- Von 1733 – 1763 war Christian Reinhold Willamowius (geb. 1701), Sohn des Burggrafen Johann Willamowius in Gilgenburg, Pfarrer in Mohrungen. Sein Sohn Johann Gottlieb Willamowius oder Willamow, Willamov (1736 – 1777) war ein bekannter Lyriker, Fabeldichter und Dithyrambensinger. Pfarrer Willamowius bildete den jungen Sebastian Friedrich Trescho aus, bevor der zum Studium nach Königsberg ging, und nahm ihn anschließend als Diakon in seine Pfarrei auf. Johann Gottlieb Willamowius studierte in Königsberg Theologie, Philosophie, Mathematik und morgenländische Sprachen, ging als Lehrer an das Gymnasium in Thorn und wurde 1761 ordentlicher Professor der griechischen und lateinischen Sprache. Auf Anregung von Johann Georg Hamann erhielt er einen Ruf als Direktor an die deutsche evangelische Petrischule in Petersburg, errang dort die Gunst der Zarin Katharina II., die Taufpatin seines Sohnes wurde, scheiterte aber ökonomisch, als er die Schule auf eigenes Risiko übernahm. Nach Entlassung aus dem Schuldturm erlag er den Folgen eines Fiebers[1]. Zur Zeit der Befreiungskriege rückte sein Sohn unter Zar Alexander I. in hohe Staatspositionen ein.
- Abraham Calovius (16. 4. 1612 – 25. 2. 1686) wurde in Mohrungen in eine angesehene Familie hinein geboren. Er ging in Mohrunngenn, Thorn und Königsberg zur Schule und studierte an der Albertina Theologie, Jura und Medizin. 1632 wurde er Magister der Philosophie. Er wirkte drei Jahre an der Universität Rostock und wurde dort 1367 zum Doktor der Theologie promoviert. 1640 übernahm er eine a.o. Professur der Theologie in Königsberg und wechselte 1641 als Rektor an das Akademische Gymnasium Danzig, wo er auch als Pfarrer an der Trinitatiskirche wirkte. Calovius vertrat mit Nachdruck und Polemik das orthodoxe Luthertum in den evangelischen Ländern und stritt unermüdlich mit allen Vertretern anderer Glaubensauffassungen. Das verschaffte ihm 1650 einen Ruf an die Universität in Wittenberg, wo man einen akademisch gebildeten Theologen gesucht hatte, „der in Streitschriften und anderen theologischen Exeritiis wohl erfahren“ sei. Umgehend wurde er zum dritten ordentlichen Professor an der theologischen Fakultät ernannt und 1652 zum Pfarrer an der Stadtkirche gewählt. Außerdem ernannte ihn der sächsische Kurfürst zum Generalsuperintendenten der sächsischen Kurkreise. Damit gehörte Calovius zu den einflussreichsten Lehrern der Universität Wittenberg und soll fast 500 Studenten an sein Katheder gezogen haben. Doch er erlitt bei seinen Disputationen auch Niederlagen. So scheiterte er in einem Streit mit Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Die Hohenzollern hatten aus erbpolitischen Gründen in ihrem lutherischen Land den reformierten Glauben Calvins angenommen, der parallel zur evangelischen Orthodoxie praktiziert wurde. Gegen diese Dualität wandte sich Calovius mit seiner üblichen Vehemenz. Daraufhin verbot der Kurfürst seinen Landeskindern, in Wittenberg Theologie und Philosophie zu studieren, und berief die brandenburgischen Studenten aus der Universität ab. Von einem Schlaganfall geschwächt, starb Calovius 1686 in Wittenberg, wo ihm zu Ehren ein Epithaph errichtet wurde.[4]
- Im Jahr 1807 hielt sich General Jean Baptiste Bernadotte (1763-1844), bald französischer Marschall und Prinz von Ponte Corvo, später König von Schweden und als dortiger Kronprinz in den Befreiungskriegen ab 1813 bereits Verbündeter der Preußen gegen Napoleon, in Mohrungen auf. Er führte den linken Flügel der Grande Armée und hatte hier sein Winterquartier aufgeschlagen. Bei Plebania Wolka – Pfarresfeldchen, nördlich der Stadt an der Straße nach Orneta – Wormditt gewann er am 25. Januar 1807 ein Scharmützel gegen die damals mit den Preußen verbündeten Russen, nachdem Marschall Ney am 18. Januar bei Heilsberg geschlagen worden war. Eigentlich war es sogar eine Schlacht, allgemein als Schlacht bei Mohrungen bezeichnet, an der auf französischer Seite allein mehr als 10.000 Soldaten teilnahmen. Bei einem überraschenden Gegenstoß wäre Bernadotte beinahe gefangen genommen worden. Nur durch die Hilfe von Mohrunger Bürgern gelang ihm die Flucht – manche sagen, dass er, verborgen unter einer Fuhre Mist, unentdeckt aus der Stadt herausgebracht wurde. Später soll er sich durch ein Geldgeschenk von 2.000 Louisdor für seine Rettung bedankt haben.
