Am alten Markt stand die Lutherkirche, an die noch eine Spitzbogenmauer, die Arkaden, erinnern. Unterhalb der Arkaden ist über eine lange Freitreppe die Bogenbrücke zu erreichen, die unverändert die Angerapp überspannt. Die Brücke wurde mit Unterstützung der Heimatkreisgemeinschaft Insterburg renoviert. Der Alte Markt, früher wirtschaftlicher Mittelpunkt der Stadt mit Geschäften und Kaufhäusern, ist jetzt eine öde Fläche an der Peripherie. Er hatte 1987 noch Kopfsteinpflaster.
Vom Neuen Rathaus, entstanden in der Wende vom 19. zum 20. Jh, gibt es noch ein Hinterhaus. Das Alte Rathaus von 1610, erneuert 1809, ist großenteils verloren. Immerhin gibt es noch 3 Fensterachsen zur Parkseite hin. Diesen Park ziert das moderne Standbild eines Geweihträgers.
Das 1899 errichtete Reichsbankgebäude beherbergt heute die Stadtapotheke. Links daneben steht die Villa des Direktors der Reichsbank in Insterburg, davor ein modernes Denkmal für den Komponisten Tschaikowski. Im alten Postgebäude neben der Reichsbank hat man eine öffentliche Sauna eingerichtet. Das Chernyakhovsker Postamt dagegen wurde in der einstigen Frieda-Jung-Schule eingerichtet.
Vom alten Insterburg gibt es noch den Wasserturm, verschiedene Bankgebäude, die Schulen, die frisch renovierte alte Stadthalle, die Markthalle von 1928 und den Bahnhof. In äußerlich ordentlichem Zustand befinden sich etliche Wohnhäuser in der Umgebung der Altstadt, vor allem in der Leninstraße, früher Hindenburgstraße. Unter den Häusern der Vorstadt, von denen mehrere erhalten sind, fällt besonders die Villa Brandes auf, ein Neorenaissance-Bau aus den 1880er Jahren. Sie wird heute als Waisenhaus genutzt.
Im alten Wasserturm von 1899, innen inzwischen vollständig renoviert, wurde jetzt ein Uhrenmuseum eingerichtet und dem Bauwerk der Name „Turm der Zeit“ verpasst. Verantwortlich dafür sind die privaten Investoren Alexej Pawlikow und Wladimir Gutschtschjan, die in einigen Etagen ihre Kollektion historischer Chronographen – mehr als 100 Exemplare auch Königsberger Uhren, die teils in England und Frankreich erworben wurden, sowie Taschenuhren, Reiseuhren etc. – sowie dazu passende Möbel ausstellen. Pawlikow ist der Gründer des Unternehmens „Tower oft he East“, das die Burg von Tapiau gepachtet hat, wo in einem Museum Waffen von Gutschtschjan ausgestellt werden. Pawlikow besitzt noch das Unternehmen „KSK Textiles“, das Eigentümer des ehemaligen Kreiskrankenhauses von Insterburg wurde, aus dem ein Hotel gemacht werden soll.[6]
Zu den bemerkenswerten Baudenkmälern gehört der erhaltene Rundlokschuppen auf dem Bahnhofsgelände. Im Deutschen Reich gab es einst 25 dieser Bauwerke, von denen neben zwei verrottenden Beispielen in Berlin-Pankow und Rummelsburg die in Schneidemühl, Bromberg, Dirschau und eben Insterburg überlebt haben. Rundlokschuppen sind runde Bauwerke mit sternförmig angelegten Abstell- und Reparaturgleisen unter einer runden Kuppel. Diese nannte man nach seinem Konstrukteur „Schwedler-Kuppel“. Johann Wilhelm Schwedler (1823 – 1894) war ein Berliner Bauingenieur, der leichte, aber extrem belastbare Stahlträger entwickelte, die Kuppeln bis zu 40 Meter Durchmesser ermöglichten. Er konstruierte übrigens auch die Kuppel der Berliner Synagoge in der Oranienstrasse. Der Rundlokschuppen in Insterburg befindet sich in Privatbesitz und beherbergt eine Autoreparaturwerkstatt.[3]
Das ursprünglich als Gymnasium für Jungen 1875 errichtete Schulgebäude ist heute Sitz des Bürgermeisters von Tschernjachowsk. Links daneben steht auch noch die einstige Mädchenschule, gebaut 1872.
