Seerappen verfügte über eine Bahnstation, die auch von den Einwohnern von Großheidekrug beansprucht wurde. Von hier aus wurde einst ein Wanderweg zum nördlich gelegenen Wargen empfohlen, wobei man das Greibauer Mühlenfließ passiert. Dieses in wunderlichen Windungen in die Landschaft gebettete Gewässer war einst bedeutend für die Wasserversorgung Königsbergs.
Weithin bekannt wurde Seerappen durch den 1915 – 1917 erbauten Luftschiffhafen, der gleichzeitig die Zentrale des Marine-Luftschiffwesens für die östliche Ostsee beherbergte. Es gab eine riesige, 50 Meter hohe Halle auf einer Fläche von 7.200 qm, die gleichzeitig bis zu drei Luftschiffe aufnehmen konnte.
Hier war seit 2. 5. 1917 das 1916 in Dienst gestellte Luftschiff LZ 62 stationiert – 198 Meter lang mit fast 28 Meter Durchmesser, das als Marine-Luftschiff L 30 bei 10 Angriffen auf Englang rd. 23,5 Tonnen Bomben abwarf, aber mangels Sicht kaum Schäden anrichtete. Dieses erste Schiff mit Seitengondeln gilt als das erfolgreichste Luftschiff des ersten Weltkriegs. Es wurde bereits am 17.11.1917 in Seerappen wieder außer Dienst gestellt und im Jahre 1920 zerlegt als Reparationsleistung an Belgien ausgeliefert. Da man dort aber kein so großes Luftschiff unterbringen konnte, wurde es demontiert. Teile befinden sich heute im Musée de L´Air in Brüssel. In diesem Museum sind wie in keinem anderen Museum auf der Welt so viele Großexponate von einem Zeppelin-Luftschiff zu sehen.
In den nicht mehr benötigten Gebäuden richtete sich die Ostdeutsche Landwerkstätten Seerappen GmbH ein, die am 28.12.1920 den Flugbetrieb zwischen Königsberg und Berlin aufnahm. Heute ist der Fliegerhorst von Seerappen eine Kaserne.
Seerappen hatte aber auch eine unrühmliche Bedeutung in der Nazi-Zeit: hier befand sich ein Außenarbeitslager des Konzentrationslagers Stutthoff, in dem auch jüdische Häftlinge inhaftiert waren. Wer von ihnen 1945 noch lebte, wurde mit anderen Leidensgenossen zusammen über Königsberg in die winterliche Ostsee bei Palmnicken gejagt und erschossen.
Bis an Metgethen und Groß Holstein heran reicht der Forst Kobbelbude. Der Ort Kobbelbude bestand zur Ordenszeit aus einem Gestüt, wo die schweren Pferde für die gepanzerten Ritter gezüchtet wurden. Danach wurde es herzogliches bzw. kurfürstliches Vorwerk, bis man es 1648 an den Gouverneur von Pillau, von Podewils, verkaufte. Es gelangte jedoch an den Staat zurück und diente dann als Sitz des Oberförsters für den Forstbezirk Kobbelbude. Dieser umfasste die Kaporner und Bludauer Heide sowie die Waldungen bei Lochstädt und auf der Frischen Nehrung bis zur Grenze nach Westpreußen. 1878 wurde der Gutsbezirk Bludau umbenannt in Gutsbezirk Kobbelbude, aus dem der Amtsbezirk Kobbelbude hervorging, den man 1929 auflöste und auf Groß Heydekrug und Neuhäuser aufteilte. Die Staatsdomäne Kobbelbude mit einer Fläche von 730 ha galt als Musterbetrieb der Rinderzucht unter Leitung des Oberamtmanns Georg Caspari bzw. seines Sohnes Gerhard mit 300 Hochleistungskühen, die überregionalen Ruf genossen und seinerzeit den größten Rinderzuchtbetrieb Ostpreußens repräsentierten.[3] Georg Caspari hatte die Domäne 1903 gepachtet und erwarb 1912 den Bullen „Prinz“ für den damals sensationellen Preis von 10.500 Goldmark. Der Bulle bewährte sich aber offensichtlich als guter Vererber. Im Jahr 1910 lebten 133 Personen in Kobbelbude, im Jahr 2010 waren es 20. (Wikipedia) Der Ort rangiert nur noch als Siedlung, russisch Possjolok.
Die Kaporner Heide, einst als die Lunge von Königsberg bezeichnet, reicht von Groß Heydekrug bis nach Metgethen. Vor langer Zeit tummelten sich hier viele Elche. So wurden z. B. im Jahr 1756 nicht weniger als 51 dieser Tiere erlegt. Der schönere Teil soll der südliche sein. Aus deutscher Zeit stammt noch ein umfangreiches Bunkersystem hinter Kaporn. Man trifft auf Gefechtsstände, Befehlsräume mit Wandtresor und Mannschaftsräumen. Die Bunker sind untereinander verbunden.
