Johannes Bobrowski (9. 4. 1917 – 2. 9. 1965), Schriftsteller, wurde in Tilsit, Gartenstraße 7, geboren und verlebte seine Kindheit und Jugend dort an der Memel. Der Vater war Schaffner und Steno-Lehrer, die Vorfahren stammten aus Polen. Während die Familie nach Königsberg umzog, blieb Johannes zunächst bei der Großmutter in Wilkischken bei Tilsit, besuchte dann das humanistische Gymnasium in Königsberg und folgte 1928 der Familie nach Berlin, wo er auf das Stadtgymnasium ging. Sein Lateinlehrer am Kaiserin-Augusta-Gymnasium ab 1930 war Ernst Wiechert, der die literarische Begabung des Knaben erkannte und förderte.
Nach dem Abitur Studium der Kunstgeschichte, dann Reichsarbeitsdienst und danach Einberufung zum Wehrdienst. Teilnahme am Polen- und Frankreichfeldzug als Nachrichtensoldat, ab 1941 am Krieg gegen die Sowjetunion, dabei längere Zeit stationiert im Ilmenseegebiet südlich von St. Petersburg. Über die „Bekennende Kirche“ kam er mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Berührung. In Nowgorod begann er zu schreiben („Abschiedslied“, „Licht der Zeiten“).
Kriegsheirat der Königsberger Nachbarstochter Johanna, geb. 1921. Sowjetische Kriegsgefangenschaft – Kohletagebau im Dongebiet. Heimkehr Weihnachten 1949. Mitglied der Ost-CDU. Lektor im Altberliner Kinderbuchverlag von Lucie Groszer. Dann Tätigkeit im Union-Verlag, seit 1959 als Chef-Lektor. Er starb im Köpenicker Krankenhaus an den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs.
Ehrungen: „Alma Johanna König Preis“ 1962, Jahrespreis der Gruppe 47, 1962.
Sein größter Erfolg war der Roman „Levins Mühle“, verfilmt mit Rolf Hoppe, der in der Landschaft um Königsberg spielt. Weitere Werke: „Litauische Claviere“ – veröffentlich nach seinem Tod; „Auf den jüdischen Händler A. S.“ (1954), „Die Spur im Sand“, „Die Heimat des Malers Chagall“, Gedichtbände „Sarmatische Zeit“ (1961), „Schattenland Ströme“ (1962), „Wetterzeichen“ (1966); „Lipmanns Leib“; „Boehlendorff und Mäusefest“; „Holunderblüte“.
An seinem Geburtshaus in Tilsit wurde eine Gedenktafel in deutscher und russischer Sprache angebracht. . Die Möbel und das Clavicord aus seinem Arbeitszimmer werden seit der Auflösung der Wohnung in Friedrichshagen nach dem Tod seiner Frau in einer Dauerausstellung in Vilkyskiai – Willkischken im Memelland gezeigt.[2]
Der Schauspieler Armin Mueller-Stahl wurde am 17. 12. 1930 in Tilsit als drittes von vier Kindern geboren. Die Mutter entstammte livländischem deutsch-baltischem Adel, der Vater war ein schlichter Bankbeamter, der den allzu schlichten Namen Müller mit dem Zusatz „Stahl“ aufwertete. Bei Kriegsende verschwand der Vater, lange wartete die Familie vergeblich auf seine Rückkehr: er war als Deserteur von den eigenen Landsleuten erschossen worden.
Vom Ende der 1930er bis zum Beginn der 1950er Jahre lebte Armin Müller-Stahl in Prenzlau, Uckermark. Ab 1952 wirkte er am „Theater am Schiffbauerdamm“ in Ostberlin. Populär wurde er durch verschiedene Film- und Fernsehrollen und avancierte zu einem der beliebtesten Schauspieler in der DDR. Nach seinem Protest gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann 1980 Übersiedlung nach West-Berlin und Auftritt in vielen Fernseh- und Kinofilmen (Oberst Redl, Momo u. a.). Hauptrollen bei Rainer Werner Faßbinder in „Lola“ (1981) und „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ (1982).
Ab 1989 stark in Hollywood engagiert, beginnend mit einer Rolle in Costa Gavras Film „Musik Box – Die ganze Wahrheit“. Oscar-Nominierung 1996. Seit Jahren lebt er in Los Angeles. Trotz seiner Erfolge in Hollywood kehrt er immer wieder nach Deutschland zurück. Besondere Wertschätzung erfuhr er so durch die Hauptrolle als Thomas Mann in dem Fernseh-Dreiteiler „Die Manns – ein Jahrhundertroman“. Armin Müller-Stahl ist ein Multi-Talent-Künstler. Er schrieb bereits einige Romane und Erzählungen und präsentierte seine Zeichnungen und Aquarelle in mehreren Ausstellungen.