- Elisabeth von Thadden wurde am 29. Juli 1890 in Mohrungen in Ostpreußen geboren, wo ihr Vater Landrat war. 1905 zog die Familie auf das Gut Trieglaff in Pommern. Elisabeth wandte sich dem Erzieherberuf zu und machte bei Anna von Gierke in Berlin das Jugendleiterexamen. Nach praktischer Tätigkeit im Jugendlager Heuberg auf der Schwäbischen Alb und in der Schlossschule Salem gründete Elisabeth von Thadden 1927 im Schloss Wieblingen bei Heidelberg ein evangelisches Landerziehungsheim. 1941 wurde sie von der Leitung ihrer Anstalt enthoben und arbeitete dann im Roten Kreuz. Elisabeth von Thadden gehörte dem Solfkreis an, einer Widerstandsgruppe, die sich um den Diplomaten W. H. Solf und seine Frau Hanna bildete und der Verfolgte unterstützte und ihnen zur Flucht verhalf. Die Einschleusung eines Spitzels durch die Gestapo Ende 1943 führte im Januar 1944 zur ihrer Inhaftierung im Konzentrationslager Ravensbrück. Wegen Wehrkraftzersetzung und versuchten Hochverrats wurde sie vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 8.9.1944 in Berlin hingerichtet.
- In Mohrungen wurde 1891 Elisabeths Bruder Reinold von Thadden-Trieglaff (1891-1976) geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Paris, Leipzig, München und Greifswald und übernahm danach die Leitung des Familiengutes in Pommern. Seine Mitgliedschaft in der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCSV) und im Christlichen Studentenweltbund (WSCF) führte ihn zunehmend aus einer ihn prägenden Glaubenshaltung in Opposition gegen die politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit. 1929 wurde er in die Preußische Generalsynode gewählt; 1934 wählte man ihn zum Präses der neu gebildeten pommerschen Bekenntniskirche (BK). Er nahm an der Barmen-Gemarker Bekenntnissynode von 1934 teil. Seitdem war. er voll einbezogen in den sog. Kirchenkampf der dreißiger Jahre. 1935 rief er gemeinsam mit Paul Humburg die »Evangelischen Wochen« ins Leben, aus deren Arbeit und Zielsetzungen später sowohl die Evangelischen Akademien als auch der Evangelische Kirchentag hervorgingen. Die NS-Behörden hinderten ihn daran, an der Weltkirchenkonferenz von Oxford 1937 teilzunehmen. Wahrend des 2. Weltkriegs zur Wehrmacht eingezogen, konnte er als Offizier und Kommandant in der belgischen Stadt Löwen manche Exzesse der damaligen deutschen Besatzungsbehörden verhindern. Bei Kriegsende geriet er in sowjetrussische Gefangenschaft und wurde in sibirische Lager deportiert. Hier und dann nach seiner Freilassung wuchs in ihm und in anderen Gleichgesinnten das Verlangen, in den Irrungen und Wirrungen jener Zeit den zahllosen Suchenden und Zweifelnden ein Forum zu schaffen, das neue Orientierungen aus dem christlichen Glauben ermöglichte. So entstand 1949 die neue Kirchentagsbewegung, deren erster Präsident er wurde.