Mitten in der Kaporner Heide, 1,5 Wegstunden von Metgethen entfernt, lag der Vierbrüderkrug und ihm gegenüber die Vierbrüdersäule, mit der viele Sagen verbunden sind, u. a. auch die folgende, die sich in der Chronik des Peter von Dusburg von 1325 findet: Ein Ritter Martin von Golin von der nahen sagenhaften Burg Konowedit auf dem Schlossberg bei Margen am Haff und die vier Halbbrüder des Ordens namens Conrad Dywel, Kobenzell, Strobemehl und Röder nahmen 1295 mit weiteren 100 Mann zu Fuß tatkräftig an den Kämpfen zur Eroberung Sudauens teil. In der Nordwestecke des Samlandes war gerade der sudauische Adel zu einem Festgelage versammelt. Die Ordenspatrouille wartete die Nacht ab, überfiel dann die schlafende Gesellschaft und tötete 93 adlige Prußen, machte dabei auch reiche Beute. Als die fünf Brüder auf dem Heimweg mit einer Gruppe gefangener Sudauer an der Stelle, wo später die Säule errichtet wurde, rasteten, überfiel sie eine Streitmacht der sie verfolgenden Sudauer und erschlug die vier Halbbrüder. Nur Golin konnte entkommen. Er ließ für seine Gefährten an der Unglücksstelle im Wald das Grab herrichten, und davon erhielt der Wald seinen Namen: ein aufgeworfener Grabhügel hieß im Prußischen „kapurnei“.
Landmeister Meinhard von Querfurt erteilte den Auftrag, zum Andenken an die Brüder hier eine Holzsäule zu errichten, und die überstand einige Jahrhunderte. Im 19. Jh. war sie verrottet, wurde erst durch eine Holzsäule, 1898 dann aber durch eine Säule aus Beton mit Zinkaufsatz ersetzt. Den oberen Abschluss zierten 4 bärtige, behelmte Männerköpfe. Auf einer Tafel trug die Säule folgenden Vers:
Zwölfhundertfünfundneunzig – die Chronik nennt dies Jahr
Zur Zeit, als Ordens-Meister Meinhard von Querfurt war,
Da ruhten hier im Haine vier Waffenbrüder aus,
Von Sudau’n siegreich kehrend zurück nach blutgem Strauß.
Da war der wackre Dyvel, der rüstge Kobenzell
Und Stobemehl und Röder, ein mutiger Gesell.
Die Treue, die dem Orden sie hatten angelobt,
War schon in Gau’n voll Aufstands im Kampfe oft erprobt.
Sie saßen froh beim Mahle, nach Conovedits Schloß,
Da stürzte aus dem Dickicht hervor der Feinde Troß.
Mit Schwert und Spieß und Keule streckt nieder er die Vier.
– Und zum Gedenk der Toten steht diese Säule hier.[4]
Der Vierbrüderkrug, einst zwischen 1720 und 1730 gebaut, 1732 erstmals urkundlich erwähnt, war ein schlichtes Gasthaus mitten im Wald und mit hübschem Garten.
Von Großheidekrug in Richtung Condehnen kommt man am alten Forsthaus vorbei, das noch bewohnt wird. Von dem großen Gutskomplex in Condehnen sind allerdings nur noch Mauerreste vorhanden.[1] Dabei stand hier einst ein herrschaftliches spätbarockes Gutshaus von 11 Fensterachsen, das Ludwig Alexander zu Dohna (1750 – 1804), der das Gut 1776 von einer Verwandten, der Herzogin Friederike von Holstein-Sonderburg-Beck, erworben hatte, als letztes anspruchsvolles Herrenhaus der Familie zu Dohna bauen ließ.[2]
Die Bludauer Heide zwischen Groß Heydekrug und Bludau war wesentlich urwüchsiger, wilder, malerisch durchflossen vom Lauknefließ. Der große Rohrbruch in Richtung Haff ist ein undurchdringlicher Erlenwald gewesen, wo man auch auf Elche treffen konnte. (Landkarte siehe unter Bludau)
[1] Kosemund, Heimatbote, S. 50
[2] Lothar Graf zu Dohna, Die Dohnas und ihre Häuser II, S. 514
[3] Ruth Geede, Ostpreussische Familie, Oprbl. Nr. 39/2016 (30. September), S. 14; Herbert Ziesmann, das Kirchspiel Mahnsfeld, Unser schönes Samland, Sommer 1981, S. 36
[4] Friedrich Borchert, Wargen, Oprbl. Nr. 1/88, S. 10