Vanagai – Wannaggen
1904 wurde Wannaggen ein selbständiges Kichenspiel. Die Kirche entstand 1907 – 1909 nach Plänen des Architekten Tomoscheit aus Ragnit, wurde am 21. Februar 1909 eingeweiht. Der Turm steht seitlich neben der Kirche, der Chorabschluß ist gerade, es gibt Seitenschiffe, die Decke über dem Mittelschiff ist gewölbt. Die Ausstattung ist neogotisch. Die Kirche kam im Prinzip gut über den Krieg. Nach dem Krieg brachten Laienprediger das kirchliche Leben in Wannaggen wieder in Gang. 1946 kam Georg Sprogies aus der Gefangenschaft heim und übernahm die Gemeinde zusammen mit Martin Klumbies, der sich um die Jugendarbeit kümmerte. 1950 wurde Sprogies zum Pfarrer ordiniert und war seitdem zuständig für Wannaggen und Plicken sowie für Prökuls, Kinten, Saugen und Schwekschny.[1] Heute befindet sich die Kirche in gutem Zustand.
Im September 2010 konnte das seit 2009 renovierte Pfarrhaus wieder bezogen werden. Kirche und Pfarrhaus stehen unter Denkmalschutz und wurden durch die Bundesrepublik als Kulturgut der Deutschen im östlichen Europa anerkannt. Die Renovierungskosten teilten sich die Denkmalbehörde Litauens, die Kirchengemeinde Wannaggen und die Bundesrepublik Deutschland sowie das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE). Für die Erhaltung von Kirche und Pfarrhaus haben sich insbesondere Manfred Sprogys mit seiner Kirchengemeinde sowie der in Wannaggen 1922 geborene Johann Sköries sehr engagiert eingesetzt.[2]
Eva Simonaityte (1897 – 1978), Schriftstellerin, wurde in Wannaggen geboren und war die uneheliche Tochter einer litauischen Magd. Die Mutter Simonaityte musste sich als Magd von Hof zu Hof verdingen. Der Sohn eines Hofbesitzers schwängerte sie. Die Hofstelle, auf der das Kind zur Welt kam, ist jetzt abgeräumt. An ihrer Stelle sitzt in Holz geschnitzt die Schriftstellerin, ihre Werke im Schoß geborgen.
Der materiellen Not gehorchend, in der sie aufwuchs, lernte Simonaityte autodidaktisch Lesen und Schreiben. 1919 trat Simonaityte der litauischen Jugendorganisation in Wannaggen bei und gelangte 1921 in die Redaktion der “Prusu lietuviu balsas”, der “Stimme der preußischen Litauer”. Seit 1925 arbeitete sie im Sekretariat des Direktoriums, der Regierung des Memellands. Der Flucht der Memelländer schloss sie sich nicht an und blieb, schaffte es sogar, sich im sowjetischen Nachkriegslitauen einen Platz zum Leben und zum Arbeiten zu behaupten. Von einem Leninpreis, den sie gewann, baute sie sich ein kleines Häuschen in Prökuls. Sie liegt in Vilnius begraben. Die Stadt Prökuls bewahrt ihr Wohnhaus
Simonaityte schildert in ihren Büchern den Alltag der Litauer im Memelland, ihre Traditionen, ihr Brauchtum, den Widerstreit zwischen deutscher und litauischer Kultur. Ihre Werke gehören zum Lehrplan der Schulen im Memelland. Es gibt aber keine Übersetzungen ins Deutsche. Werke u. a.: die Romane “Aukstuju Simoniu likimas” (“Das Schicksal der Aukstujiu Simoniai”, 1935), “Vilius Karalius” (1938), “Pikciurniene” (1953); eine dreiteilige Autobiographie erschien 1960 bis 1965. (Dietmar Albrecht).
Zu Wannaggen gibt es eine ausführliche Dokumentation mit zahlreichen Bilder – siehe hier.