- Ein weiterer populärer Sohn der Stadt ist der Schauspieler Wilfried Baasner, der hier 1942 das Licht der Welt erblickte. Er war der Glatzkopf in der Fernsehserie „Das Erbe der Guldenburgs“. Für seine Darstellungskunst in „Der Elephantenmensch“ wurde er mit der Josef-Kainz-Medaille ausgezeichnet. Er starb bereits am 28. März 2006
- Carl Ludwig Rautenberg (1803 – 6. 9. 1873) wurde in Liebstadt geboren, wo sein Elternhaus 1807 im Zuge der französischen Besetzung abbrannte. Er wuchs in Mohrungen auf, wo er die Witwe seines Lehrherrn, des Buchbinders Fermor in Mohrungen, heiratete und hier 1825 eine Buchhandlung mit eigener Druckerei gründete. Es folgten 6 Filialen in verschiedenen ostpreußischen Städten sowie 1856 zusammen mit seinem Sohn Emil (1826-1885) die Begründung der Verlagsbuchdruckerei C. L. Rautenberg und Sohn in Königsberg, die hinfort neben dem Stammsitz in Mohrungen den wirtschaftlichen Schwerpunkt darstellte. In Mohrungen erschien ab 1830 der Kalender „Der redliche Altpreuße“, seit der Neubegründung 1951 bekannt als „Der redliche Ostpreuße“.[1] 1834 schenkte Zarin Alexandra Feodorowna, eine Schwester von König Friedrich Wilhelm IV., dem Buchhändler Rautenberg eine goldene Schnupftabakdose als Dank für seine Begrüßung und Begleitung während einer Reise durch Ostpreußen. Dies Kleinod ist noch heute in Familienbesitz.
Der Luftangriff auf Königsberg im August 1944 zerstörte auch die Betriebsanlagen der Rautenberg-Druckerei. Die Flucht aus Ostpreußen führte die Familie durch mehrere Stationen bis nach Leer in Ostfriesland, wo Gerhard Rautenberg (1905 – 1982) in ehemaligen Räumen der Ostfriesischen Tageszeiten ab 1948 eine neue Buch-Existenz aufbaute. Heute ist Rautenberg eine höchst moderne Druckerei und ein renommierter Verlag mit besonderer Hinwendung zu Ostpreußen. - In Mohrungen wurde Walther Harich (30. 1. 1888 – 14. 12. 1931) geboren. Sein Vater zog mit seinem Verlag 1898 nach Allenstein um und wurde dort zum Herausgeber der evangelisch-konservativen “Allensteiner Zeitung”. Walther Harich legte 1907 seine Abiturprüfung in Starogard ab und studierte nach der Militärzeit Germanistik und Philosophie an den Universitäten München, Leipzig, Königsberg und Freiburg. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit E.T.A. Hoffmann und daraus resultierte eine zweibändige Biographie “E.T.A. Hoffmann. Das Leben eines Künstlers”. Das Buch erlebte vier Auflagen. Während des letzten Kriegsjahres schloss er sich einer revolutionären Bewegung an, folgte jedoch der Aufforderung seines Vaters, nach Allenstein zurück zu kehren und sich um den Verlag zu kümmern. 1923 heiratete Harich Anne-Lise Wyneken (1898–1975), die Tochter des Herausgebers der “Königsberger Allgemeinen Zeitung Alexander Wyneken. Aus dieser Ehe gingen die Tochter Gisela und der Sohn Wolfgang hervor, der später als marxistischer Philosoph und Dissident in der DDR bekannt wurde (siehe auch das Kapitel ” Prominente Persönlichkeiten mit Geburt oder Wirken in Königsberg” in Stadt Königsberg). Walther Harich interessierte sich auch für russische Literatur, vornehmlich für Dostojewski, und schrieb Gedichte, wobei er sich an Rilke orientierte. 1928 kaufte er sich ein Landhaus am Ruppiner See in Brandenburg, schrieb dort Romane, auch ein Lustspiel “Sie sollen platzen” für das Stadttheater in Königsberg. Kurz darauf starb er plötzlich.[2]
Exkurs: Über 175 Jahre Rautenberg
Im Jahre 1825 übernahm Carl Ludwig Rautenberg (1803-1873) eine kleine
Buchbinderei und gründete die “Verlagsbuchhandlung C. L. Rautenberg” in der
Herder-Stadt Mohrungen in Ostpreußen. Er handelte mit Gesangbüchern, Fibeln,
Lehr- und Lesebüchern. Seine literarische Begabung veranlaßte ihn zur
Herausgabe von vielen eigenen Büchern. 1830 erschien unter anderen das erste
Kalender-Jahrbuch “Der redliche Preuße”, das bis heute, nur unterbrochen
durch die Jahre der Kriege, erscheint.
