner Werke, bis er ihm 1915 kündigte. 1909 reiste Brockhusen nach Paris und setzt sich intensiv mit der Arbeit von Vincent van Gogh auseinander. 1914 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Freien Secession e. V., die sich, angeführt von Max Liebermann, von der Berliner Secession abspaltete und stand dieser Künstlerorganisation 1918/19 als Präsident vor. 1914 – 1918 war er Mitglied im Klein-Kurener-Kreis der Künstlerkolonie Nidden neben Alfred Partikel, Franz Domscheit, Waldemar Rösler u. a.