Robert Liebenthal (26. 9. 1884 – 19. 5. 1961) wurde in Tilsit als Sohn eines Rechtsanwalts geboren, besuchte Gymnasien in Königsberg und Berlin und studierte Architektur und Kunstgeschichte in Berlin und München. Weitere Ausbildung bei der Postverwaltung und bei der Bau- und Finanzdirektion in Berlin. Nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg kehrte er 1921 nach Ostpreußen zurück und wurde Leiter des staatlichen Hochbauamts in Goldap. Entwürfe für ein Gerichtsgebäude in Königsberg. 1924 Ernennung zum Leiter des Neubauamts der Universität Königsberg und in dieser Eigenschaft Leitung der Baumaßnahmen für den Erweiterungsbau der Albertina bis 1928 (Liebenthal-Flügel). Im selben Jahr Ernennung zum Ehrenbürger der Universität. Weiteres Werk: Gebäude für das Preußische Staatsarchiv am Hansaring (1930). 1931 – 1945 Dezernent für Wohnungs- und Siedlungsbauwesen bei der Regierung in Königsberg. Nach dem Krieg 1947 – 1950 Leiter des Universitätsneubauamts in Frankfurt/Main.
Annemarie in der Au (22. 10. 1924 – 19. 8. 1998), Schriftstellerin und Dichterin, wurde in Tilsit als Kind der Familie Westphal geboren. Zu ihren Vorfahren zählten Salzburger, Schlesier, Westfalen und Holländer. Nach dem Abitur Beginn des Studiums der Pharmazie, das durch die Kriegsereignisse abgebrochen werden musste. In Lübeck Ausbildung zur Schauspielerin mit Examen in Hamburg, parallel dazu Studium der Literatur-, Kunst- und Theatergeschichte in Lübeck und Hamburg. Seit 1953 verheiratet mit dem Intendanten und Schauspieler Ottomar in der Au. Tochter Dietlind (1955 – 1994). Lebte dann in Krefeld. Seit der Heirat Konzentration auf Dichtung und Schriftstellerei. Ehrungen: Hörspielpreis des Landes Nordrhein-Westfalen und des Ostdeutschen Kulturrats; Ostpreußischer Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen (1988); Bundesverdienstkreuz am Bande; Elch-Statuette der Stadt-Gemeinschaft Tilsit. Werke: Erzählung „Die Machtprobe“ (1962); Komödie „Weh dem, der aus dem Rahmen fällt“ (1964); Gedichte „Die Schatten weilen länger“ (1965); Roman „Alles dreht sich um Es“ (1965); Roman „Das Glaskugelopfer“, erschienen als Neuauflage unter dem Titel „Die Kindheit blieb am Haff zurück“ (1991); Hörspiel „Windmühlenflügel“ (1971); Gedichte „Kein Mondsilber mehr als Währung“ (1987); Geschichten „Der unzuverlässige Weihnachtsengel“ (1989)
Paul Baumgarten (9. 4. 1900 – 8. 10. 1984), Architekt, wurde in Tilsit geboren. Die Jugend verlebte er in Hohensalza bei Posen und studierte dann in Danzig und ab 1921 an der TH Berlin. Nach einer Tätigkeit als freier Architekt 1928 – 1931 arbeitete er als Leiter der Bauabteilung bei der Müllabfuhr AG und bis 1945 als Leiter des Hochbaubüros der Philipp Holzmann AG. Ab 1952 wirkte er als Professor an der Hochschule für Bildende Künste, Berlin. Werke: Konzertsaal der Hochschule für Musik in Berlin, Hardenbergstraße (1953 – 1955); Theatersaal an der Fasanenstraße in Berlin; Eternit-Haus im Hansaviertel, Berlin (1957); Fabrikanlage der Eternit AG (1956 – 1958), Müllverladerampe in der Helmholzstrasse 42, Berlin (heute Architekturbüro) (1934 – 1937), Ausbau des Hotels am Zoo in Berlin, Wiederaufbau des Reichstagsgebäudes in Berlin (1961-1969); Hörsaal und Mensa in Tübingen (1964 – 1968), Gebäude des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (1965 – 1970).