Die Kasernen haben den letzten Krieg fast unversehrt überstanden und dienen heute denselben Zwecken. Aus dem Zuchthaus am Pregeltor machte man eine psychiatrische Klinik. Die neoromanische Anlage an der Straße nach Georgenburg entstand 1844 auf sternförmigem Grundriss nach Plänen des Architekten Meyer, überarbeitet von einem Architekten Vogt. Die Bauleitung hatte der Geheime Oberbaurat Severin. Im 20. Jh. wurde Teile abgerissen und durch Neubauten ersetzt.
Seit dem Jahr 1913 verfügt Insterburg über einen Bismarckturm. Der Turm war im Jahre 2006 noch vorhanden, wenn auch marode. Der Stein mit der Inschrift wurde übermalt. Die Innentreppe zur Aussichtsplattform war nicht mehr begehbar. 2018 stürzte der obere Teil des Turms ein.[4] Der Standort des Turmes liegt etwa 1 km nordwestlich des Stadtzentrums beim ehemaligen Gut Nettienen.
Auf dem Hauptplatz von Insterburg steht seit 2007 eine Reiterstatue des russischen Generalfeldmarschalls Fürst Michael Andreas Barclay de Tolly (1761 – 1818). Der Heerführer aus baltischem Haus mit schottischen Vorfahren entwickelte den Plan, die französischen Truppen Napoleons in die Weiten Russlands zu locken, um sie dort untergehen zu lassen. Nach dem Soldatentod Kutusows am 13. April 1813 in Bunzlau (Schlesien) übernahm er den Oberbefehl über die russischen Truppen.[5] (siehe auch Geswethen/Landwehr).
Im Außenbereich der Stadt Insterburg trifft man noch auf die Siedlung Kamswyken. Dieses ist das erste erhaltene Bauwerk von Hans Scharoun (20. 9.1893 – 25. 11. 1972) und das früheste erhaltene Bauwerk des „Bunten Bauens“, volkstümlich als Bunte Reihe bezeichnet, denn ihre Fassade war von farbintensiven Profilen geprägt.[1] Zur Zeit ist sie gar nicht mehr bunt, wenn auch der originale Stuck und die alten Dachziegel erhalten blieben, und gilt seit 2014 als eines der „Sieben meistbedrohten Kulturdenkmäler Europas“. Sie besteht aus je acht zweigeschossigen Reihenhäusern sowie über zwei dreigeschossige Miethäuser und zwei Stadtvillen. Scharoun lebte mit seiner Frau 1924/25 in Insterburg. Ein von ihm entworfener und dort benutzter Schrank überlebte die Zeiten bis heute und wurde 2017 von dem Apotheker Gerd Welge dem deutsch-russischen Förderverein Kaswyker Kreis zur Verfügung gestellt. Nach seiner Restaurierung solle er im „Offenen Zimmer“ der Bunten Reihe in Insterburg ausgestellt werden.[2]
[1] Scharoun-Gesellschaft – http://scharoun-gesellschaft.de/projekte/siedlung-kamswyken-insterburg/
[2][ EB, Ein Stück Kulturerbe, Oprbl. Nr. 21/2017 (26. Mai), S. 13
[3] Manuela Rosenthal-Kappi, Gutes Vorbild für Berlin und Insterburg, Oprbl.Nr.48/2017 (1.Dezember), S. 13
[4] Königsberger Bürgerbrief, Sommer 2023, S. 85
[5] Wolfgang Stribrny, „…barhäuptig, in der Tracht seiner Zeit …“, PAZ Nr. 8/2008 (23. Februar), S. 14
[6] Manuela Rosenthal-Kappi, Alte Uhren im Wasserturm, Oprbl. Nr. 36/2024 (6. September), S. 13