1834 schenkte ihm Zarin Alexandra Feodorowna Kaiserin von Russland, eine
Schwester von Kaiser Wilhelm I., eine goldene Schnupftabakdose als Dank für
seine Begrüßung und Begleitung während einer Reise durch Ostpreußen. Dies
Kleinod ist noch heute in Familienbesitz.
Carl Ludwig Rautenberg schrieb, druckte und verlegte 1837 das Buch “Das
Leben der Königin von Preußen Luise”, von dem im Jahre 1977, also 140 Jahre
später, ein Reprint erschien, der inzwischen wieder in zwei Auflagen mit
5000 Stück verkauft wurde. Die Reihe “Preußische Volksbücher” erschien, die
man von der Idee her als Vorläufer der Rowohlt Taschenbücher ansehen könnte.
Schnell richtete er eine Druckerei ein und eröffnete mehrere Filialen in
sechs Städten Ostpreußens. Dann konzentrierte er seine Aktivitäten in
Königsberg, der Hauptstadt Ostpreußens, wo er bereits 1856 mit seinem Sohn
Emil (1826-1885) einen Betrieb im Zentrum der Stadt gründete.
“C. L. Rautenberg und Sohn” entwickelte sich sehr gut. Vor allem die
Druckerei wurde ständig erweitert und modernisiert. Nach Emil Rautenbergs
Tod führte seine Frau Auguste (1839-1915) den Betrieb, bis ihr Sohn Gerhard
(1872 – 1932) die stark erweiterte Druckerei in einem Neubau mit modernsten
Buchdruck-Steindruck- und Buchbinderei-Maschinen übernahm.
Nach Wirtschaftskrise, Inflation und dem Tod seines Vaters übernahm der
zweite Gerhard (1905-1982) den Betrieb und steuerte ihn durch den Krieg. Die
Bombenangriffe der Royal Airforce im August 1944 mit den gewaltigen
Zerstörungen Königsbergs löschten auch die Druckerei Rautenberg vollkommen
aus, die zu dieser Zeit etwa 120 Mitarbeiter hatte und eine der größten
Druckereien Ostpreußens war. Nach der Flucht aus Ostpreußen traf sich die
Familie im Erzgebirge wieder und gelangte über viele Stationen nach Leer. In
der ehemaligen OTZ (Ostfriesische Tageszeitung) in der Norderstraße begann
1948 Gerhard Rautenberg, in den ersten Jahren bis 1954 mit Kompagnon Hellmut
Möckel, eine neue Existenz zu gründen. Der erste offizielle Eintrag der
neuen Firma erfolgte auf den 15. Februar 1949.
Die “Ostfriesen-Zeitung” wurde im Auftrag der Nordwest-Zeitung (Oldenburg)
viele Jahre bei Rautenberg in Leer gedruckt. Außerdem wurden weitere
Zeitungen sowie Werbeprospekte, Zeitschriften und Bücher, auch für den
eigenen neuen Verlag, gedruckt.[3]
[1] Silke Osman, Eine kleine Stadt, Oprbl. Nr. 39/2001, S. 8; Rautenberg Druck in Königsberger Bürgerbrief, Winter 2019, S. 14 ff
[2] Jan Chlosta, Der Schriftsteller Walther Harich, in Masurtische Storchenpost, März 2011, S. 20/21
[3] Andrea A. Dickersen, Opr-forum, 14. 7. 2003
[4] Paul Brock, Spuren von zwanzig Generationen, in Ostpreußisches Oberland, Herausgegeben von der Landsmannschaft Ostpreußen, 1983, S. 10 f