Frank Wisbar (9. 12. 1899 – 17. 3. 1967), einer der profiliertesten Filmregisseure des 20. Jhs., wurde in Tilsit als Frank Wysbar geboren. Nach Ambitionen, die Militärlaufbahn einzuschlagen, wandte er sich Ende der 1920er Jahre dem Film zu. Zunächst Regieassistent und Aufnahmeleiter. Erster Film 1932. Aufgrund seiner Schwierigkeiten mit den Nazis emigrierte er 1938 in die USA, wo er weniger im Filmgeschäft als vielmehr später auf dem Fernsehsektor reüssierte und 300 TV-Movies in einer eigenen TV-Show-Gesellschaft produzierte. Mitte der 1950er Jahre kehrte er nach Deutschland zurück und widmete sich hier anspruchsvollen Kinoproduktionen, wobei er den Schwerpunkt auf Kriegs- bzw. Antikriegsstoffe legte. Filme: „Das Mädchen in Uniform“, „Haie und kleine Fische“, „Hunde, wollt ihr ewig leben“, „Nacht fiel über Gotenhafen“
Der Großvater Kants, Hans Kant, war Sattler- und Riemermeister, der seinen Meistertitel in Tilsit erwarb und sein Gewerbe dann in Memel betrieb.
Wilhelm Storost, der sich Vydunas nannte (1868 – 1953), Schriftsteller und seit dem 1. Weltkrieg geistiger Führer der litauischen Bewegung in Ostpreußen, war Lehrer am Gymnasium in Tilsit. Geboren in Jonaiciai – Jonaten bei Silute – Heydekrug, wirkte er zunächst als Volksschullehrer in Kintai – Kinten am Kurischen Haff und später an der Berliner Universität als Dozent für litauische Sprache und Literatur. In Tilsit wohnte er 1933 – 1944 in der Clausiusstraße, heute ulica Lenina. Beflügelt durch seine litauischen Wurzeln wurde er zum geistigen Führer der Litauer in Ostpreußen – als Chorleiter, Bühnenautor, Schriftsteller. Storost nannte sich Vydunas, der “ins Innere Gewandte”. 1932 legte er in Tilsit sein Hauptwerk vor: “Siebenhundert Jahre deutsch-litauischer Beziehungen“. 1944 flüchtete er mit den anderen Deutschen aus Ostpreußen und starb in Detmold. Die Litauer haben ihm zu Ehren sein Wohnhaus in Tilsit mit einer Bronzebüste geschmückt, litauisch und russisch die Inschrift. Seit 1991 ruht seine Urne auf den Waldfriedhof am Rombinus in Biténai – Bittehnen.
John Kay, Sänger und Frontmann der Gruppe „Steppenwolf“ wurde am 12. 4. 1944 in Tilsit als Joachim Fritz Krauledat geboren. Der Vater Fritz Krauledat war zwei Monate vor der Geburt des Sohnes gefallen, die Mutter floh 1944 mit dem Kind zunächst nach Arnstadt in Thüringen. 1948 ging sie nach Hannover, wo sie ein zweites Mal heiratete. Zehn Jahre später wanderte die Familie nach Kanada aus und zog abermals später in die USA. Schon 1965 gründete Joachim Fritz die Band „Sparrows“ (Spatzen). Als John Cay in der Band „Steppenwolf“ begeisterte er das Publikum mit Liedern wie „Born to be wild“ aus dem Film Easy Rider und „Magic carpet Ride“. In den 1970er Jahren löste sich die Band auf und John Cay startete eine Solokarriere. 1980 kam man aber wieder zusammen und hat bis heute über 20 Millionen Platten verkauft. John Cay lebt mit seiner Frau Jutta zufrieden im US-Bundesstaat Tennessee und ist Mitglied im Harleyclub Los Angeles. Da er farbenblind und lichtempfindlich ist, trägt er auch auf der Bühne eine Sonnenbrille, was zu seinem Markenzeichen wurde.[5] 2002 trat er auf Einladung von Hermann Hesses Geburtsstadt Calw auf dem Internationalen Hermann-Hesse-Festival auf, weil er seine Band seinerzeit nach dem bekanntesten Roman von Hermann Hesse benannt hatte. 2004 wurde er in Kanadas Walk of Fame aufgenommen.[6] Ausführlich siehe unter http://www.achromatopsia.info/john-kay-achromatopsia
Emil Wiechert (26. 12. 1861 – 19.3. 1928), Geowissenschaftler, wurde in Tilsit geboren. Er wuchs nach dem frühen Tod des Vaters in Königsberg auf und studierte dort Physik. 1889 promovierte er und habilitierte sich ein halbes Jahr später. Bis 1897 blieb er als Privatdozent in Königsberg und kam dann nach Göttingen, wo er 1898 auf die weltweit erste Professur für Geophysik berufen wurde. Ab 1901 betrieb der den Aufbau der dort bis heute in Betrieb befindlichen Erdbebenwarte mit dem ersten funktionsfähigen und luftgedämpften Seismographen für Langzeitregistrierungen. Wiechert gelang es als Erster, Erdbebenwellen dauerhaft aufzuzeichnen. Bis heute ist der historische Seismograph in seiner Erdbebenwarte funktionsfähig. Die Wiechert-Seismographen setzten für Jahrzehnte die Standards des jungen Wissenschaftszweiges und sind vielerorts noch heute nahezu unverändert im Betrieb. Mit seinen vielfältigen Arbeiten zur Ausbreitung von seismischen Wellen, zum Erdmagnetismus und zu Phänomenen der Atmosphäre gelang es ihm, die Geophysik als eigenständiges wissenschaftliches Fachgebiet zu etablieren. Seine Pionierarbeiten zur Erkundung des Untergrundes mit künstlich erzeugten Bodenschwingungen legten den Grundstein für jene Verfahren, mit denen seit Jahrzehnten z.B. neue Erdöl- und Erdgaslagerstätten aufgespürt werden. Im Jahr 1922 war Wiechert Mitbegründer und erster Präsident der heutigen Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft, die eine ihrer höchsten Auszeichnung nach ihm benannt hat. Bis zu seinem Tod 1928 lehrte und forschte Emil Wiechert in Göttingen. Bis heute gilt er als einer der bedeutendsten Pioniere auf dem Gebiet der Erdbebenwellen, die ihre Faszination und ihren Schrecken auch Laien immer wieder sichtbar machen. Die Bundespost veröffentlicht 2011 sine Sondermarke aus Anlaß seines 150. Geburtstags.[1]
Am 13. 8. 1940 wurde in Tilsit der Künstler Sebastian Holzner als Sohn eines Buchhändlers, der eine renommierte Buchhandlung am Hohen Tor betrieb, geboren. Er machte 1960 sein Abitur in Würzburg und studierte 1962 – 1966 Bildhauerei an der Münchner Akademie für bildende Künste. Gleichzeitig ließ er sich zum Kunsterzieher ausbilden und unterrichtete an Gymnasien in Hilpoltstein und Würzburg. Sein Werk umfasst Malerei, Graphik und Skulpturen. Seine Werke wurden verschiedentlich im Haus der Kunst in München, aber auch in Sowjetsk – Tilsit ausgestellt. Er lebt heute in Eibelstedt bei Würzburg.[7]
Herbert Tennigkeit ( 28. 2. 1937 – 10. 10. 2022) wurde in Größpelken, Kreis Pogegen, geboren, Die Mutter floh 1944 mit den Kindern nach Sachsen und kam dann nach Berlin. 1962 – 196 machte er eine private Schauspielausbildung in Düsseldorf, nahm außerdem Gesangsunterricht und stand dann viele Jahrzehnte als Schauspieler auf deutschen Bühnen und vor Fernsehkameras. Er war auch intensiv als Sprecher für Hörspiele tätig. Besonders bekannt wurde er durch seine Rollen als Anästhesist Dr. Laudann in der „Schwarzwaldklinik“ und in mehreren Folgen des „Tatort“.[4]
Heinrich Kleffel (20. 7. 1811 – 16. 2. 1896) ist als herausragender Bürgermeister von Tilsit in Erinnerung geblieben. Er wurde als Pfarrerssohn in Schwarzburg-Sondershausen geboren, studierte Jura in Berlin und wurde nach bestandenen Examen zuerst am Landgericht in Insterburg und dann am Kreisgericht in Tilsit eingesetzt. 1852 bewarb er sich erfolgreich als Bürgermeister und wirkte in der Stadt ab 1869 bis 1882 als Oberbürgermeister. Er tat viel für die Entwicklung von Tilsit, trieb die Straßenpflasterung und die Kanalisation voran, ließ die Gasanstalt errichten und Gaslaternen auf den Straßen installieren. Er sorgte für die Anbindung an das Eisenbahnnetz der Strecken Insterburg – Tilsit und Tilsit – Memel, ließ den Bahnhof und eine Bürgerhalle bauen.[3]
[1] Informationsdienst Wissenschaft, 25. 3. 2010 (Pressemitteilung), Deutsche Post Philatelie, 4. Qu. 2011
[2] J.N., Vor dem Untergang gerettet, Oprbl. Nr. 38/2013 (21. September), S. 13
[3] Hans Dzieran, Auf den Spuren von Oberbürgermeister Kleffel, Tilsiter Rundbrief, Weihnachten 2016, S. 36
[4] Google, Osteroder Zeitung, Mai 2014, S. 8
[5] Silke Osman, Ein Lied wurde zur Hymne, PAZ Nr. 2/2009 (10. Januar), S. 21
[6] Wikipedia, eingesehen am 17. 8. 2012
[7] Hans Dzieran, Wiedersehen mit Tilsit, Oprbl. Nr. 39/2010 (2. Okt.), S. 13